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Seit der großen Auseinandersetzung Roms mit Karthago im späten 3. Jahrhundert v.Chr., dem 2. Punischen Krieg, gibt es von Römern verfasste Geschichtsschreibung mit Rom als Hauptgegenstand. Sie speist sich vor allem aus zwei Quellen, dem Traditionsbewusstsein und -bemühen in den Familien der Führungsschicht Roms, also der Senatorenschaft, und aus der kulturellen, insbesondere literarischen Hellenisierung der Römer. Im vorliegenden Buch werden Entwicklungen der römischen Geschichtsschreibung bis in die christliche Spätantike dargelegt. Dabei werden aus der Überzeugung heraus, dass römische…mehr

Produktbeschreibung
Seit der großen Auseinandersetzung Roms mit Karthago im späten 3. Jahrhundert v.Chr., dem 2. Punischen Krieg, gibt es von Römern verfasste Geschichtsschreibung mit Rom als Hauptgegenstand. Sie speist sich vor allem aus zwei Quellen, dem Traditionsbewusstsein und -bemühen in den Familien der Führungsschicht Roms, also der Senatorenschaft, und aus der kulturellen, insbesondere literarischen Hellenisierung der Römer. Im vorliegenden Buch werden Entwicklungen der römischen Geschichtsschreibung bis in die christliche Spätantike dargelegt. Dabei werden aus der Überzeugung heraus, dass römische Historiographie vor allem durch den gemeinsamen Gegenstand "Rom" zu definieren ist, für die römische Kaiserzeit griechischsprachige Autoren aus dem Osten des Mittelmeerraums einbezogen, vor allem soweit in ihren Werken Rom bzw. das Römische Reich thematisiert ist. Dieses Vorgehen lässt erkennen, dass das Geschichtsdenken im Römischen Reich weniger von der sprachlichen Heimat eines Autors als von seiner Zugehörigkeit zur Führungsschicht des Reiches bestimmt worden ist.
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Autorenporträt
Professor Dr. Andreas Mehl, Althistoriker und Klassischer Philologe, lehrt Alte Geschichte an der Universität Halle-Wittenberg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.05.2002

Endlich mal keine Hochstapelei
Andreas Mehl hellt konzis die römische Geschichtsschreibung auf

Wer Auskunft über die römische Geschichtsschreibung suchte, hatte bisher nur die Wahl zwischen den Literaturgeschichten, knappen Handbuchessays oder einer eigenwilligen Darstellung aus der Feder von Dieter Flach. Dieser hatte Thukydides zur methodischen Norm erklärt, an der gemessen alle Nachfolger und zumal die römischen scheitern mußten: Heuristisch unbesorgt, großzügig mit den Fakten, parteiisch, moralisierend und zu sehr auf den Effekt bedacht seien sie gewesen.

Obwohl auch Andreas Mehl sich oft die Haare gerauft haben wird, weil Sallust, Livius oder Tacitus dem Althistoriker unserer Zeit zu wenig verläßliche Information, zu viel eigene Deutung und oft genug Kritik an der falschen Stelle bieten, sucht er ihnen doch gerecht zu werden, indem er zunächst die wichtigsten Voraussetzungen der römischen Historiographie skizziert, etwa ihre Prägung durch die zeitgenössische hellenistische Literatur und den von der Rhetorik geprägten Wahrheitsbegriff mit seiner Privilegierung des Plausiblen, aber auch die vorliterarischen Erinnerungspraktiken der Familien und Priester.

Mit Recht stellt er fest, daß die römische Geschichtsschreibung stärker als die griechische sowohl den Konsens als auch die Konflikte innerhalb der römischen Gesellschaft über die Bedeutung grundlegender Werte und deren religiöse Fundierung spiegelte. Ihr Wahrheitsspiel war nie intellektuell, vielmehr meist auf die Behauptung von Macht ausgerichtet oder auf die Kritik an denen, die sie besitzen. Territoriale Expansion und aristokratischer Wettbewerb waren für die römische Historiographie feste Parameter für Stoffauswahl und Urteilsbildung geworden. Daher interessierte das Glück des Reiches in der Kaiserzeit kaum einen Geschichtsschreiber. Aus dem Ineinanderwirken von republikanischer Tradition, personalisierendem Zugriff und monarchischer Arkanpolitik erwuchsen wirkungsmächtige Zerrbilder der Wirklichkeit des Imperium Romanum. Von diesen Zusammenhängen her könnten markante Denkfiguren in der römischen Historiographie, etwa ihr oft belächelter Moralismus oder die Suche nach Wendepunkten im Geschichtsablauf, wieder spannend werden.

Mehl spinnt derlei Gedanken allerdings nicht weiter, sondern sucht zunächst ein festes Wissensfundament für Studierende zu errichten. Dabei bleibt die römische Historiographie als "der Spiegel des Denkens einer Zeit in einer ferneren oder näheren Vergangenheit vermittels von Interpretamenten" eher unterbestimmt. Weitgehend in den gängigen begrifflichen und konzeptuellen Bahnen, mit sparsamen eigenen Akzenten werden Entwicklungen, Teilgattungen und einzelne Autoren vorgestellt.

Weil Mehl unter dem Titel seines Buches mit Recht die Historiographie über Rom und das Römische Reich in den beiden Hauptsprachen dieses Reiches versteht und den Bogen von Fabius Pictor zur Zeit des Hannibalkrieges bis Orosius und Prokop in der Spätantike spannt, sind zahlreiche Namen und Werktitel zu nennen. Ein enges Netz von Querverweisen, der nützliche Anhang und ein betont schmuckloser Stil mit (zu) wenigen Quellenzitaten lassen das Buch eher zum Lernen und Nachschlagen als zum Lesen geeignet erscheinen. Den Umgang mit den Fragmenten und den erhaltenen Werken kann und will das Werk nicht ersetzen. Schon diese Ehrlichkeit nimmt in Zeiten grassierender Hochstapelei ein: Weder die ganze Bildung noch auch nur die römische Geschichtsschreibung passen zwischen zwei Buchdeckel. Eine gute Orientierung aber bietet diese konzise Einführung allemal.

UWE WALTER

Andreas Mehl: "Römische Geschichtsschreibung". Grundlagen und Entwicklungen. Eine Einführung. Verlag Kohlhammer, Stuttgart 2001. 232 S., br., 22,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Bisher waren Bände, die die römische Geschichtsschreibung als ganze darstellten, dünn gesät, wie Uwe Walter gleich zu Beginn anmerkt. Dem heutigen Historiker fällt es nicht leicht, den antiken Vorgängern gerecht zu werden, zu "großzügig mit den Fakten, parteiisch, moralisierend" können sie einem vorkommen. Andreas Mehl gibt sich Mühe, lobt der Rezensent, das mit dem Verweis auf rhetorische Plausibilitäts-Argumente und den direkten Bezug zur politischen Situation ins rechte Licht zu rücken. Sehr konsequent sei der Autor dabei wiederum nicht vorgegangen, die Vermittlung konventionellen Schulbuchwissens stehe im Vordergrund. Das muss aber für den Lernenden kein Schaden sein, ihm kommen, meint Walter, der "schmucklose Stil" und der "nützliche Anhang" zugute. Alles in allem ist dieser Band, so der Rezensent, nicht mehr als er zu sein vorgibt, aber auch nicht weniger: eine "konzise Einführung".

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