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Der moderne Romanklassiker - exklusiv bei Manesse
Der nun erstmals aus dem Russischen übersetzte "Roman mit Kokain" gewährt einen faszinierenden Einblick in die Psyche eines Süchtigen. M. Agejews Stil "von oft proustscher Sensibilität" (Der Spiegel) erzeugt eine fesselnde Abwärtsspirale voller scheinbarer Glücksmomente und tiefer Verzweiflung.
Im von Skandalen und Narzissmus geprägten Umfeld des vorrevolutionären Moskau wächst Wadim bei seiner verwitweten und verwahrlosten Mutter auf. Ihre abgöttische Liebe vermag er auszunutzen und straft sie zugleich mit Hass und Verachtung. Er selbst
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Produktbeschreibung
Der moderne Romanklassiker - exklusiv bei Manesse

Der nun erstmals aus dem Russischen übersetzte "Roman mit Kokain" gewährt einen faszinierenden Einblick in die Psyche eines Süchtigen. M. Agejews Stil "von oft proustscher Sensibilität" (Der Spiegel) erzeugt eine fesselnde Abwärtsspirale voller scheinbarer Glücksmomente und tiefer Verzweiflung.

Im von Skandalen und Narzissmus geprägten Umfeld des vorrevolutionären Moskau wächst Wadim bei seiner verwitweten und verwahrlosten Mutter auf. Ihre abgöttische Liebe vermag er auszunutzen und straft sie zugleich mit Hass und Verachtung. Er selbst empfindet nur für Sonja Liebe, doch erkennt er nach und nach eine innere Zerrissenheit, eine Unvereinbarkeit von körperlicher und geistiger Begierde, die ihn in den Wahnsinn treibt und seine Beziehung zu zerstören droht. Wadim verfällt dem Kokain, und es beginnt ein atemberaubender Kreislauf von tosendem Jubel und Bitterkeit. Von Halluzinationen gequält, begreift Wadim, dass es längst um Leben und Tod geht.

M. Agejews "Roman mit Kokain" ist ein dunkel leuchtender Solitär in der russischen Literatur, ein sprachmächtiger und formvollendeter Roman über Liebe und Selbstzerstörung.
Autorenporträt
Agejew, M.
M. Agejew ist ein Pseudonym, hinter dem man lange Zeit Vladimir Nabokov vermutete. Inzwischen gilt als erwiesen, dass es sich um den russischen Autor Mark Levi (1898-1973) handelt, einen Sohn wohlhabender jüdischer Kaufleute aus Moskau. «Roman mit Kokain» ist neben einer Erzählung sein einziges hinterlassenes Werk.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.11.2012

Ein Porträt des Süchtigen als junger Mann
Zynismus als Motor: Der "Roman mit Kokain" von M. Agejew erzählt vom Ende der Sittlichkeit im vorrevolutionären Russland

Es gibt Romane, die wie Treibholz im Meer schwimmen, die aufblitzen, nur um mit der nächsten Welle wieder abzutauchen. So geht es hin und her - nur untergehen tun diese Texte nie. Und jedes Mal werden sie wahrgenommen wie ein philologisches Wunder. Jetzt ragt wieder so ein objet trouvé aus der Gischt der Neuerscheinungen. Der auf Klassiker spezialisierte Manesse Verlag hat M. Agejews "Roman mit Kokain" nun erstmals aus dem Russischen übersetzen lassen. Zuletzt war in den achtziger Jahren von diesem in Istanbul unter dem Namen Mark Levi aktenkundigen Russen die Rede, der im Frühjahr 1934 ein unverlangtes Manuskript an mehrere Exilzeitschriften sandte und damit reüssierte. Die Pariser Erstausgabe seines Romans eines Süchtigen lässt sich auf 1936 datieren. Danach gab es heftige Diskussionen zwischen den verschiedenen exilrussischen Lagern in Europa, denn Agejew zeichnet das Porträt eines jungen Mannes, der als Sündiger und Suchender durch das vorrevolutionäre Moskau stolpert - durch eine historische Zwischenzeit also, in der das Alte weder leb- noch wünschbar erscheint und das Neue noch nicht begonnen hat; eine Zeit, die eine politische Haltung erfordert und historische Typenbildung forciert oder den hedonistischen Seitenweg des frühen Drifters.

So liest man also gleich auf den ersten Seiten Beschreibungen von so schamloser Drastik, dass man sich über dieses schon für ein Nebenwerk Nabokovs gehaltene, dann abermals verschollene Buch nur wundern kann. Da beschreibt ein Gymnasiast im vollen Besitz seiner moralischen Urteilskraft wie ihn seine alte Mutter in abgewetzter Kleidung vor der Schule abfängt, um ihrem Sohn das vom Mund abgesparte Schulgeld in die Hand zu drücken. Und dieser herrscht die Alte an, das Weite zu suchen und sich möglichst unsichtbar zu machen. Die Szene ist derart mitleiderregend, dass man gar nicht anders kann als auf die schnelle Auflösung dieses Lehrstücks zu hoffen. Doch jedes literarische Gnadengesuch ist sinnlos. Erst seelische Grausamkeit lässt den Gymnasiasten Wadim Maslennikow Skrupel empfinden - stets dann, wenn es bereits zu spät ist.

Als Zweites lesen wir von der Verführung einer Jungfrau von niedrigem Stand. Maslennikow kann nicht anders, als das arme Ding fürs Leben zu verderben und es mit einer Geschlechtskrankheit anzustecken. Am Ende wird er zwar durch sie beschämt. "Mit ihrer Unerfahrenheit hatte Sinotschka das Tierische in mir daran gehindert, das Menschliche zu unterdrücken, sodass mir jetzt, da ich unbefriedigt und verärgert war, zu diesem ganzen Zwischenfall nur ein einziges Wort einfiel: umsonst." Aber Zynismus ist der Motor dieser Erzählung. Denn jede Schandtat hat mit der Verrohung der Täterseele ihren Preis. Die große Liebe zu der verheirateten Sonja kann Wadim nur in idealisierter Form genießen. Als es körperlich wird, muss er sie zur Hure degradieren. Maslennikow richtet nun seinen Zerstörungsdrang immer entschlossener gegen sich selbst, wird schwer kokainabhängig und darüber zum körperlichen Wrack.

M. Agejew verzichtet vollständig auf die Psychologisierung seiner Figur. Ob Wadim Maslennikow geschlagen oder gedemütigt wurde als Kind: Wir wissen es nicht, ahnen nur, dass bei den vielen liebenden Augen, die ihn mit wachsendem Entsetzen beobachten, dem nicht so gewesen sein mag. Bret Easton Ellis hätte diese verquälte Quälerfigur nicht besser entwerfen können. Interessant wird sie im Hinblick auf ihre politische Lesart. Es gibt in diesem fragmentarischen und in seinen Kapitelübergängen oft grob geschnitzten Roman immer wieder glänzende Meditationen über Scham und Schuld. In einer Episode, die noch im Gymnasium spielt, kommt es zu einer Konfrontation zwischen einem jüdischen Mitschüler und einem angehenden Bolschewisten. Während der erste seine Herkunft auf billige Weise verleugnet, führt ihm der andere die Feigheit des Verräters vor Augen. Der Antisemitismus wird in einem Roman, der aller Wahrscheinlichkeit nach in den zwanziger Jahren verfasst wurde, zum Gegenstand moralischer Erörterungen. Die Rollen des Mitläufers und die des Hetzers sind darin auf unheilvolle Weise vorausgedacht.

Überhaupt ist das große Thema dieses mit eleganten Sprachbildern glänzenden Romans die sittliche Verderbtheit - die Frage ob und wie sich mit einer Schuldpersönlichkeit leben lässt. Damit steht Agejew unverkennbar in der Tradition aller großen russischen Gesellschaftsromane. Dostojewskis moralisch motivierter Witwenmörder Raskolnikow fällt einem ein, Tolstois Frauenverschleißender Wronski sowie Gontscharows lethargischer Romanheld Oblomov, der sogar einmal namentlich erwähnt wird. Moralische Konflikte können in vorrevolutionären Zeiten nicht mehr theologisch gelöst werden. Stattdessen wird ein Pfaffe vorgeführt - und Wadim erweist sich während der Kriegshandlungen als bemerkenswerter Wendehals. Je länger man über diesen Anti-Helden nachdenkt, desto eher lernt man ihn jedoch als Dissidenten zu begreifen. Da verweigert sich einer der alten, aber auch der neuen Ordnung - und nichts wird gut in diesem neuerlich angeschwemmten Stück böser russischer Literatur.

Von Agejew alias Mark Levi wissen wir heute nicht viel mehr, als dass er wohl in den dreißiger Jahren in der Türkei gestorben ist und zeitlebens versucht hat, seine Frau zum Rückzug in die Heimat zu bewegen. Seine Stieftochter hat inzwischen viele Details aus dem Roman als Überlieferungen ihres Ziehvaters identifiziert. Dass er in seinen jungen Jahren einen Roman verfasst hatte, erwähnte er nie. Gerüchten zufolge arbeitete er als russischer Geheimagent. Über das Leben dieses Moralisten wissen wir so gut wie nichts. Nabokov hätte sich für seine Geschichte interessiert. Vielleicht hat er es sogar.

KATHARINA TEUTSCH

M. Agejew: "Roman mit Kokain". Aus dem Russischen von Norma Cassau und Valerie Engler. Mit einem Nachwort von Karl-Markus Gauß. Manesse Verlag, Zürich 2012. 249 S., geb., 22,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hymnisch bespricht Rezensentin Katharina Teutsch den "Roman mit Kokain", den Mark Levi alias M. Agejew im Jahre 1936 in Paris veröffentlichte. Die Kritikerin, der sich während der Lektüre immer wieder Vergleiche zu Nabokov, Tolstoi oder Dostojewski aufdrängen, liest hier die Geschichte des jungen Wadim Maslennikow, der sich im vorrevolutionären Moskau immer weiter in moralische Schuld verstrickt. Mit gnadenloser Drastik beschreibe Agejew nicht nur, wie der skrupellose junge Mann seine Mutter und seine Geliebten demütige, sondern auch, wie er sich durch seine Kokainsucht selbst zerstöre, informiert die Rezensentin, die insbesondere die geschliffenen Sprachbilder dieses Romans hervorhebt. Nicht zuletzt bewundert Teutsch die politische Dimension dieses brillant zynischen Gesellschaftsromans über Schuld und Scham: Agejew, der seinen Roman vermutlich bereits in den zwanziger Jahren verfasste, habe die Rollen der Mitläufer und der Hetzer des Antisemitismus auf tragische Weise vorausgesehen.

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