Produktdetails
- Verlag: Hinstorff
- Seitenzahl: 159
- Deutsch
- Abmessung: 325mm
- Gewicht: 1254g
- ISBN-13: 9783356010039
- ISBN-10: 3356010034
- Artikelnr.: 11278560
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.05.2003Verklinkerte Fassaden für Handelspartner
Gänzlich terra incognita ist Rostock für Wendedeutsche nicht. Dafür hat lange vor 1989 Walter Kempowskis Trilogie "Tadellöser & Wolff" gesorgt, und nach 1989 die Bundesliga-Zeit von "Hansa Rostock". Aber die Stadt selbst? Da dürften allenfalls eingefleischte Buddenbrook-Leser Nebensätze Thomas Manns zitieren können. Ausgepichten Kunsthistorikern mit besonderer Neigung zur Backsteingotik ist immerhin bekannt, daß Rostock schwerfällig triumphale Gottesburgen der Gotik besitzt, die denen Lübecks, Stralsunds oder Wismars ebenbürtig sind. Spezialisten unter den Kunsthistorikern werden sogar anmerken können, daß Rostocks in den frühen fünfziger Jahren wiederaufgebaute "Lange Straße" mit einer kapriziösen Mischung aus norddeutschem Klinkerbau und stalinistischer Zuckerbäckerei die wohl originellste deutsche Lösung jener kuriosen Architektur aufzuweisen hat, die die Sowjetunion ihren Vasallen oktroyierte. Doch der Allgemeinheit dürften Mailand oder selbst Hongkong vertrauter sein. Wer aber die Stadt einmal gesehen hat, dem bleibt sie im Gedächtnis. Nicht, weil sie so wunderbar unversehrt geblieben wäre wie Stralsund, oder so herrliche Traditionsinseln aufzuweisen hätte wie Lübeck. Nein, Rostock ist sichtlich geschunden von den Bomben des Zweiten Weltkriegs, vom Wiederaufbau und den Brachialmaßnahmen, mit denen die späte DDR sich ihrer städtebaulichen Probleme mittels flächendeckender Abrisse und historisierender plumper Plattenbauserien zu entledigen suchte. Doch ist es eben diese Versehrtheit, dieses Beieinander von ehrwürdigen alten und rüden Neubauten, das die Phantasie provoziert und uns wider Willen zu Bewunderern macht. Horst Prignitz ist ein glühender Bewunderer Rostocks. Das beweist jeder Satz, mit dem er die große Geschichte dieser Stadt erzählt, ihre verschwundenen Denkmäler noch einmal heraufbeschwört und ihre vorhandenen würdigt. Der Reichtum seiner Sprachbilder, wenn er von der Vergangenheit erzählt, paßt wunderbar zu den historischen Fotos, Stichen und Gemälden, die die erste Hälfte des Buchs illustrieren. Die Wortgewandtheit wiederum, mit der Prignitz darin die jüngste Geschichte und die Gegenwart der Stadt schildert, in der mit Sorgfalt Altes restauriert und Neues ergänzend gebaut wird, findet ihr Echo in den Fotografien René Legrands, die als Bildfolge den zweiten Teil des Bands bilden. Dank dieser präzisen und poetischen Sprache sieht man denn auch den manchmal allzu hochglänzenden Aufnahmen des Überseehafens oder der Strandpromenaden von Warnemünde ihre Werbeprospekten entnommene Glätte und Gefälligkeit nach.
bat.
"Rostock" von Horst Prignitz (Text) und René Legrand (Fotos). Hinstorff Verlag, Rostock 2003. 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 25,50 Euro. ISBN 3-356-01003-4.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gänzlich terra incognita ist Rostock für Wendedeutsche nicht. Dafür hat lange vor 1989 Walter Kempowskis Trilogie "Tadellöser & Wolff" gesorgt, und nach 1989 die Bundesliga-Zeit von "Hansa Rostock". Aber die Stadt selbst? Da dürften allenfalls eingefleischte Buddenbrook-Leser Nebensätze Thomas Manns zitieren können. Ausgepichten Kunsthistorikern mit besonderer Neigung zur Backsteingotik ist immerhin bekannt, daß Rostock schwerfällig triumphale Gottesburgen der Gotik besitzt, die denen Lübecks, Stralsunds oder Wismars ebenbürtig sind. Spezialisten unter den Kunsthistorikern werden sogar anmerken können, daß Rostocks in den frühen fünfziger Jahren wiederaufgebaute "Lange Straße" mit einer kapriziösen Mischung aus norddeutschem Klinkerbau und stalinistischer Zuckerbäckerei die wohl originellste deutsche Lösung jener kuriosen Architektur aufzuweisen hat, die die Sowjetunion ihren Vasallen oktroyierte. Doch der Allgemeinheit dürften Mailand oder selbst Hongkong vertrauter sein. Wer aber die Stadt einmal gesehen hat, dem bleibt sie im Gedächtnis. Nicht, weil sie so wunderbar unversehrt geblieben wäre wie Stralsund, oder so herrliche Traditionsinseln aufzuweisen hätte wie Lübeck. Nein, Rostock ist sichtlich geschunden von den Bomben des Zweiten Weltkriegs, vom Wiederaufbau und den Brachialmaßnahmen, mit denen die späte DDR sich ihrer städtebaulichen Probleme mittels flächendeckender Abrisse und historisierender plumper Plattenbauserien zu entledigen suchte. Doch ist es eben diese Versehrtheit, dieses Beieinander von ehrwürdigen alten und rüden Neubauten, das die Phantasie provoziert und uns wider Willen zu Bewunderern macht. Horst Prignitz ist ein glühender Bewunderer Rostocks. Das beweist jeder Satz, mit dem er die große Geschichte dieser Stadt erzählt, ihre verschwundenen Denkmäler noch einmal heraufbeschwört und ihre vorhandenen würdigt. Der Reichtum seiner Sprachbilder, wenn er von der Vergangenheit erzählt, paßt wunderbar zu den historischen Fotos, Stichen und Gemälden, die die erste Hälfte des Buchs illustrieren. Die Wortgewandtheit wiederum, mit der Prignitz darin die jüngste Geschichte und die Gegenwart der Stadt schildert, in der mit Sorgfalt Altes restauriert und Neues ergänzend gebaut wird, findet ihr Echo in den Fotografien René Legrands, die als Bildfolge den zweiten Teil des Bands bilden. Dank dieser präzisen und poetischen Sprache sieht man denn auch den manchmal allzu hochglänzenden Aufnahmen des Überseehafens oder der Strandpromenaden von Warnemünde ihre Werbeprospekten entnommene Glätte und Gefälligkeit nach.
bat.
"Rostock" von Horst Prignitz (Text) und René Legrand (Fotos). Hinstorff Verlag, Rostock 2003. 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 25,50 Euro. ISBN 3-356-01003-4.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Recht hingerissen zeigt sich Rezensent "bat" von diesem Rostock-Buch. Der Reichtum der Sprachbilder von Autor Prignitz, "wenn er von der Vergangenheit erzählt", hat dazu ebenso beigetragen wie die historischen Fotos, Stiche und Gemälde, die die erste Hälfte des Buches illustrieren. Vor allem das "Beieinander" von ehrwürdigen alten und rüden neuen Bauten haben die Fantasie des Rezensenten provoziert und ihn zu einem Bewunderer Rostocks gemacht. Die Wortgewandtheit, mit der im Text jüngste Geschichte und Gegenwart der Hansestadt geschildert wird, findet allerdings im modernen Fototeil für den Rezensenten dann nicht in jedem Fall ein angemessenes Pendant. Denn hier sieht er manchmal werbeprospektartige Glätte und Gefälligkeit walten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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