"Märcheninszenierungen mit allem, was das Kinderzimmer hergibt. (...) So manche verschlungene Handlung erscheint überschaubar in durchnumerierten Bildfolgen ohne Worte." FAZ
"Berners Inszenierungskunst kommt in der Märchenstunde zur vollen Blüte." DIE ZEIT
"Prinzen in Boxershorts und Turnschuhen, eine Zigaretten rauchende Pechmarie, Rotkäppchen mit Holland-Rad - dass die Grimmschen Märchen durchaus zeitlos sind, stellt einmal mehr das Bilderbuch von Rotraut Susanne Berner unter Beweis." Frankfurter Rundschau
"Berners Inszenierungskunst kommt in der Märchenstunde zur vollen Blüte." DIE ZEIT
"Prinzen in Boxershorts und Turnschuhen, eine Zigaretten rauchende Pechmarie, Rotkäppchen mit Holland-Rad - dass die Grimmschen Märchen durchaus zeitlos sind, stellt einmal mehr das Bilderbuch von Rotraut Susanne Berner unter Beweis." Frankfurter Rundschau
Märcheninszenierungen mit allem, was das Kinderzimmer hergibt: Die Bildgeschichten von Rotraut Susanne Berner
Gewiß - Rotkäppchens Warum-Fragen an die merkwürdig veränderte Großmutter werden auch in dieser Märchenstunde vorgetragen, und viele andere altvertraute Wendungen aus dem Grimmschen Märchenschatz ebenfalls. Sonst aber geht es recht wortkarg zu: "Platsch", eine Goldkugel fällt in den Brunnen, die hübsche Königstochter ist, "schluchz", untröstlich, "schrubb, schrubb", die schmutzige Jungfrau wird ihr Pech nicht los, und so manche verschlungene Handlung erscheint überschaubar in durchnumerierten Bildfolgen ohne Worte. Rotraut Susanne Berner erzählt sieben Märchen als Bildgeschichten; zuvor einzeln im Kindermagazin "Der bunte Hund" erschienen, sind sie nun in einem wunderschön gestalteten Bilderbuch zusammengefaßt.
Prägend für die Bildgeschichte ist die Sparsamkeit der Darstellung. Die Künstlerin hält sich an diese Maxime. Wirklich Wichtiges darf aber auch nicht fehlen, denn sonst versteht man die Geschichten nicht. Darum sind die Schlüsselszenen besonders hervorgehoben, wie überhaupt dem bekannten Verlauf der Geschichten gefolgt wird. Übrig bleibt das Gerüst der jeweiligen Vorlage: was Kinder im Kopf haben, wenn sie an die Märchen denken.
Dies alles wird in einer Weise dargeboten, die an ein freies Kinderspiel erinnert. Rotraut Susanne Berners charakteristischer Zeichenstil bestimmt hier die gesamte Inszenierung einschließlich der Sprache. Und das heißt: Kindliches wird nachgeahmt, ohne als bloße Kopie zu enttäuschen. Alles und jeder aus dem Kinderzimmer darf mitspielen: Sieht der König im "Froschkönig" nicht aus wie ein verkleideter Papa, und ist die Prinzessin nicht die ultimative Lieblingspuppe? Die Schurken tragen - typisch Kinderprogramm - Sonnenbrille und Trenchcoat. Richtig schaurig wird es, wenn das Unheimliche als Maske auftritt. Solche Verfremdung entspricht dem archaischen und abstrakten Wesen der Märchen. Da ist zum Beispiel Frau Holle, die das Fensterbrett grotesk überbordet und mit ihren großen Zähnen furchterregend starr wirkt. Starr sind auch die Figuren in "Rapunzel". Spätestens hier wird klar, daß in Berners Inszenierungen auch weitere Einflüsse hineinspielen, deren Ursprünge nicht im Kinderzimmer, sondern in der Kunst zu suchen sind: Rapunzels Eltern, vor allem aber die Zauberin, treten wie Figuren aus dem triadischen Ballett von Oskar Schlemmer auf. Bei all den Anspielungen und möglichen Verweisen - Bezüge zur mittelalterlichen Malerei sind offensichtlich, zum Comic sowieso - bleibt es bei den einfachen Märchenwahrheiten. Am Ende siegt das Gute.
Eigentlich überraschend: Denn der Vorleser, der immer zwischen den einzelnen Märchen seinen Auftritt hat, ist kein Büchernarr, sondern ein Bösewicht, der kleine Mädchen und Großmütter verschlingt. MYRIAM MIELES
"Rotraut Susanne Berners Märchenstunde". Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 1998. 48 S., geb., 24,80 DM. Ab 5 J.
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