• Broschiertes Buch

14 Kundenbewertungen

»Ein warmherziges Loblied auf die Familie als Halt und Hort« Hessischer Rundfunk
Als Onkel Willi in Wien stirbt, stehen der Drittel-Life-Crisis-geplagte Lorenz und seine drei Tanten vor einer besonderen Herausforderung. Willi wollte immer in seinem Geburtsland Montenegro begraben werden. Da für eine regelkonforme Überführung der Leiche das Geld fehlt, begibt man sich kurzerhand auf eine illegale Fahrt im Panda von Wien Liesing bis zum Balkan. Auf der 1029 Kilometer langen Reise finden die abenteuerlichen Geschichten der Familie Prischinger auf kunstvolle Weise zueinander. Voller Witz, Verve…mehr

Produktbeschreibung
»Ein warmherziges Loblied auf die Familie als Halt und Hort« Hessischer Rundfunk

Als Onkel Willi in Wien stirbt, stehen der Drittel-Life-Crisis-geplagte Lorenz und seine drei Tanten vor einer besonderen Herausforderung. Willi wollte immer in seinem Geburtsland Montenegro begraben werden. Da für eine regelkonforme Überführung der Leiche das Geld fehlt, begibt man sich kurzerhand auf eine illegale Fahrt im Panda von Wien Liesing bis zum Balkan. Auf der 1029 Kilometer langen Reise finden die abenteuerlichen Geschichten der Familie Prischinger auf kunstvolle Weise zueinander. Voller Witz, Verve und Herzenswärme erzählt Vea Kaiser von einer Familie aus dem niederösterreichischen Waldviertel. Von drei ungleichen Schwestern, die ein Geheimnis wahren, von Bärenforschern, die die Zeit anhalten möchten, von glücklichen und tragischen Zufällen und davon, wie die Seelen der Verstorbenen die Lebenden auf Trab halten. In ihrer unnachahmlichen Art verwebt sie die Wahrheiten alter Mythen mit der Gegenwart und erschafft ein mitreißendes und unvergessliches Familienepos.
Autorenporträt
Vea Kaiser wurde 1988 geboren und lebt in Wien, wo sie Altgriechisch, Latein und Germanistik studierte. Mit 23 Jahren veröffentlichte sie ihren Debütroman 'Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam', der ebenso wie ihr Zweitling 'Makarionissi oder Die Insel der Seligen' zum Bestseller avancierte und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. 'Rückwärtswalzer' ist ihr dritter Roman.
Rezensionen
»Ein humorvoller Familien- und Reiseroman.« Christiane Hoffmeister NDR 20201106

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.04.2019

Der tiefgefrorene Onkel
Mit mitteleuropäischer Nonchalance erzählt Vea Kaiser in „Rückwärtswalzer“ von einer tröstlichen
Familie und deren Reise in die alte Heimat Montenegro
VON KRISTINA MAIDT-ZINKE
Familiengeschichten sind auf dem Romansektor nach wie vor eine sichere Bank, Roadmovies kommen immer gut an, und die abenteuerliche Überführung einer Leiche, ob tiefgefroren oder pulverisiert, kann ebenfalls auf eine gewisse literarische Tradition zurückblicken. Insofern ist Vea Kaiser, die 1988 in Niederösterreich geboren wurde, in Wien lebt und schon zwei Bestseller in die Welt gesetzt hat, mit ihrem dritten Werk „Rückwärtswalzer“ kein großes Risiko eingegangen. Dass sie an sich selbst und ihre Leser gewisse Ansprüche stellt, verrät allerdings der Untertitel „Die Manen der Familie Prischinger“. Manen nannten die alten Römer ihre Totengeister, die Seelen der Verstorbenen, und ein Motto des Romans ist denn auch jenes von Properz, das da anhebt: „Sunt aliquid manes: letum non omnia finit,“ zu Deutsch: „Es gibt also doch jene Manen! Nicht alles beendet der Tod.“
Von ihren Altgriechisch- und Lateinstudien berichtet Vea Kaiser gern, weiß sie doch, dass sie in der Autorengeneration, der sie angehört, damit schon fast ein Alleinstellungsmerkmal besitzt. Noch wichtiger für ihre Arbeit scheinen jedoch die Einsichten zu sein, die sie aus der Beschäftigung mit alten Literaturen gewinnt und die sie ebenso gewitzt wie selbstbewusst gegen Erfahrungen mit deutschen Schreibinstituten und zeitgenössischer Preisprosa ausspielt. Man darf das, was Vea Kaiser schreibt, guten Gewissens als Unterhaltungsliteratur bezeichnen, und niemand muss befürchten, von ihr mit weiteren lateinischen Zitaten oder sonstigem Bildungsgut belästigt zu werden. Und doch lässt sich nicht übersehen, dass hinter ihrer Fabulierlust ein Formbewusstsein steht, das den Stoff so lange knetet, bis er leicht verdaulich ist, ohne flach zu bleiben.
Deshalb wird man, nach dem ersten Fremdeln, mit der originellen Familie Prischinger bald warm. Mit Lorenz, dem erfolglosen Schauspieler, der nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in Liebesdingen vom Pech verfolgt ist. Mit seinen drei Tanten namens Mirl, Wetti und Hedi, die in einem niederösterreichischen Dorf aufgewachsen sind, aber seit den Siebzigerjahren in Wien-Liesing leben, im dreiundzwanzigsten Bezirk, einer „Mischung aus Wohnghetto und Industriezone“. Und mit Onkel Willi, Hedis Mann, der aus Montenegro stammt und eigentlich Koviljo heißt.
Hedis Küche ist das „Hauptquartier“, in dem die traditionell üppigen Prischinger-Mahlzeiten zubereitet werden, mit viel Schweineschmalz, Knoblauch, Petersilie und Kümmel und noch mehr Herzenswärme. Hier hat jeder sein Päcklein zu tragen, denn das Leben war und ist nicht immer ein Fest, aber im Kreis der kleinen Sippe, die zusammenhält wie Pech und Schwefel, sind tröstender Zuspruch und tätiger Beistand eine Selbstverständlichkeit. Leib und Seele brauchen Aufbaukost, so lautet die Devise, denn „Kummer zehrt“. Und dann ist da noch ein Leitsatz, den die drei Schwestern seit ihrer Kindheit beherzigen, nicht zuletzt deshalb, weil sie sich gemeinsam schuldig fühlen am frühen Tod des jüngsten Bruders: „Niemand wird zurückgelassen“.
Doch wer stirbt, lässt notgedrungen die zurück, die ihn lieben, und manchmal hinterlässt er ihnen handfeste Probleme. Als Onkel Willi urplötzlich vom Herztod dahingerafft wird, sind Lorenz und die Tanten nicht nur tieftraurig, sondern überdies mit der Aufgabe konfrontiert, die Leiche nach Montenegro zu schaffen. Der Onkel hatte sich stets gewünscht, in seinem Geburtsland beerdigt zu werden. Aber das angesparte Begräbnisgeld hat Frau Hedi in den veganen Onlineshop der nicht sehr lebenstüchtigen Tochter Nina investiert.
Man macht sich also im Fiat Panda auf den Weg, Lorenz am Steuer, die Tanten hinten und der Entschlafene auf dem Beifahrersitz: tagelang tiefgefroren mithilfe eines glücklicherweise in Mirl verliebten Metzgers, sodann korrekt gekleidet, geschminkt und mit einer Sonnenbrille getarnt. Die Strecke, die es zurückzulegen gilt, ist über tausend Kilometer lang, inklusive mehrerer Grenzübergänge.
Natürlich birgt ein solcher Plot das Risiko, in krasse Albernheiten abzurutschen. Aber Vea Kaiser bringt es fertig, nicht nur von einem skurrilen Leichentransport, sondern zugleich von echter Trauerbewältigung zu erzählen. Zwischen den prekären Situationen der Reise entfaltet sich die Geschichte der Prischingers in Rückblenden, biografischen Episoden, die jedes einzelne Familienmitglied mit Empathie und liebevoller Ironie porträtieren. Der schwungvolle Wechsel zwischen Rahmenhandlung und Retrospektive erzeugt zuweilen leichten Schwindel, so wie es ein getanzter „Rückwärtswalzer“ vermutlich täte, wenn es ihn denn gäbe.
Über die Lebensverhältnisse in einem Dorf im Waldviertel zur Nachkriegszeit hat die Autorin nach eigenem Bekunden viele Auskünfte von ihren Großeltern erhalten, sodass ihr Roman auch eine kleine Studie der jüngeren Sozialgeschichte Österreichs mitliefert. Was der Montenegriner Willi zwischen der Ära Tito und dem postjugoslawischen Zeitalter erlebte, wirkt hingegen fast märchenhaft, und bei der Schilderung von Koviljos Kindheitswelt verfällt Kaiser regelrecht in einen Astrid-Lindgren-Ton. Aber es gelingt ihr mit mitteleuropäischer Nonchalance, die Sphären zusammenzuführen. Und die Manen? Sie treten nicht etwa als Gespenster auf, sondern sind indirekt gegenwärtig als der gute Geist des Totengedenkens, das für die Lebenden eine Kraftquelle sein kann, wenn es so selbstverständlich praktiziert wird wie eine deftige Küche fernab neumodischer Ernährungshysterie. Denn immer noch gilt: Alles hat ein Ende, aber die Wurst hat zwei.
Vea Kaiser: Rückwärtswalzer. Roman. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019. 432 S., 16,99 Euro.
Eine kleine Studie der jüngeren
Sozialgeschichte Österreichs
liefert der Roman mit
Sunt aliquid manes: Vea Kaisers dritter Roman verbindet Memento mori und Sozialgeschichte.
Foto: ingo pertramer
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension

Veronika Schuster nimmt die Hürde zur Unterhaltungsliteratur gerne. Vea Kaisers Roman überzeugt sie durch sprachlichen Witz und echtem Interesse an den Figuren, denen die Autorin laut Schuster sogar einige Tiefe verleiht. In Kaisers als Reigen der Schrulligkeiten angelegtem Roadtrip einer Wiener Familie nach Montenegro kommen auch Rassismus und sexuelle Gewalt vor, erklärt Schuster. Vor allem aber lässt sich das Buch laut Rezensentin als Chronik österreichischer Befindlichkeiten lesen. Jüngere österreichische Zeitgeschichte wird in subtilen Kommentaren verhandelt, versichert Schuster, der Kaisers Slapstick-Humor und die ein oder andere allzu wohlfeile Botschaft im Text nur manchmal auf die Nerven gehen.

© Perlentaucher Medien GmbH