Erzwungener Rückzug aus dem sozialen Raum in die Privatheit - das war eine der Erfahrungen der CoVid19-Pandemie. Der gewählte und freiwillige Rückzug gehört allerdings auch zu den grundlegenden Praktiken des Glaubens. Die Evangelien erzählen, wie Jesus sich zum Gebet zurückzog. Eremitische Lebensformen faszinieren auch heute noch und - in der Form von Aussteigergeschichten - vielleicht gerade wieder. Der Rückzug steht für die Notwendigkeit ein Einzelner oder eine Einzelne zu werden im - vermeintlich? - nicht sozial vermittelten Gegenüber zu Gott. "Gott zieht sich zurück - Dieu se retire" schrieb schon vor mehr als hundert Jahren der Franzose León Bloy in einer wüsten Polemik gegen die Moderne. Ein Wort, das heute merkwürdig trifft, in einer Welt, die von vielen Zeitgenossen als ebenso übervoll wie bedeutungsleer erlebt wird. Die Kirche ist mit der Organisation ihres eigenen Rückzugs aus der Gesellschaft beschäftigt. Die Schrumpfungsprozesse binden Kräfte und kosten Nerven. Dagegen geht es in diesem Quatemberheft um die Frage: Kann aus der geistlichen Erfahrung des Rückzugs eine neue Kraft der Weltzuwendung erwachsen?