So oval liegt das Schwarze Meer zwischen Europa und Asien, dass es Lust weckt auf eine große Rundfahrt - zum Beispiel ab Istanbul im Uhrzeigersinn, küstennah rund herum. Mit dieser Idee im Kopf hat sich Dres Balmer auf den Velosattel geschwungen. Und schon bald erwies sich die ovale Harmonie als trügerisch: Die sieben Länder um das Meer herum haben verschiedene Kulturen, vertreten eigene politische Interessen, zuweilen rabiat. Also trennt das Schwarze Meer seine Länder mehr, als dass es sie vereint.
Der ausdauernde Radfahrer hat auch erlebt, wie die Politik Reisepläne beeinträchtigen kann: Von Russland führt die Straße nach Georgien, doch dessen abtrünnigen Landesteil Abchasien betritt man besser nicht. Der lange Umweg führt in den ebenfalls unsicheren Kaukasus und erst über einen schweren Pass zurück ans Meer.
Derart launische Art des Unterwegsseins, auf dem Velo durch brüchige Gefilde, beschert überraschende Begegnungen, bizarre Seilschaften und Einsichten der ganz anderen Art in fremde Länder und Kulturen. Ergänzt wird das reich bebilderte Buch von praktischen Tipps, Hintergrundinformationen und einem ausführlichen Serviceteil, einer Einladung an Leserinnen und Leser, die Strecke nachzuradeln.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Der ausdauernde Radfahrer hat auch erlebt, wie die Politik Reisepläne beeinträchtigen kann: Von Russland führt die Straße nach Georgien, doch dessen abtrünnigen Landesteil Abchasien betritt man besser nicht. Der lange Umweg führt in den ebenfalls unsicheren Kaukasus und erst über einen schweren Pass zurück ans Meer.
Derart launische Art des Unterwegsseins, auf dem Velo durch brüchige Gefilde, beschert überraschende Begegnungen, bizarre Seilschaften und Einsichten der ganz anderen Art in fremde Länder und Kulturen. Ergänzt wird das reich bebilderte Buch von praktischen Tipps, Hintergrundinformationen und einem ausführlichen Serviceteil, einer Einladung an Leserinnen und Leser, die Strecke nachzuradeln.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.10.2017Keraban der Starrkopf
Dres Balmer hat schon andere lange Radtouren unternommen, etwa auf der Route 66. Seine Vorgehensweise sei, verrät er, ist diese: Er recherchiert sorgfältig - dann fährt er trotz Warnungen los. Nun hat er das Schwarze Meer mit dem Fahrrad umrundet. Sofort beneidet man ihn um die Idee, den Mut und auch den Zeitpunkt: Er war 2013 unterwegs, heute wäre die Reise wohl schwieriger. Balmer fuhr von Istanbul aus im Uhrzeigersinn, damit das Meer rechts liegt und somit weniger Fahrzeuge von rechts auf die Straße einbiegen. Aber das klingt wichtiger, als es dann ist - denn er befährt Autobahnen und Schotterwege, fährt durch Großstädte und in menschenleeren Landschaften. So kämpft er sich durch sieben Länder um das Meer herum. Nur Abchasien, eine von Georgien abtrünnige Region, muss er auslassen - und deshalb in den ebenfalls unsicheren Kaukasus ausweichen. Autofahrer erlebt er zumeist rücksichtsvoll, Angst scheint er selten zu haben, als ehemaliger Delegierter des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes ist er wohl einiges gewohnt. Vom Meer ist erstaunlich wenig die Rede, aber Balmer war schließlich nicht in einem Padelboot unterwegs. Über die Menschen, denen er begegnet, berichtet er nie überheblich. Das scheint selbstverständlich, ist aber nicht die Regel bei Reisebüchern, die aus solchen Egotrips - wie Balmer selbst seine Reise nennt - entstehen. Der Schweizer, geboren 1949, schreibt zwar nicht auf Schweizerdeutsch, aber zahlreiche Helvetismen finden sich: So "saloniert" er in einem Lokal und kommt sich vor "wie der Gümmeler-Bünzli". Sein launiger Tonfall ist unterhaltsam, ein strengeres Lektorat allerdings hätte dem Buch mehr Stringenz verpasst. Einiges vom Körperlich-Intimen könnte weniger explizit beschrieben sein. Obwohl es im Anhang eine Literaturliste gibt, fehlt ausgerechnet der Klassiker zum Thema: Jules Vernes' "Keraban der Starrkopf". Dieser fährt von Istanbul mit der Kutsche ums Schwarze Meer, aus Bockigkeit, weil er die Fährgebühr über den Bosporus nicht entrichten will, aber ans asiatische Ufer Istanbuls muss. Wer also diese Reise vom Lehnstuhl aus nachverfolgen möchte, kann in zwei Büchern dazu schmöckern. Und wer hinterherfahren möchte, findet praktische Tipps und einen Serviceteil.
bär
"Rund ums Schwarze Meer. Eine Radreise durch sieben Länder von Istanbul nach Istanbul" von Dres Balmer. Rotpunktverlag, Zürich 2016. 320 Seiten, einige Farbfotos. Broschiert, 36 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Dres Balmer hat schon andere lange Radtouren unternommen, etwa auf der Route 66. Seine Vorgehensweise sei, verrät er, ist diese: Er recherchiert sorgfältig - dann fährt er trotz Warnungen los. Nun hat er das Schwarze Meer mit dem Fahrrad umrundet. Sofort beneidet man ihn um die Idee, den Mut und auch den Zeitpunkt: Er war 2013 unterwegs, heute wäre die Reise wohl schwieriger. Balmer fuhr von Istanbul aus im Uhrzeigersinn, damit das Meer rechts liegt und somit weniger Fahrzeuge von rechts auf die Straße einbiegen. Aber das klingt wichtiger, als es dann ist - denn er befährt Autobahnen und Schotterwege, fährt durch Großstädte und in menschenleeren Landschaften. So kämpft er sich durch sieben Länder um das Meer herum. Nur Abchasien, eine von Georgien abtrünnige Region, muss er auslassen - und deshalb in den ebenfalls unsicheren Kaukasus ausweichen. Autofahrer erlebt er zumeist rücksichtsvoll, Angst scheint er selten zu haben, als ehemaliger Delegierter des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes ist er wohl einiges gewohnt. Vom Meer ist erstaunlich wenig die Rede, aber Balmer war schließlich nicht in einem Padelboot unterwegs. Über die Menschen, denen er begegnet, berichtet er nie überheblich. Das scheint selbstverständlich, ist aber nicht die Regel bei Reisebüchern, die aus solchen Egotrips - wie Balmer selbst seine Reise nennt - entstehen. Der Schweizer, geboren 1949, schreibt zwar nicht auf Schweizerdeutsch, aber zahlreiche Helvetismen finden sich: So "saloniert" er in einem Lokal und kommt sich vor "wie der Gümmeler-Bünzli". Sein launiger Tonfall ist unterhaltsam, ein strengeres Lektorat allerdings hätte dem Buch mehr Stringenz verpasst. Einiges vom Körperlich-Intimen könnte weniger explizit beschrieben sein. Obwohl es im Anhang eine Literaturliste gibt, fehlt ausgerechnet der Klassiker zum Thema: Jules Vernes' "Keraban der Starrkopf". Dieser fährt von Istanbul mit der Kutsche ums Schwarze Meer, aus Bockigkeit, weil er die Fährgebühr über den Bosporus nicht entrichten will, aber ans asiatische Ufer Istanbuls muss. Wer also diese Reise vom Lehnstuhl aus nachverfolgen möchte, kann in zwei Büchern dazu schmöckern. Und wer hinterherfahren möchte, findet praktische Tipps und einen Serviceteil.
bär
"Rund ums Schwarze Meer. Eine Radreise durch sieben Länder von Istanbul nach Istanbul" von Dres Balmer. Rotpunktverlag, Zürich 2016. 320 Seiten, einige Farbfotos. Broschiert, 36 Euro.
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