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Die Ereignisse, die Michael Wildenhain in leiser und unvergeßlicher Intensität erzählt, haben fast ein halbes Jahrhundert deutscher Geschichte als Zeithintergrund. Sie beginnen in den sechziger Jahren, als es Paternoster, Muckefuck und tragbare Plattenspieler mit drei Geschwindigkeiten gab. Sie führen uns durch die Jahre der getrennten und zerrissenen Familien, die Passierschein-Zeit und das Labyrinth der Ängste auf beiden deutschen Seiten. Joachim - der Held dieses Romans voller Alltag und Zeitgeschichte - ist am Ende immer noch nicht sicher, ob dieser Mann aus dem Osten sein richtiger Vater…mehr

Produktbeschreibung
Die Ereignisse, die Michael Wildenhain in leiser und unvergeßlicher Intensität erzählt, haben fast ein halbes Jahrhundert deutscher Geschichte als Zeithintergrund. Sie beginnen in den sechziger Jahren, als es Paternoster, Muckefuck und tragbare Plattenspieler mit drei Geschwindigkeiten gab. Sie führen uns durch die Jahre der getrennten und zerrissenen Familien, die Passierschein-Zeit und das Labyrinth der Ängste auf beiden deutschen Seiten.
Joachim - der Held dieses Romans voller Alltag und Zeitgeschichte - ist am Ende immer noch nicht sicher, ob dieser Mann aus dem Osten sein richtiger Vater ist. Doch als er, auf dem Höhepunkt der Erzählung, bei der Grenzkontrolle im Bahnhof Friedrichstraße in der Nachbarkabine seiner Mutter sitzt, erfährt er ihre Wahrheit über die traumatischen Vorgänge bei Kriegsende - Ur-und Schlüsselszenen der deutschen Tragödie.
Autorenporträt
Michael Wildenhain ist 1958 in Berlin geboren, wo er auch heute lebt. Nach einem Philosophie- und Informatikstudium engagierte er sich in der Hausbesetzerszene - Stoff u. a. für seine ersten literarischen Veröffentlichungen: »zum beispiel k.«, »Prinzenbad« und »Die kalte Haut der Stadt«.
Für sein literarisches Schaffen wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Alfred-Döblin-Preis, dem Ernst-Willner-Preis, dem Stipendium der Villa Massimo sowie dem London-Stipendium des Deutschen Literaturfonds. »Das Lächeln der Alligatoren« war für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert und wurde mit dem Brandenburger Kunstpreis ausgezeichnet.
Wildenhain schrieb mehrere Theaterstücke, von denen 2012 ein Auswahlband erschienen ist.
Sein letzter Roman »Das Singen der Sirenen« erschien 2017 und war für den Deutschen Buchpreis nominiert, 2018 würdigte das Literaturforum im Brecht-Haus sein Gesamtwerk mit einem Symposium.

Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.03.2005

Hänsel, Gretel und die Teerpappe
Dem Symbolwald knapp entronnen: Michael Wildenhains Roman „Russisch Brot”
Eine Westberliner Kindheit in den Sechzigern auf dem Abenteuerspielplatz der Weltgeschichte: Grenzübergänge, tote S-Bahnstationen, bröckelnde Bunker. Doch nicht nur vor der Tür wartet das Abenteuer. Auch die eigenen vier Wände beben vor Geschichte. Familie Rößler führt ein Leben im Grenzland der Beziehungen. Mutter Inka hat ihre ganze Familie, ihre Freunde, und wer weiß, vielleicht auch ihren Liebhaber, drüben in der DDR. So lange die Grenze noch offen ist, trifft man sich regelmäßig in Großvaters Datsche im Ostberliner Schöneweide. Meist gehen nur Mutter und Sohn über die Grenze, denn der Vater ahnt, dass ihn dort drüben zwischen Nutz- und Blumenbeet vermintes Gebiet erwartet.
Vater Rößler leidet an Bombensplittern aus dem Zweiten Weltkrieg, die ihm langsam aus dem Rücken wachsen. Mutter Rößler leidet am Dolch ihrer Jugenderinnerungen, der ihr langsam inwendig ins Herz bohrt. Insgesamt gebärdet sie sich seltsam. Stellt rätselhafte Fotos auf ihren Nachttisch. Lacht an den falschen Stellen. Fällt plötzlich vor ihrem Bett auf die Knie und rezitiert Verse von fragwürdiger poetischer Qualität, die aber bis in die letzte Silbe aufgeladen sind mit sehnsüchtigen Anklängen an eine ferne Zeit. Schnell wird klar: Die Frau hat ein Geheimnis. Und von klein auf wird ihr Sohn Joachim diesem Geheimnis nachspüren.
In der Erzählung des spurensuchenden Joachim entsteht das plastische Porträt eines beinahe schon bukolischen Berlin voller verborgener, magischer Orte. In den Kleingärten blüht Holunder, dessen vergorene Beeren den Kindern ihren ersten Rausch bescheren, im Gleisbett des Betriebsbahnhofs Schöneweide sprießt das Unkraut, und im Westberliner Hinterhof flirren Birken und lassen die Brandmauer gegenüber verschwimmen wie eine Fata Morgana. Doch die Metropole als grüne Oase der Kindheit ist ein Trugbild. Unter dem gnädig wuchernden Wildwuchs liegen die scharfkantigen Trümmer der Geschichte. Nach und nach trägt Joachim die fragmentarische Geschichte seiner Mutter zusammen. Es wird für ihn schnell eine Fahndung nach der eigenen Herkunft und die Suche nach dem leiblichen Vater.
Neben dem geliebten Erziehungsberechtigten Rößler kommt noch ein gewisser Günter Hoppe in Frage, ein blasser, Modellautos sammelnder Charakter und Inkas Jugendfreund, der hin und wieder in Großvaters Datsche auftaucht und Inka küsst, wenn wieder mal ein Kaffeeklatsch ansteht. Aber Inkas Beziehung zu Günter bleibt für Joachim so verschwommen wie die Brandmauer hinter der flirrenden Birke. Sollte dieser fade Mann etwa sein Vater sein? Und warum behandelt der Großvater diesen Hoppe wie seinen eigenen Sohn?
Nach und nach fügt Joachim die Geschichte einer Jugendliebe zusammen, die in den Kriegswirren auseinander brach und deren Trümmer für den Rest des Lebens sperrig in jedem Tag- und Nachttraum herumstehen. Inka Rößlers Geheimnis ist spannend, ihre Geschichte ist rührend, traurig - und tragisch. Tragisch vor allem, weil sich Wildenhain nicht auf sie verlässt. Auf den ersten hundert Seiten seines Romans lässt er seinen Erzähler Joachim über Alben brüten, in Dokumentenmappen und Haushaltsbüchern forschen und blasse Notizen auf der Rückseite alter Fotos wiederkäuen.
Der Leser quält sich durch die zähen Beschreibungen eines Skulpturengartens voller Menschen in erstarrten Posen, die unbedingt rätselhaft sein sollen. Der Autor biegt seinen Figuren das Rückgrat zu einem Fragezeichen. Schließlich muss Vater Rößler auch noch verkannter Schriftsteller werden, damit sich sein Sohn in regelmäßigen Abständen den - man ahnt es: rätselhaften! - Nachlass aus dem Anorak ziehen kann, um darin dem Geheimnis seiner Mutter auf die Spur zu kommen. Diese Schnipseljagd will und will nicht richtig in Gang kommen.
Ödipus im Rätselbunker
Immerhin atmet der Leser etwas auf, wenn wenigstens ein bisschen Schwung in die Erzählung kommt und Joachim sich vom minderjährigen Archivar zum abenteuernden Spion wandelt: Durch Astlöcher, siebenachtel offen stehende Türen, dünne Sperrholzwände oder spinnverwebte Bunkerfensterchen observiert der Junge seine Mutter und versucht, ihre absurden Gesten und ihr seltsames Gebaren zu entziffern.
Doch allzu mühsam versucht Wildenhain, mit Hilfe der polternden Trickkiste des Vaudevilles ein Geheimnis heraufzubeschwören. Dabei ist das Geheimnis aller Geheimnisse leider, dass sie um so langweiliger werden, je intensiver man sie beschwört. Oedipus verlangt auch nicht in jedem zweiten Vers einen Vaterschaftstest. Wildenhains gewöhnungsbedürftige Syntax voller Einschübe an den unmöglichsten Stellen fördert den Erzählfluss auch nicht unbedingt. Anfangs hält man diesen tastenden Schachtelsatzbau noch für ein kontrolliert eingesetztes Stilmerkmal, das ein vorsichtiges Herantasten des Erzählers an seine Wahrheit spiegeln soll. Aber selbst in der direkten Rede aller restlichen Figuren stehen die Einschübe so sperrig im Satz wie die Bunkertrümmer im Berliner Brachland.
Doch nachdem Wildenhain die sehr statischen Fundamente seiner Erzählung gelegt hat, erhebt sie sich endlich zu einer gelungenen, melancholischen Beschwörung einer Jugendliebe, die keine Chance bekam erwachsen zu werden. Inkas Liebesgeschichte wird schließlich gedoppelt von Joachims aufblühender Liebe zu seiner wundervollen, gerne auch rattenmordenden Ost-Cousine Doris. Von nun an flirrt Opas Kleingartenkolonie so magisch wie Hänsel und Gretels Märchenwald.
Und als Cousin West mit Cousine Ost zusammen zu Serge Gainsbourgs „Je t’aime” unterm sommerlich dahinschmelzenden Teerpappendach der Datsche tanzen, ist endlich der sinnliche Siedepunkt des Romans erreicht. Auch wenn die Spiegelung der Liebesgeschichten von Mutter und Sohn einigermaßen konstruiert anmuten mag, führt die Verzauberung Joachims durch den Wildfang Doris schließlich zu den gelungensten Kapiteln dieses Romans, dessen strukturelles Skelett so artifiziell wirkt und der doch immer wieder so plastische und anmutige Formen annimmt. Dieser verstörende Kontrast zwischen gezwungener Konstruktion und poetischer Realisierung des forcierten Erzählprogramms ist das charakteristischste Strukturmerkmal von Wildenhains Text.
Schließlich aber wiegen die originell und lebendig gezeichneten Figuren und die lyrisch heraufbeschworenen Kulissen die artifizielle Struktur und die allzu theatralisch inszenierten Szenen auf. Die beiden parallel geführten Liebesgeschichten von Mutter und Sohn entwickeln so viel Sog, dass sie den Leser selbst durch die lästigen Einschübe von penetranten Übercodierungen aller Art mitreißen, obwohl er immer bangen muss, wenn der Erzähler an einem gerahmten Foto, einer Kommode oder einem Sekretär vorübergeht: Hoffentlich, so denkt man, bleibt der Bub jetzt nicht wieder stehen und fummelt noch so ein aufschlussreiches Dokument über die deutsche Vergangenheit zutage.
Hätte Wildenhain einfach einen Kiesel einen Kiesel sein lassen, statt ihn sofort zu einem Symbol zu überhöhen, würde er nicht zwanghaft jeden unschuldigen Wasserflecken im Bad zu einem raunenden Menetekel stilisieren, hätte er einfach nur der Kraft seiner wirklich guten Geschichte und seinem großen Talent als detailgenauer und lyrischer Romancier vertraut, dann könnte man seinen Text bedingungslos genießen. Doch leider hat er sein „Russisch Brot” mit allzu vielen pseudo-literarischen Rosinen gespickt.
STEPHAN MAUS
MICHAEL WILDENHAIN: Russisch Brot. Roman. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2005. 272 Seiten, 18,50 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.03.2005

Russisch Brot macht Wangen rot
Butterbröter noch viel röter: Michael Wildenhain reist in die Nachkriegszeit / Von Moritz Baßler

Szenen vom Trauma der jüngeren deutschen Vergangenheit" verspricht der Klappentext. Was, fragt man sich, mag hier gemeint sein - Cloppenburg, Hartz IV, die Stasi-Akten? Doch selbst wer bei Michael Wildenhain zumindest auf die Studentenbewegung gehofft hatte, wird bei seinem neuen Roman enttäuscht: Nein, die "jüngere deutsche Vergangenheit" ist auch hier wieder und offenbar auf ewig die Kriegs- und Nachkriegszeit, angereichert um ein wenig deutsch-deutschen Grenzverkehr. Nahtlos ordnet sich "Russisch Brot" überdies in die aktuelle Tendenz ein, diese Geschichte zu privatisieren in einem familientauglichen Erinnern, in dem alle erst einmal Opfer sind - diejenigen, die Krieg, Flucht und "Frau, komm!" selbst miterlebt haben, ebenso wie wir Nachgeborenen.

Wildenhains Verdienst in diesem Roman besteht geradezu darin, für diesen Diskurs die passende narrative Strategie gefunden zu haben: die gute alte Verschränkung der Zeitebenen. Mama mußte vor den Russen fliehen, und "das Weinen, Aufrappeln, Hochhasten, das Fassen bei den Händen, das Laufen und Laufen und Laufen, das erneute Stolpern und Stürzen, die verschmierten Handflächen und Knie, Kuhlen, Furchen, Hindernisse" und so weiter - war es nicht ungefähr das gleiche damals im Flüchtlingstreck wie heute beim Weglaufen vor den großen Jungs, die immer die Indianerfiguren klauen und einen beim Fußball nicht mitmachen lassen?

Mit sicherem Griff findet Wildenhain auch die Erzählinstanz, der man solche doch etwas kruden Engführungen am ehesten abnimmt: einen kindlich-jugendlichen Ich-Erzähler, der den vollen Ernst dessen, was er von der Elterngeneration aufschnappt, noch nicht realisiert ("Was mit dem Osten, glaube ich. Irgendwas mit unserer Familie") - im Gegensatz zum erwachsenen Leser, der überall gnadenlos ins Verstehen gezwungen wird. Die Grundfigur des Romans ist demnach eine Art halbaufgeklärter Voyeurismus. Eine Belauschungs- und Beobachtungsszene folgt der anderen: vor der Schlafzimmertür der Eltern, im Krankenhaus, im Baum vor dem Fenster der Liebeslaube, versteckt im Wald, auf dem Heuboden über Oma und den Russen und immer wieder bei hinterrücks belauschten Gesprächsfetzen im Familienkreis. All dies verdichtet sich, ergänzt durch das obligatorisch rätselhafte Kinderfoto in Schwarzweiß zum schwerwiegenden Geheimnis der Vergangenheit.

Als der Junge größer wird, will er mehr über die verdrängten Familiengeschichten erfahren und beginnt endlich nachzufragen. Aber auch die längeren Erzählpassagen, die daraufhin der Mutter, Tante Trautchen und Günni, dem mysteriös-inzestuösen Halbonkel von drüben, eingeräumt werden, ja selbst die mißglückten Kurzgeschichten des Vaters, die ein sinistrer Verleger stückweise rausrückt, ändern an der narrativen Grundsituation nichts - auch sie drehen sich im Kern stets um heimliche, halbverstandene Beobachtungen. Der Voyeurismus ist die Bedingung der Möglichkeit dieses Erzählens; seine konsequente Erfüllung findet er in der (ansonsten nicht weiter hinderlichen) Persönlichkeitsspaltung des Erzählers: "Früher war es mir möglich, an mich selbst als einen Fremden zu denken. Ich dachte an mich in der dritten Person." So "konnte ich einem Jungen zuschauen, der vom Spiel der anderen ausgeschlossen blieb". Und wir dürfen durch die Erzählung daran teilhaben.

Nun hat man das, was da erschaut und erlauscht wird, alles schon ein paarmal gelesen: die zertretene Brille, der zerbrochene Fotorahmen, das vor den Rüpeln gerettete Vögelein, die gefährlichen Bahndämme, die Brennesseln und die frühreifen Spiele im zerstörten Bunker (unmittelbar vor der Entjungferung zerbricht natürlich der Talisman des toten Vaters!). Diese Versatzstücke des Traumatischen werden bei Wildenhain mit Bedeutsamkeit aufgeladen durch die reale oder assoziative Verschränkung mit den Kriegstraumata, die auf allen Ebenen für das verstörte oder verhärtete Gebaren der Elterngeneration verantwortlich sind. ",Warum ist er Chef?', hatte ich meinen Vater gefragt, als uns sein Vorgesetzter, Herr Berg, zu Hause besucht hatte. ,Weil er', hatte mein Vater gesagt, ,weniger lange im Krieg war.'" Mit Großvater, der lieber in seiner Ostlaube bleibt, kann man Pferde stehlen und "Je t'aime" hören - die lustige Paech-Brot-Werbung geht auch nur mit Omama und Opapa. Mutter Inka aber, heute streng, früher fidel, wird bei erster Gelegenheit die frivole Platte zerbrechen. Der Rauch ihrer Generation steigt nicht mehr nach oben, während die Erinnerungen allmählich aus dem sorgfältig geführten Haushaltsbuch eliminiert werden. Wenn ganz am Ende dann auch das letzte Geheimnis um die Mutter noch in einer Szene vom Trauma der jüngeren deutschen Vergangenheit seine Erklärung findet, ist das Schema schon so vertraut, daß man das kaum noch als spektakulär empfinden mag.

Ganz ähnlich wie "Russisch Brot" ist ein Roman von Annett Gröschner betitelt, der vor einigen Jahren erschien: "Moskauer Eis". Hier war die Verschränkung von Familien- und Nachkriegsgeschichte gelungen, weil Gröschner das Private in einer Geschichte der DDR-Kältetechnik zu objektivieren vermochte und umgekehrt. Es geht also. Wo jedoch die historisch-familiäre Erinnerung statt dessen einem zweifelhaften Fabulieren anvertraut wird, mit bösen Russen und Grenzposten einerseits, Inzest, Verrat und Schuldverstrickung andererseits, begibt sich die Literatur auf dubioses Terrain. Zu Unterhaltungszwecken überläßt man so etwas lieber anderen. Wer sich dagegen ernsthaft für die Traumata der Vergangenheit interessiert, der greife zu Kempowskis "Echolot".

Michael Wildenhain: "Russisch Brot". Roman. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2005. 271 S., geb., 18,50 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dubios, dubios! Moritz Baßler äußert sich in seiner Besprechung mehr als skeptisch über die Verfahrensweisen, mit denen Michael Wildenhain die Traumata der jugendlichen Protagonisten mit jenen der Elterngeneration engführen will, um ein Panorama der deutschen Nachkriegszeit zu entwickeln. Den Rezensenten stört schon die zeitliche Einordnung: Nachkriegszeit - kann man das wirklich noch, wie es im Klappentext geschieht, als "jüngere deutsche Vergangenheit" titulieren? Auch wirft er Autor Michael Wildenhain vor, diese Geschichte zum familientauglichen Erinnern nach dem Motto "Wir sind alle Opfer" privatisiert zu haben. Die Techniken, mit denen sich der junge Protagonist dann in die Traumata der Eltern - Krieg und Vertreibung - einfühlen will, indem er sie belauscht, erscheinen Baßler ebenfalls klischeehaft. Da empfiehlt der Kritiker lieber Walter Kempowskis "Echolot" und Annett Gröschners Roman "Moskauer Eis" zur Lektüre.

© Perlentaucher Medien GmbH