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In drei Bänden öffnet Carsten Goehrke neun Zeitfenster in die Vergangenheit, die es erlauben, charakteristische Veränderungen des täglichen Lebens zu registrieren. Innerhalb eines jeden Zeitbildes rekonstruiert der Autor den Alltag, die Lebenswelt eines Individuums in konzentrischen Kreisen von innen nach aussen: zunächst das häusliche Umfeld, dann den Hof, die Siedlung und schliesslich die Region in ihren jeweils konkreten Ausprägungen, aber auch in ihren sozialen Vernetzungen. Dies ermöglicht dem Leser, sich den Lebens- und Vorstellungswelten der Angehörigen einer bestimmten Schicht oder…mehr

Produktbeschreibung
In drei Bänden öffnet Carsten Goehrke neun Zeitfenster in die Vergangenheit, die es erlauben, charakteristische Veränderungen des täglichen Lebens zu registrieren. Innerhalb eines jeden Zeitbildes rekonstruiert der Autor den Alltag, die Lebenswelt eines Individuums in konzentrischen Kreisen von innen nach aussen: zunächst das häusliche Umfeld, dann den Hof, die Siedlung und schliesslich die Region in ihren jeweils konkreten Ausprägungen, aber auch in ihren sozialen Vernetzungen. Dies ermöglicht dem Leser, sich den Lebens- und Vorstellungswelten der Angehörigen einer bestimmten Schicht oder Gruppe aus deren eigener Perspektive zu nähern. Da sich die Gesellschaft im Verlauf der historischen Entwicklung zunehmend ausdifferenziert hat, wächst von Epoche zu Epoche auch der Umfang der Zeitbilder.Carsten Goehrke betrachtet bei seinen Untersuchungen zwei Ebenen. Zum einen rekonstruiert er vergangene Lebenswelten mit ihren Grundkonstanten des menschlichen Daseins wie Existenzsicherung, Wohnen, Essen und Trinken, Sexualität und soziale Beziehungen. Zum andern zeigt er die Vorstellungswelten, also die Normen und Werte, die Welt- und Lebensdeutungen, in welche die Menschen einer bestimmten Epoche und Gesellschaftsschicht hineingewachsen sind.Der zweite Band der Trilogie skizziert das russische Alltagsleben im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts und zwischen 1880 und 1914. Nie in der Geschichte Russlands waren die Unterschiede der Lebens- und Vorstellungswelten zwischen Stadt und Land, 'oben' und 'unten' grösser als in diesem Zeitraum, weil die von Peter dem Grossen eingeleitete 'Verwestlichung' Russlands nach und nach zwar den Lebensstil der Elite veränderte, die Landbevölkerung und die städtischen Unterschichten jedoch erst mit der Industrialisierung zu erreichen begann.
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Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.01.2004

Frösche & Menschen
Carsten Goehrkes umfassende russische Alltagsgeschichte
Wie roch eine russische Kate, eine „Isba”, im 12. Jahrhundert? Warum flohen die Bauern im 17. Jahrhundert in Scharen von ihrer Scholle, so dass ganze Landstriche entvölkert wurden? Warum galt ein Frosch im Mittelalter als unrein? Und wie sahen damals die Liebesbriefe aus? Carsten Goehrke versucht im ersten Band seiner russischen Alltagsgeschichte, aus den kleinen, scheinbar banalen Dingen des Lebens auf die großen Zusammenhänge von Gesellschaft, Politik und Religion, auf das Wechselspiel von repressiver Herrschaft und privater Verweigerung zu schließen und auf das, was die französische Annales-Schule „Mentalität” nennt.
Goehrkes Werk ist eine Pionierarbeit und ein Werk mit bemerkenswertem Anspruch: In neun Zeitbildern, vom Frühmittelalter bis zur Gegenwart will der Zürcher Osteuropahistoriker die Lebenspraxis der Ostslawen, also vor allem: der Russen, beschreiben, komplett mit historischem Abriss, Quellenlage und Forschungsstand, mit einem Blick in die „Lebenswelten”, aufgefächert in Land- und Stadtleben und einer fiktiven Szene, in der sich der russische Alltag exemplarisch verdichtet unter dem Motto: So könnte es gewesen sein.
Goehrkes umfassender Ansatz hat in der russischen Geschichtsschreibung vereinzelte Vorläufer, etwa bei Aaron Gurjewitsch. „Trockene Fachwissenschaft”, „Popularisierung” und „nostalgische Idyllisierung” will Goehrke meiden, und stattdessen beleuchten, wie sich die „kollektive Mentalität” der Russen verändert hat und „warum sie bis heute vom Überleben unter den Bedingungen eines übermächtigen Staatsapparates gezeichnet ist”. Und in der Tat bietet Goehrkes flüssig geschriebene, gut lesbare, in den „Szenen” vielleicht ein wenig zu flapsige Darstellung einen umfassenden Einblick in die vielfältigen Zwänge, denen der Mensch im russischen Mittelalter ausgesetzt war: Aberglauben und Frondienste, Korruption und Steuerlast. Das heutige Russland, die Stellung von Kirche und Staat, aber auch das tiefe Misstrauen gegenüber der Obrigkeit ist nicht zu begreifen, ohne diese Wurzeln im Blick zu behalten. Man darf gespannt sein auf den zweiten Band.
zri
CARSTEN GOEHRKE: Russischer Alltag. Eine Geschichte in neun Zeitbildern. Band 1: Die Vormoderne. Chronos-Verlag, Zürich 2003. 472 Seiten, 39,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

"Vergleichbares", verkündet Dietrich Geyer, "hat es in der historischen Russlandforschung bisher noch nicht gegeben: eine groß angelegte Geschichte des russischen Alltags über mehr als ein Jahrtausend hin", in insgesamt drei Bänden, von denen jetzt zwei vorliegen, die vom 9. Jahrhundert bis eingangs des 20. Jahrhunderts reichen, das Thema des letzten Teiles sein wird. Goehrke habe damit eine überdisziplinäre, auf den - zumeist keine Zeugnisse hinterlassenen - Menschen und seine Lebensbedingungen abzielende Geschichtsschreibung angestrebt; sein Blick gehe auf "lokal und individuell fassbare Verhältnisse", die er in makrogeschichtlich eingebetteten "Zeitbildern" darstelle - Existenzsicherung, Sex, soziale Beziehungen, Normen, Gedankenwelten. Dem Text sind als Anschauungsmaterial Quellen und Abbildungen zur Seite gestellt.

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