• Gebundenes Buch

3 Kundenbewertungen

Mit dem ihm eigenen Gespür für kommende Krisenherde hat Peter Scholl-Latour die unruhigen Grenzregionen Rußlands bereist: im Westen Weißrußland und die Ukraine, die die Ausdehnung von NATO und EU nach Osten und den damit einhergehenden Reformdruck zu spüren bekommen, im Süden die zentralasiatischen GUS-Staaten, in denen der Islamismus brodelt und die USA militärisch Fuß zu fassen suchen, in Fernost das chinesisch-russische Grenzgebiet, wo die dünn besiedelten sibirischen Weiten dem Bevölkerungsdruck und Wirtschaftsboom Chinas ausgesetzt sind. Dieser Zangengriff, dem sich Putins Rußland an…mehr

Produktbeschreibung
Mit dem ihm eigenen Gespür für kommende Krisenherde hat Peter Scholl-Latour die unruhigen Grenzregionen Rußlands bereist: im Westen Weißrußland und die Ukraine, die die Ausdehnung von NATO und EU nach Osten und den damit einhergehenden Reformdruck zu spüren bekommen, im Süden die zentralasiatischen GUS-Staaten, in denen der Islamismus brodelt und die USA militärisch Fuß zu fassen suchen, in Fernost das chinesisch-russische Grenzgebiet, wo die dünn besiedelten sibirischen Weiten dem Bevölkerungsdruck und Wirtschaftsboom Chinas ausgesetzt sind. Dieser Zangengriff, dem sich Putins Rußland an seiner West-, Süd- und Ostflanke gegenübersieht, wird unvermeidlich extrem nationalistische Reaktionen hervorrufen. Zwischen Smolensk und Wladiwostok steuert alles auf eine weltpolitische Krise zu. Scholl-Latour versteht es glänzend, unmittelbare Erlebnisse und jahrzehntelange Erfahrungen zu einem eindringlichen Gesamtbild zusammenzufügen und deutlich zu machen, daß die Vorgänge in diesen Konfliktregionen uns unmittelbar betreffen.
Autorenporträt
Peter Scholl-Latour, geboren 1924 in Bochum. Promotion an der Sorbonne in Paris in den Sciences Politiques, Diplom an der Libanesischen Universität in Beirut in Arabistik und Islamkunde. Seitdem in vielfältigen Funktionen als Journalist und Publizist tätig, unter anderem als ARD-Korrespondent in Afrika und Indochina, als ARD- und ZDF-Studioleiter in Paris, als Programmdirektor des WDR-Fernsehens, als Chefredakteur und Herausgeber des STERN und als Vorstandsmitglied von Gruner + Jahr. Seine TV-Sendungen erreichten höchste Einschaltquoten, seine Bücher haben ihn zu Deutschlands erfolgreichstem Sachbuchautor gemacht. Peter Scholl-Latour verstarb 2014.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.12.2006

Mit und ohne Chauffeur
In Putins Rußland braucht Peter Scholl-Latour Orientierungshilfe / Von Werner Adam

Frei nach George Bernard Shaw warnt der Autor seine Leser, sich vor alten Männern in acht zu nehmen, weil sie doch nichts mehr zu verlieren hätten. Nach dieser Warnung kann er sich Entgleisungen erlauben.

Er hat wahrlich keinen Grund, sich in Bescheidenheit zu üben. Bei seinem Erfahrungsschatz, den er über Jahrzehnte bei unzähligen Exkursionen durch die Krisengebiete rund um den Erdball zusammengetragen hat, müßte man ihm eigentlich vorbehaltlos bescheinigen dürfen, mit der Unbill dieser Welt und ihren komplexen Ursachen hinreichend vertraut zu sein. Warum aber dann seine Warnung an die Leser, sich vor alten Männern in acht zu nehmen, weil sie schließlich nichts zu verlieren hätten? Koketterie? Selbstironie? Nicht bei Peter Scholl-Latour.

Er zieht aus seinem besagten Schatz zumeist grimmige Schlüsse, die sich zum Anspruch auf Unfehlbarkeit in der Urteilsfindung verdichten und summa summarum auf eine Verdammung jenes "Drangs nach Osten" hinauslaufen, "dem sich nicht nur die Atlantische Allianz, sondern auch die als Trabant Amerikas agierende Europäische Union auf Kosten Rußlands verschrieben hat". Wie beruhigend, daß es zur Abwehr solcher Unrühmlichkeiten zum Beispiel die "ideologische Beharrungskraft" eines Alexander Lukaschenka gibt. Der weißrussische Diktator, so erfahren wir, ist zwar nicht frei von "listiger Brutalität", sorgt kraft seiner "bäuerlich-robusten Autokratie" aber immerhin für eine "resolute Staatsführung", wie sie von seinen Untertanen "unter den schwierigen Umständen" nun einmal verlangt werde. Zudem billige Lukaschenka den um sich gescharten Technokraten durchaus "ein Anrecht auf kritische Meinungsäußerung" zu. Da ist es nur folgerichtig, daß auch der Regierungsstil Wladimir Putins im benachbarten Kernland der einstigen Sowjetunion dem "instinktiven Bedürfnis der Massen" entspricht.

Es sei schlicht unverantwortlich, rügt Scholl-Latour, daß "ausgerechnet eine Vielzahl deutscher Politiker und Publizisten dem derzeitigen Kreml-Herrn zumutet, sich parlamentarischen und marktwirtschaftlichen Postulaten zu unterwerfen, für die sein Land nun einmal nicht geschaffen ist". Arme Russen. Sie müssen sich nachträglich von hoher Warte auch noch dafür demütigen lassen, daß sie der "Perestrojka-Clique" unter Gorbatschow und Schewardnadse auf den Leim gegangen sind, wo diese doch nichts als Leid und Elend über die einstigen Sowjetbürger gebracht habe. Der Autor urteilt mit höchster Autorität: "Die ausgedehnten Reiserouten in der früheren Sowjetunion, die ich hinter mich gebracht habe, können sich sehen lassen. Im Gegensatz zu den permanenten Korrespondenten war ich nicht zur ,stabilitas loci' verurteilt und konnte weite Regionen erschließen." Und dann hat er auch noch "als erster ausländischer Chronist" die Sezessionsbewegungen im Kaukasus und in Zentralasien erkundet, während der Chor der Gorbatschow- und Jelzin-Fans in Moskau seine Zeit damit vertat, den dortigen Ränkespielen auf die Spur zu kommen.

Weiterzulesen verlangt da einiges an Überwindungskraft. Und prompt wird sie ein paar Seiten weiter aufs äußerste gefordert: durch eine Verunglimpfung der zwar nicht sonderlich erfolgreichen, doch demokratisch sehr engagierten Akteure der orangen Revolution in der Ukraine. Für Scholl-Latour steht selbstredend außer Frage, daß es der Westen im allgemeinen und die Amerikaner im besonderen waren, die hier die Fäden gezogen haben. Überdies spielte sich seinerzeit in Kiew alles ganz bequem in einer "Ansammlung von 1500 geheizten Zelten" ab, derweil die Führungsfigur, der gegenwärtige ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko, "mit seinem durch einen angeblichen Vergiftungsanschlag verwüsteten Gesicht" das Publikum "faszinierte". Es ist dies die schlimmste der nicht wenigen Entgleisungen, mit denen Scholl-Latour seiner Warnung vor sich selbst beklemmendes Gewicht verleiht.

Daß man ihm "nicht mit dem Argument der Demokratie" kommen möge, hatte er bereits einleitend mit Blick auf Afghanistan zu verstehen gegeben. Was war denn dort schon geschehen, bevor die Amerikaner militärisch eingriffen? Gewiß, es gab die Lager Usama Bin Ladins, doch in ihnen "fand nicht viel mehr als infanteristische Grundausbildung statt". Und warum wurde trotzdem sogar die Bundeswehr an den Hindukusch geschickt? Der Autor mag es nicht fassen, daß deutsche Soldaten "durch die Unterwürfigkeit der deutschen Parlamentarier unter einen befreundeten, aber fehlgeleiteten Hegemon in eine archaische, grausame Gesellschaft Zentralasiens verschlagen wurden, der sie - aus einer Wohlstandsgesellschaft, aus einer Stimmung sexueller Permissivität, aus einem seit sechzig Jahren andauernden Friedenszustand kommend - ratlos und in psychischer Verwirrung gegenüberstehen". Aber anstatt sich das öffentlich einzugestehen, suchten die Abgeordneten das "Heil des Vaterlandes" in "endlosen Debatten um die kaum noch verständlichen Varianten der Gesundheitsreform".

Doch nicht allein der Autor führt in diesem Buch das Wort. Er greift sowohl auf altbekannte Desinformanten aus Sowjetzeiten wie Valentin Falin und Nikolai Portugalow zurück als auch auf mehr oder minder zufällige Reisebegleiter, die indes über ein erstaunliches historisches Wissen verfügen, mit dem sie die Auffassungen Scholl-Latours auffallend trefflich untermauern. So auch der Epilog, den ein Chauffeur namens Wladimir aus der Ostukraine beisteuern darf und der dieses Buch vollends zu einer Zumutung macht: "Wie weit wollen die Amerikaner denn noch mit ihren Nato-Verbündeten nach Osten vordringen, und welche Feindschaft gegen Rußland tragen sie hier aus? Ihr Deutschen habt in diesem Raum doch ausreichend bittere Erfahrungen gesammelt. Warum macht Deutschland diese unsinnige Politik mit? Die Deutschen sollten es doch besser wissen. Habt ihr denn ganz vergessen, daß 300 Kilometer von dem Punkt entfernt, an dem wir jetzt stehen, eine Stadt an der Wolga liegt, die einst den Namen Stalingrad trug?"

Peter Scholl-Latour: Rußland im Zangengriff. Putins Imperium zwischen Nato, China und Islam. Propyläen Verlag, Berlin 2006. 425 S., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.04.2007

Ein Weltmann
Peter Scholl-Latours sehr persönliches Russland-Buch
Peter Scholl-Latour ist im Laufe seines Lebens zu einem Fachmann auf so vielen Gebieten geworden, dass sich das Wort Fachmann eigentlich verbietet. Er ist kein Fachmann, er ist ein Weltmann. Statt „Russland im Zangengriff – Putins Imperium zwischen Nato, China und Islam”, hätte er locker auch ein Buch schreiben können über den Islam zwischen China, der Nato und Putins Imperium. Oder über China zwischen Putins Imperium, dem Islam und der Nato. Scholl-Latour aber hat sich für Russland entschieden als Angelpunkt seines Werkes. Und dafür keine Mühe gescheut: Sein Reisetagebuch umfasst das afghanische Masar-i-Scharif, Brest-Litowsk, Moskau und Kasan, Magadan und Wladiwostok, Ussurisk, Sui Fen He und Dalian am Gelben Meer, Peking, schließlich Kiew und Donezk – alles abgearbeitet innerhalb weniger Monate des vergangenen Jahres.
Gemessen am Aufwand ist der Ertrag eher gering. Denn Scholl-Latours Buch leidet unter zu viel Scholl-Latour. Es dominieren seitenlange Rückgriffe des Autors auf eigene Reisen, die zum Teil Jahrzehnte her sind und wenig dazu beitragen, seine Thesen zu untermauern. Es sind persönliche Erinnerungen an den Russlandfeldzug 1941, an alte Aufenthalte in Fernost oder an der Wolga. Bisweilen sind sie ganz unterhaltsam, vor allem aber erwecken sie den Eindruck, da prahle einer mit seiner Lebensweisheit. Viel Platz wird so vergeudet, den er besser für aktuelle Analysen hätte verwenden können.
Anschaulich sind seine Beobachtungen aus der Tatarenstadt Kazan und vom Chinesenmarkt in Magadan. Ärgerlich dagegen ist die Verharmlosung des autoritären weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko. Auch der Ukraine-Teil ist schwach, denn er ist gespeist aus einer anti-amerikanischen Polemik, die nahelegt, Hunderttausende Ukrainer, die 2004 auf den Straßen für eine Wiederholung der gefälschten Präsidentenwahl kämpften, seien ferngesteuert gewesen von einer amerikanischen Revolutionsmaschinerie. Kläglich sei das Resultat, schreibt Scholl-Latour. Immerhin gibt es seitdem freie Wahlen und eine kritische Presse. Als wäre das nichts. FRANK NIENHUYSEN
PETER SCHOLL-LATOUR: Russland im Zangengriff. Putins Imperium zwischen Nato, China und Islam. Propyläen-Verlag, Berlin 2006. 432 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als eine "Zumutung" empfindet Werner Adam den Reisebericht von Peter Scholl-Latour. Zwar bescheinigt er dem 82-Jährigen einen großen Erfahrungsschatz, doch maße er sich in seinen Schlussfolgerungen eine Unfehlbarkeit an, die ihm nicht zusteht. Im übrigen leiste sich der Autor zahlreiche Entgleisungen. Beispiel: Es sei unverantwortlich, so Scholl-Latour, dass man "dem derzeitigen Kreml-Herrn zumute, sich parlamentarischen und marktwirtschaftlichen Postulaten zu unterwerfen, für die sein Land nun einmal nicht geschaffen ist". Außerdem verunglimpfe Scholl-Latour die orangene Revolution in der Ukraine, wenn er den USA und dem Westen unterstellt, diese orchestriert zu haben. Im Übrigen rügt der Rezensent, hat Scholl-Latour sich auf "altbekannte Desinformanten aus Sowjetzeiten" wie Valentin Falin und Nikolai Portugalow oder Zufallsbekanntschaften wie einem Chauffeur aus der Ostukraine berufen.

© Perlentaucher Medien GmbH
'Auf ganz unpolitologische Weise kommen scharfe politische Analysen zustande, die sich so spannend und anregend wie ein Abenteuerbericht lesen.' Frankfurter Allgemeine Zeitung' Klassische Reportagen über seine Reisen in russische Konfliktregionen verbindet der Vollblutjournalist mit treffenden Analysen des Status quo und seiner Auswirkungen auf Mitteleuropa.' dpa' Scholl-Latour versteht es glänzend, unmittelbare Erlebnisse und jahrzehntelange Erfahrungen zu einem eindringlichen Gesamtbild zusammenzufügen und deutlich zu machen, daß die Vorgänge in diesen Konfliktregionen uns unmittelbar betreffen.'PREUSSISCHE ALLGEMEINE ZEITUNG' Die Leser machen seine Bücher zu Bestsellern, die Zuschauer des Fernsehens erheben seine Sendungen zum Medienereignis.' DIE WELT