Ob Mozart, Verdi, Wagner, Richard Strauss oder Werke ihres Ehemannes Paul Dessau Ruth Berghaus Inszenierungen waren immer kontrovers: Leicht hat sie es den Zuschauern nie gemacht, mit einer Zeichensprache, die dicht war bis zum Hermetischen, die sich bei einmaliger Betrachtung zuweilen nicht erschloss, die aber immer nachwirkte. Ruth Berghaus hat nur wenig Privates Preis gegeben, aus persönlicher Diskretion, zum einen weil es sich unter den Bedingungen einer Diktatur verbot, zu viele Spuren zu hinterlassen, zum anderen, weil sie durch ihre Arbeit sprechen wollte. Corinne Holtz hat sich auf die Suche gemacht: Sie recherchierte in Archiven, nahm Einsicht in die Akten der SED, der Akademie der Künste und des Staatssicherheitsdienstes und sprach mit Zeitzeugen, Freunden und Kollegen wie Peter Konwitschny, Jenny Erpenbeck, Klaus Zehelein und Michael Gielen. Entstanden ist das Porträt einer ungewöhnlichen Regisseurin, deren herausragende und herausfordernde Arbeiten weit über ihren Tod hinaus wirksam sind. Ruth Berghaus blieb eine Unangepasste in den Kulturbetrieben der unterschiedlichen Systeme, eine politische Frau, die sich letztlich nur der Freiheit der Kunst verpflichtet fühlte.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Nicht nur gründlich, auch einfallsreich recherchiert habe Corinne Holtz ihr Porträt der Ruth Berghaus. Nötig, so Rezensent Klaus Jungheinrich, sei dies schon deshalb gewesen, weil Ruth Berghaus nicht mehr zur persönlichen Auskunft zur Verfügung gestanden habe und sie sich zudem im öffentlichen Raum hinter der Maske einer schlecht gelaunten DDR-Intellektuellen gewissermaßen versteckt habe. Nur viele Gesprächspartner und "kluge" Kommentare der Autorin würden hier für die nötige Anschaulichkeit sorgen, wenngleich, so der Rezensent, das "Netz" der einflussreichen Freunde und Feinde in der DDR nahezu undurchschaubar bleibe. Ihr enormes Arbeitspensum, referiert der Rezensent, habe Ruth Berghaus nur deshalb leisten könne, weil sie ihre Inszenierungen nach einer gewissen Kreativphase doch sehr rigide umgesetzt habe. Als Künstlerin sei sie aus heutiger Sicht wohl weniger relevant, denn als einflussreiches Vorbild einer ganzen Generation.
© Perlentaucher Medien GmbH
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