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"Das schönste Buch, das ich je gesehen habe." The New Yorker.

Eine junge Studentin findet in der Bibliothek ein Buch, in das ein anderer Student Hunderte von Randbemerkungen gekritzelt hat, offenbar im Bemühen, der wahren Identität des unter Pseudonym schreibenden Autors V. M. Straka auf die Spur zu kommen. Die junge Frau ist fasziniert und ergänzt die Notizen mit eigenen Mutmaßungen. Zwischen den beiden Studenten Jen und Eric entspinnt sich eine lebhafte Unterhaltung, die allein auf den Seiten des Romans "Das Schiff des Theseus" stattfindet.


Gemeinsam machen sie sich
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Produktbeschreibung
"Das schönste Buch, das ich je gesehen habe." The New Yorker.



Eine junge Studentin findet in der Bibliothek ein Buch, in das ein anderer Student Hunderte von Randbemerkungen gekritzelt hat, offenbar im Bemühen, der wahren Identität des unter Pseudonym schreibenden Autors V. M. Straka auf die Spur zu kommen. Die junge Frau ist fasziniert und ergänzt die Notizen mit eigenen Mutmaßungen. Zwischen den beiden Studenten Jen und Eric entspinnt sich eine lebhafte Unterhaltung, die allein auf den Seiten des Romans "Das Schiff des Theseus" stattfindet.





Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem mysteriösen Autor V. M. Straka. Ein unbekannter Übersetzer hat den Roman herausgegeben und ihn mit teilweise verwirrenden Fußnoten versehen. Doch die beiden finden heraus, dass diese Fußnoten einen geheimen Code ergeben, der ihnen Informationen liefert, die der Straka-Forschung bisher völlig unbekannt waren. Was wie ein Spiel beginnt, wird im Laufe der Zeit bitterer Ernst, denn jemand scheint Interesse daran zu haben, dass die Identität des Autors nicht gelüftet wird. Jen und Eric geraten in gefährliche Verstrickungen, die sie fast das Leben kosten.

Ein hochraffiniert komponierter Roman, der zeigt, was ein Buch anrichten kann. In der Literatur und im Leben.

Autorenporträt
Tobias Schnettler lebt als freier Übersetzer in Frankfurt am Main.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.10.2015

Das offene Kunstwerk
Der „Star Wars“-Regisseur J. J. Abrams und der Autor Doug Dorst haben sich ein höchst
ungewöhnliches Buch ausgedacht. „S. – Das Schiff des Theseus“ heißt ihr literarisches Experiment
VON NICOLAS FREUND
Wer oder was ist S.? Für welches Wort oder welchen Namen der geschwungene Buchstabe stehen soll, ist ein Rätsel. Sicher ist nur, dass sich hinter „S.“ gleich mehreres verbirgt: zunächst ein ganzer Roman mit dem Titel „Das Schiff des Theseus“, angeblich aus der Feder des berüchtigten Autors und Aktivisten V. M. Straka. Dessen Identität ist – der Logik von „S.“ folgend – mit zwei Initialen im Namen ein mindestens so großes Rätsel wie die der Person S., die diesen Roman erzählt. Denn schon im Vorwort des angeblich 1949 als erstes und einziges Buch der Winged Shoes Press in New York verlegten Romans weist der Übersetzer F. X. Caldeira – eine dritte Person von fragwürdiger Identität – darauf hin, mindestens das letzte Kapitel in Teilen selbst verfasst zu haben. Zudem hat er den Text mit eigenartigen Fußnoten versehen, in denen es ihm anscheinend nur darum ging zu zeigen, wie gut er, im Gegensatz zu jedem anderen, den berüchtigten V. M. Straka kannte.
  Eine Bibliotheksausgabe dieses Buches haben nun zwei Studenten, der Englisch-Doktorand Eric und die Bachelorstudentin Jen, als Postfach missbraucht, um einander Ansichtskarten, Fotos und kleine Nachrichten zukommen zu lassen. Wofür andere Studenten heute Whatsapp verwenden, brauchen die beiden Literaturstudenten eben einen altmodischen Band aus der Bibliothek. Über Monate haben die zwei so auf den Seiten dieser Ausgabe miteinander den Roman interpretiert, über Kommilitonen gelästert und – das vor allem – geflirtet, bis fast jede Seite vollgeschmiert war. Eben diese Ausgabe des Buches „Das Schiff des Theseus“ hat nun der Leser vor sich liegen. Etwas ratlos sitzt man zunächst vor diesem Chaos aus Dutzenden Zettelchen, Hunderten Anmerkungen und – fast nebenbei – einem ganzen Roman.
  Vielleicht ist der Hinweis nötig, dass das alles erfunden ist. „S.“ soll ein literarisches Experiment sein: ein Spiel mit mehreren Textebenen und mit der Form des physischen Buches. Die Idee für dieses Projekt stammt von dem Filmemacher J. J. Abrams, den Text geschrieben hat der Romanautor Doug Dorst. Letzterer hat in den USA einen Roman und eine Kurzgeschichtensammlung veröffentlicht, ist in Deutschland aber praktisch völlig unbekannt. Über J. J. Abrams ist dagegen, obwohl er wie die notorischen Figuren des Buches zwei Initiale im Namen trägt, eine ganze Menge bekannt. Berühmt wurde er mit der kompliziert erzählten Fernsehserie „Lost“ über eine Gruppe Gestrandeter auf einer geheimnisvollen tropischen Insel. Das Produzententeam um Abrams machte sich einen Spaß daraus, in der Serie und im Internet falsche Hinweise auf den Fortgang der Handlung zu streuen. Dank seines Hangs zu so obskuren Dingen wie Erzähltheorie hat sich Abrams einen hartnäckigen Ruf als Hollywood-Nerd erarbeitet. Inzwischen aber ist er vor allem als der Regisseur bekannt, der frevelhafterweise sowohl „Star Wars“-, als auch „Star Trek“-Filme gedreht hat.   
  Und nun hat Abrams eben einen Roman geschrieben. Oder eher: schreiben lassen. Bei den meisten seiner Projekte gibt Abrams nur den Anstoß. Mit „Lost“ hatte er schon schnell nicht mehr viel zu tun. Meist entwickelt er das Konzept zu einer Serie, dreht eine Handvoll Episoden und widmet sich dann dem nächsten Projekt. Auch bei seiner „Star Trek“-Neuerfindung hat Abrams den Kommandosessel schon wieder geräumt.
  Die Anregung zu „S.“ kam Abrams, wie er dem Fernsehsender CNN sagte, als er am Flughafen von Los Angeles wartend ein Buch fand, in das jemand geschrieben hatte, man solle es bitte lesen und dann wieder für jemand anderen liegen lassen. Diese Idee erschien ihm so genial, dass er mit Doug Dorst das Konzept für ein Buch ausarbeitete, dessen Geschichte sich mit den hineingekritzelten Anmerkungen seiner früheren Leser verschränkt.
  Doug Dorst hat zuerst den Roman „Das Schiff des Theseus“ geschrieben, der sich liest, als hätten Franz Kafka und Karl May nach einer durchzechten Nacht noch eben gemeinsam einen Abenteuerroman heruntergeschrieben. Ein Mann, der nur S. genannt wird, ist die Erzählerfigur, und jemand musste diesen S. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hatte (oder der Leser davon weiß), wird er auf den Spuren eines Komplotts von fiesen Agenten durch ein stilisiertes Osteuropa gejagt, gerät in Nordafrika in einen Bürgerkrieg und findet sich immer wieder auf einem eigenartigen Segelschiff mit einer zombiehaften Besatzung wieder. Scheinbar spiegelt sich der politisch (und vielleicht auch terroristisch) aktive Autor V. M. Straka in dieser Figur – so zumindest die These der kommentierwütigen Studenten Jen und Eric, die beide ursprünglich nach dem Band gegriffen haben, um endlich das Geheimnis um die wahre Identität Strakas zu lösen. Straka, in dessen Namen Kafka wie auch Stratum, also Schicht, widerklingen, ist das große Mysterium an der Pollard State University, in deren Bibliothek das Buch steht.
  Mit diesem durchgeknallten Kafka-Roman können die zwei Studenten nicht ganz mithalten: Obwohl der Doktorand Eric verschwörungstheoretische Ambitionen hat und beide jede Menge Problemchen mit sich herumtragen, treten die Kommentare neben dem Haupttext lange auf der Stelle. Sowohl die Straka-Ermittlungen als auch der zarte Flirt kommen nur langsam in Gang. Das Interessanteste an „S.“ ist neben der wunderschönen Aufmachung des Buches tatsächlich das literarische Experiment. Der Titel „Das Schiff des Theseus“ weist schon auf ein antikes, philosophisches Problem hin: Ersetzt man nach und nach alle Teile eines Schiffes, ist es dann am Ende noch dasselbe Schiff? Ist ein Buch bei jedem Lesen und Kommentieren noch dasselbe Buch wie zuvor?
  Neu ist das alles nicht: Mehrstimmigkeit ist, mal mehr, mal weniger ausgeprägt, eine Eigenschaft jedes Romans. Eine Erzählung aus parallel laufenden Texten, die aus mehreren Perspektiven erzählen, schrieb auch J. M. Coetzee im „Tagebuch eines schlimmen Jahres“. Und der Autor Mark Z. Danielewski bezieht in seinem Roman „House of Leaves“ den Leser als Detektiv mit ein. Tobias Schnettler, der deutsche Übersetzer von „Das Schiff des Theseus“, vergleicht „S.“ im Gespräch mit der SZ vorsichtig mit Arno Schmidts ebenfalls mit Nebentexten übersätem Monsterwerk „Zettel’s Traum“. Wie „S.“ ist das eigentlich ein Buch, in dem man sich Stellen ansieht, anstatt es von vorne bis hinten zu lesen.
  In den USA ist „S.“ bereits vor zwei Jahren erschienen; für den deutschen Markt mussten nicht nur die Texte übersetzt werden, sondern auch die handschriftlichen Einleger und Kommentare neu gestaltet werden. Eine direkte Kopie des englischen Originals und der Kommentare war nicht möglich, da der übersetzte deutsche Text immer etwas mehr Platz benötigt als der englische. Im Falle von „S.“ sind das immerhin rund achtzig Seiten. Ein echtes Problem, wenn man die vielfarbig kommentierten, vergilbten Blätter des englischen Buches nachahmen möchte, die oft, jedes für sich, wie kleine Kunstwerke aussehen. Olav Korth, der sonst meistens Comics betextet, hat Seite für Seite von Hand mit den deutschen Kommentaren versehen. Die Übersetzung teilten sich Tobias Schnettler und Bert Schröder, wobei der eine den Romantext übertrug und der andere die Kommentare. „Das Schiff des Theseus“ liest sich so auf Deutsch sogar noch ein wenig glaubwürdiger als das Original, da Schnettler den Groschenheftton etwas entschärfte. Den Studentenjargon und flirtenden Ton der beiden Studenten hat Schröder auch in den Kommentaren fast immer getroffen.
  Obwohl in den USA sogar mit einem Trailer und einer mysteriösen Tonbandaufnahme auf Youtube für das Buch geworben wurde, teilten Abrams und Dorst mit, dass eine Verfilmung nicht geplant ist.  
Die Idee zu diesem Projekt
kam dem Hollywood-Regisseur
auf dem Flughafen
Vielstimmigkeit gibt es hier
nicht nur zwischen den Zeilen,
es ist vielmehr das Prinzip
Als hätten Franz Kafka und Karl May nach einer durchzechten Nacht gemeinsam einen Abenteuerroman geschrieben.
ABB.: Aus dem besprochenen Band
J. J. Abrams, Doug Dorst: S. – Das Schiff des Theseus. Roman. Aus dem Englischen von Tobias Schnettler und Bert Schröder. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015. 528 Seiten (im Schuber),
45 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Nicolas Freund scheint etwas ratlos angesichts des von dem Filmemacher J.J. Abrams und dem Romanautor Doug Dorst verfassten Textes. Zwar erinnert ihn die Verschmelzung von Roman und Kommentaren unter Verwendung verschiedener Perspektiven und rätselhafter Identitäten in einem Text an J. M. Coetzees "Tagebuch eines schlimmen Jahres" oder auch an Arno Schmidts "Zettels Traum". Umwerfen kann ihn so ein literarisches Experiment, das auf das Spiel mit mehreren Textebenen setzt, jedoch nicht wirklich. Der Roman im Roman etwa liest sich für ihn streckenweise so, als hätten Kafka und Karl May ihn besoffen verfasst. Die deutsche Übersetzung von von Tobias Schnettler und Bert Schröder allerdings findet Freund immerhin bemerkenswert glaubwürdig.

© Perlentaucher Medien GmbH
" Das Schiff des Theseus liest sich auf Deutsch sogar noch ein wenig glaubwürdiger als das Original.", Süddeutsche Zeitung, 07.10.2015

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2015

Deine Spuren in meinem Band

J. J. Abrams und Doug Dorst zeigen in ihrem prächtigen Verwirrspiel "S. - Das Schiff des Theseus" die Grenzen des E-Book-Universums auf.

Von Tilman Spreckelsen

Passt da eigentlich niemand auf? Wie kann es sein, dass zwei Benutzer der Bibliothek der Pollard State University regelmäßig in ein Buch schmieren, mal der eine, mal die andere? Ganze Dialoge entwickeln sich dort über die Seiten eines Buchs hinweg, bis "Das Schiff des Theseus" eines gewissen V. M. Straka, erschienen 1949 bei Winged Shoes Press in New York, vollgekritzelt ist. Da ist es kein Trost, dass das Buch eigentlich gar nicht in diese Bibliothek gehört, sondern aus einer anderen geklaut und dann hierher gebracht wurde. Er schreibe hinein, seit er fünfzehn war, bekennt Eric, der eine Partner dieses seltsamen Dialogs, natürlich wieder als handschriftliche Marginalie. Und die Studentin Jen, die Adressatin, fragt ihn nur zu Recht, ob es ihm denn gar nicht um die "vielen wissbegierigen jungen Seelen" leid tue, die er mit diesem Diebstahl "um das Straka-Erlebnis gebracht" hat.

Nun ist das alles fiktiv, das College ebenso wie der Autor V. M. Straka, dessen Übersetzer F. X. Caldeira und sein Verlag, die beiden Protagonisten Jen und Eric sowieso, mithin auch ihre Kritzeleien an den Rändern des Buchs. Und doch halten wir das Buch in der Hand: Die Seiten kunstvoll angeschmutzt, mitunter geradezu fleckig, auf dem Leinenrücken, gestaltet tatsächlich wie der eines Romans aus der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, klebt noch das Siegel der Bibliothek, die Marginalien von Eric und Jen prangen in Schwarz, Rot oder Blau, und hinten im Buch sind die Ausleihstempel, die das Ende der jeweiligen Leihfrist markieren. Darüber steht in verblasster Stempelschrift, dass dieses Buch "pfleglich zu behandeln" sei - ein guter Witz.

Ausgedacht haben sich das Ganze der Filmregisseur und Drehbuchautor J. J. Abrams ("Mission Impossible III", "Lost") und der Schriftsteller Doug Dorst. Und natürlich ist es ein Produkt einer Zeit, in der sich das gedruckte Buch gegenüber dem E-Book-Konzept legitimieren muss, gegen den Vorwurf, zu schwer, zu langsam und zu unflexibel für neue Inhalte zu sein. Wem es da nicht reicht, einfach die vermeintliche Aura des gedruckten Buches zu beschwören, könnte mit diesem speziellen Werk alles ins Feld führen, wovor es dem Bibliothekar graust: Zwischen zwei Buchdeckel passen ganz wunderbar die physischen Spuren der Lektüre, die Unterstreichungen und Randnotizen ebenso wie die eingelegten Zeitungsausschnitte, Briefe, Postkarten, eine mit einem Lageplan bemalte Serviette oder sogar eine Dechiffrierscheibe, die sich für speziell dieses Buch als ausgesprochen nützlich erweist. Und vor allem: Es sind, wenigstens im Fall der Notizen, Spuren, die dem Buch bleiben, solange es existiert.

Indem nun all diese Lektürespuren fingiert werden, indem sie da sind, wenn wir das 2015 gedruckte, eben gekaufte Buch aufschlagen (die Gestalter des amerikanischen Originalverlages wie des deutschen Lizenznehmers haben jedenfalls eine hervorragende Arbeit geleistet!), kommen auch ganz unterschiedliche Erzählstränge zusammen.

Da ist einmal die Handlung von Strakas "Das Schiff des Theseus", der neunzehnte und letzte Roman des Verfassers, wie aus dem Vorwort des Übersetzers hervorgeht: Ein Mann ohne Gedächtnis kommt in einer Hafenstadt zu sich, er wird verschleppt und auf ein Schiff gebracht, dessen grausige Mannschaft mit zusammengenähten Lippen über Pfeifen miteinander kommuniziert - selbstverständlich bekommt er keine Antworten auf seine Fragen und muss befürchten, dass auch ihm das Schicksal der Matrosen blüht.

Da sind zweitens die Fußnoten des Übersetzers F. X. Caldeira, die zum Teil so ersichtlich sinnfrei sind, dass die eifrige Leserin Jen darin einen Code wittert und damit den langjährigen Straka-Forscher Eric herausfordert - seine anfängliche Herablassung hält er nicht lange durch, er diskutiert mit Jen, ohne sie zu treffen (und entzieht sich ihren Versuchen, ein Treffen herbeizuführen), dabei kommt es immer mehr zu einem schriftlichen Gespräch, das die Straka-Ebene verlässt und persönlicher wird. Man lüftet nach und nach den Schleier, der die eigene Person umgibt, man lügt sich an und gesteht irgendwann die Lüge ein, man kommt sich näher beim Lösen des Rätsels um Strakas Identität und auch sonst. In diesem dritten Strang aber spielen auch zwei konkurrierende Wissenschaftler mit, die ebenfalls eine Theorie über Straka entwickelt und dafür Eric um entscheidendes Beweismaterial gebracht haben, was der misstrauische Nachwuchsforscher anfangs auch vor Jen verbirgt. Jeder einzelne dieser Stränge wäre vielleicht etwas mager, so aber, wie sie zusammenkommen, liest man das Buch mit wachsendem Vergnügen.

Anstrengend ist es allerdings auch, schließlich muss man die eigenen Lesegewohnheiten aufgeben und neue entwickeln. Den eigentlichen Text des Romans wie mit Scheuklappen zu lesen und die Marginalien ebenso zu ignorieren wie die eingelegten Gegenstände, ist viel verlangt, vor allem von den Lesern, auf die das Projekt von Abrams und Dorst ersichtlich zielt: diejenigen, die sich liebend gern auf Seitenpfade begeben, um das große Ganze besser zu überschauen, und so von der Marginalie wieder zurück auf "Das Schiff des Theseus" zu kommen. Umgekehrt aber ist das Problem auch nicht dadurch zu lösen, dass man Seite für Seite liest. Denn der Dialog von Jen und Eric folgt eben nicht brav der Chronologie der Buchseiten, sondern - und das ist das eigentliche Bravourstück dieser Konzeption - mäandert von vorn nach hinten und wieder zurück, erkennbar an den unterschiedlichen Farben und Handschriften, die beide im Lauf der offensichtlich monatelang unternommenen Lektüre verwenden.

So steht auf der zweiten Vorsatzseite ein Dialog, der vom ersten Lesen der beiden Forscher bis zum letzten reicht. "Wir sollten . . ." schreibt Jen, und Eric fragt zurück: "Wir?" Jen räumt ein, das "wir" sei ein Fehler gewesen. Offenbar viel später schreibt Eric dann mit roter Tinte "Denkst du das immer noch?" Jens Eintrag lautet schließlich noch viel später: "Du kennst doch die Antwort." Und das ist das schönste Rätsel in diesem an Rätseln so reichen Buch.

J. J. Abrams, Doug Dorst: "S. - Das Schiff des Theseus".

Aus dem Englischen von Tobias Schnettler, Bert Schröder. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015. 544 S., geb., 45,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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