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Drawing on the individual experiences of patients, musicians, composers, and everyday people, the author of Awakenings explores the complex human response to music, detailing the full range of human reactions to music, what goes on and can go wrong when we listen to music, and how music can affect those suffering from a variety of ailments.

Produktbeschreibung
Drawing on the individual experiences of patients, musicians, composers, and everyday people, the author of Awakenings explores the complex human response to music, detailing the full range of human reactions to music, what goes on and can go wrong when we listen to music, and how music can affect those suffering from a variety of ailments.
Autorenporträt
Oliver Sacks, geb. am 9. Juli 1933 in London, gest. am 30. August 2015 in New York City, war Neurologe und wurde in der Öffentlichkeit vor allem als Sachbuchautor bekannt. Seine Bücher wie 'Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte' oder 'Der Tag, an dem mein Bein fortging' erreichten ein Millionenpublikum. Über seine bahnbrechende Forschung zur Schlafkrankheit, die er in dem Buch 'Zeit des Erwachens' schildert, wurde der gleichnamige Hollywoodfilm gedreht.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.07.2008

Klaviersucht durch Blitzschlag
Oliver Sacks erzählt in „Der einarmige Pianist”, was Musik im Gehirn anstellen kann
Sigmund Freud wehrte sich geradezu verstört gegen Kunst, die wie die Musik eine rätselhafte, unheimliche Verführungskraft besitzt und sich dem Analysieren entzieht: „Wo ich das nicht kann, z. B. in der Musik, bin ich fast genussunfähig. Eine rationalistische oder vielleicht analytische Anlage sträubt sich in mir dagegen, dass ich ergriffen sein und dabei nicht wissen solle, warum ich es bin und was mich ergreift.” Freuds Aversion gegen Musik befremdet Oliver Sacks, den berühmten aus England stammenden, in New York praktizierenden Neurologen, genauso wie die Kaum-Erwähnung von Musik im Werk der Brüder William und Henry James. Sacks versucht dieses Manko sich damit zu erklären, dass die Brüder vielleicht in einer musiklosen Familie aufwuchsen und solcher Mangel in frühester Kindheit „eine Art emotionaler Amusie hervorruft”.
Freud und die Brüder James erinnern an jene außerirdischen „Overlords” aus Arthur C. Clarkes Science-Fiction-Roman „Die letzte Generation”, mit denen Sacks sein Buch „Musicophilia. Tales of Music and the Brain” – der deutsche Titel klingt nüchterner, unliterarischer: „Der einarmige Pianist. Über Musik und das Gehirn” – einleitet. Die Overlords staunen nämlich über jene Eigenart der Menschen, „mit bedeutungslosen Tonmustern” zu spielen und ihnen zu lauschen und überhaupt unverständlich viel Zeit mit dem zu verbringen, „was sie Musik nennen und darin völlig versinken”.
Erst seit 1980, so Sacks, habe man begonnen, Musik neurowissenschaftlich zu untersuchen. Inzwischen habe die Forschung rasch zugenommen, unter anderem durch „neue Techniken, die es uns ermöglichen, das lebende Gehirn zu beobachten, während Menschen Musik hören, sich vorstellen und sogar komponieren”. In seinem Buch geht es auf vielfältige Weise um jene die Menschen seit Urzeiten beherrschende geheimnisvolle Macht der Musik: beispielsweise als Therapeutikum oder als Suchtphänomen, als halluzinatorische Belästigung und als quälende Last; es geht auch um jene, die Musik leider kalt und gleichgültig lässt, dann wieder um die Identität schaffenden Erweckungswunder, die Musik bei Autisten und Parkinson-Kranken auslösen kann: „Diese ,Musikophilie‘ liegt in der menschlichen Natur.”
Sacks bleibt dabei immer Neurologe und gibt sich keineswegs als Musikkenner aus. Er deutet daher nicht musikalische Werke und ihre Aufführungen und pflegt ein wohltuendes Understatement bei seinen vorsichtig eingestreuten Überlegungen zu Ursprung, Sinn und Zweck von Musik. Er erzählt so elegant wie warmherzig von Patienten unterschiedlichster Art und ihren Begegnungen, Liebesaffären und sonstigen Erlebnissen mit Musik. Es sind Patienten, auf deren Gehirne, mögen sie durch Unfälle oder Operationen verletzt, von Schlaganfällen lädiert, von platzenden Aneurismen ruiniert oder von Defekten und Absonderlichkeiten geprägt sein, trotz allem die Musik einwirkt – auf, man kann es nicht anders sagen, wundersame Weise.
Die aufgeführten Fälle verwandelt Sacks bei aller wissenschaftlichen Seriosität (das Buch hat haufenweise Fußnoten, aber leider kein Personen- und Sachregister) in veritable Geschichten von echten Personen, die nicht nur spannend, sondern anrührend und sogar bewegend erzählt sind. Nie verdeckt sein medizinisches Interesse an der Krankheit und den Therapiemöglichkeiten das je individuelle menschliche Schicksal, sodass ein Kaleidoskop höchst verschiedener und immer originaler „Helden” ausgebreitet wird, deren Gemeinsamkeit nicht so sehr im Umstand ihres Krankseins liegt als viel mehr in ihren Affären mit der Musik.
Gleich die erste Geschichte erscheint nahezu unglaublich: Da wird der Orthopäde Dr. Cicoria während des Telefonierens beim Gewitter durch das Telefon hindurch vom Blitz getroffen – Verbrennungen, Herzstillstand, Nahtod-Erfahrung und Rückkehr ins Leben binnen Minuten. Die Heilung geht rasch voran, es gibt anfangs keinerlei neurologische Befunde. Doch ein paar Wochen später setzt Ungewöhnliches ein: Dr. Cicoria wird von der unbezähmbaren Sucht nach Klaviermusik befallen. Also besorgt er sich Chopin-Aufnahmen, fängt an, Klavier zu üben und sich selbst an Chopin zu versuchen. Damit nicht genug, Cicoria hört im Geiste plötzlich neue, seine eigene Musik, die nicht mehr aufhören will. Er beginnt, das Gehörte niederzuschreiben. Einige Jahre später tritt Dr. Cicoria öffentlich auf, spielt erst Chopins b-Moll Scherzo und dann eine eigene Rhapsodie. Oliver Sacks überlegt als Neurologe, dass der Blitzschlag Cicorias Hirn verändert haben müsse und letztlich diese leidenschaftliche Musikophilie auslöste. Die beiden Ärzte beschließen, die Sache genauer zu prüfen, doch dann zieht Dr. Cicoria zurück: Es sei vielleicht das Beste, alles auf sich beruhen zu lassen. Er habe Glück gehabt, und die Musik, egal, wie er zu ihr gekommen sei, sei ein Segen, eine Gnade, die er nicht in Frage stellen wolle.
Sacks geht auch Phänomenen wie dem absoluten Gehör nach, dem „guten Ohr”, oder der Musikalität im allgemeinen. Er berichtet vom Fall des berühmten Pianisten Paul Wittgenstein – dem Bruder des Philosophen –, der im Ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verlor und aus dem Mangel eine Tugend machte, in dem er Komponisten wie Hindemith, Ravel, Prokofjew und andere zu Stücken anregte, die nur mit der linken Hand gespielt werden. Auch der große Pianist Leon Fleisher konnte jahrzehntelang nur linkshändig spielen, weil ein Krampf, eine fokale Dystonie, seine rechte Hand lähmte. Erst in den letzten Jahren halfen eine neue Medikation und spezielle Massagen ihn wieder zum Beidhänder am Klavier zu machen. Leon Fleisher besucht Sacks und schildert seine Martyrium. Am Ende des Treffens spielt Fleisher auf Sacks’ Flügel, und es ergreift den Arzt: „Wie ein Alchemist schien Fleisher die Schönheit Tropfen für Tropfen herauszudestillieren und in fließende Töne von nahezu unerträglicher Eindringlichkeit zu verwandeln – und danach gab es nichts mehr zu sagen.”
Auch die Geschichte von Clive, dem Sänger und Chorleiter, geschlagen mit schwerem Gedächtnisverlust als Folge einer Enzephalitis, beweist, dass Musik in tieferen Schichten des Gehirns und damit auch der Persönlichkeit verankert ist. Denn wenn Clive singt, bleibt der musikalische Zusammenhang für ihn bestehen, solange musiziert wird. Und dass Clive sich unaufhörlich aufs Neue in seine Frau Deborah verliebt, lässt wohl niemanden unberührt.
Durch dieses wunderbare Buch hindurch klingt der Ton der Musik, der auch noch das reduziertetste Bewusstsein augenblicklich ganz erfüllt. Es ist jener Augenblick, in dem Vergangenheit und Zukunft eins werden mit der Gegenwart.
HARALD EGGEBRECHT
OLIVER SACKS: Der einarmige Pianist. Über Musik und das Gehirn. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2008. 398 Seiten, 19,90 Euro.
Oliver Sacks, Neurologe und Schriftsteller Foto: Artz/laif
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2008

Der iPod in unserem Gehirn
Geschichtenerzähler: Der Neurologe Oliver Sacks zeigt uns seine Fallsammlung musikalischer Freaks / Von Julia Spinola

Ein zweiundvierzig Jahre alter Mann wird vom Blitz getroffen, überlebt einen Herzstillstand und kann schon nach wenigen Wochen problemlos seine Arbeit als Chirurg wiederaufnehmen. Seine medizinischen Werte sind unauffällig. Doch sein Leben hat sich radikal geändert. Der Mensch, der zuvor nur Rockmusik geliebt hatte, wird fortan dominiert von einem suchtartigen Verlangen nach romantischer Klaviermusik. Er kauft sich einen Flügel und investiert Unsummen in Schallplatten, Noten und Klavierunterricht. Er wird überflutet von musikalischen Vorstellungen, die ihn ganze Nächte lang wach halten. Er beginnt zu komponieren und Konzerte zu geben. Und er lässt sich scheiden, weil in seinem Leben kein Platz mehr ist für etwas anderes als Musik. Ein anderer Mann, ein Komponist hochkomplexer atonaler Werke, wird plötzlich von quälenden musikalischen Halluzinationen verfolgt. Er hört höchst "real" die abgedroschensten Weihnachtslieder und klagt darüber, dass der "iPod in seinem Hirn" sich nicht ausschalten lasse.

"Musicophilia" nennt der amerikanische Neurologe und Erfolgsautor Oliver Sacks - Verfasser von "Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte" und "Awakenings - Zeit des Erwachens" - sein neuestes Buch, das in den Vereinigten Staaten bereits zum Bestseller wurde. Nicht ganz zufällig klingt diese Wortschöpfung ein wenig wie der Name einer geheimnisvollen Krankheit. Während jedoch die Nekrophilie und die Pädophilie glücklicherweise in unserer Gesellschaft nicht den Regelfall bilden, die Petrophilie nur unter Flechten und Moosen Verbreitung findet, die Frankophilie zumindest in Deutschland ein historisch relativ junges Phänomen darstellt und man selbst von der weltweit verbreiteten Bibliophilie nicht behaupten kann, dass sie jedermann beträfe, handelt es sich Oliver Sacks zufolge bei der Musikophilie um eine universell zu nennende Erscheinung. Alle Menschen - seltene pathologische Fälle von Amusie, einer angeborenen Tonhöhentaubheit, ausgenommen - sind mehr oder weniger empfänglich für die unzähligen Wirkungen, die Musik auf unser Nervensystem ausübt. Unsere Gehirne sind mit einer einzigartigen Fähigkeit zum inneren Hören ausgestattet, einem System musikalischer Vorstellungskraft, das willkürlich und unwillkürlich aktiviert werden kann und dessen Komplexität die durch andere Sinneswahrnehmungen angeregte Einbildungsfähigkeit weit übersteigt. Gerüche, Bilder oder Geräusche tauchen nicht annähernd so elaboriert in unserem Inneren auf wie Melodien oder Klänge. Nur sprachliche Zusammenhänge können wir genauso detailliert imaginieren wie Musik.

Sacks geht der Frage nach, worin Musikalität bestehe, und kommt zu dem Schluss, dass sie sich nur als ein Zusammenspiel verschiedenartigster Fähigkeiten verstehen ließe. Einfache Unterscheidungsfähigkeiten wie das genaue Erkennen von Tonhöhen, Intervallen, Rhythmen und Tempi zählt er ebenso dazu wie motorische Fertigkeiten, die das Erlernen eines Instrumentes erleichtern können. Eine spezifische Empfindsamkeit hält er für ebenso wichtig wie die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu erfassen und gleichzeitig in die Vertikale der Harmonik und die Horizontale der Melodik zu hören. Seine Intuition, dass Musiker ein "ganz spezielles Gehirn" besäßen, sieht Sacks bestätigt durch die Forschungsergebnisse von Gottfried Schlaug und seinen Mitarbeitern, die schon Mitte der neunziger Jahre auf die anatomischen Besonderheiten von Musikerhirnen hingewiesen haben: die Vergrößerung bestimmter Hirnregionen und des Corpus Callosum, das die beiden Hemisphären verbindet, und die größere Menge an grauer Substanz in Regionen, die für die Motorik, die auditive und die räumlich-visuelle Wahrnehmung zuständig sind.

Sacks beschwört das Mysterium der Musik in einer Fülle von anschaulichen, manchmal skurrilen, gelegentlich unglaublichen Fallbeschreibungen, die verschiedenste Aspekte des Themas berühren. Wir erfahren, dass weniger als einer von zehntausend Menschen über das absolute Gehör, also die Fähigkeit, einem gehörten Ton den richtigen Tonhöhennamen zuzuordnen, verfügt, während es jedoch unter Blinden, unter Musikern und unter Chinesen eine ungleich höhere Anzahl von Absoluthörern gibt. Wir wundern uns über einen Psychoanalytiker, der in musikalischen Halluzinationen von einem singenden Rabbi gequält wurde, und über einen nur vermeintlich singenden, in Wahrheit aber tonhöhentauben Kantor, dessen schräge Kantillationen Sacks selbst quälten. Wir lesen von Synästhetikern, die zu jeder Tonhöhe bestimmte Farben, in selteneren Fällen auch Geschmäcker und Gerüche wahrnehmen. Wir lernen Menschen kennen, bei denen Musik epileptische Anfälle begleitete oder sogar auslöste, und solche, die durch Musik von ernsthaften Krankheiten vollständig oder partiell geheilt wurden - darunter Fälle schwerster Amnesie, Demenz, Aphasie, Parkinson und Schlaganfallsfolgen. Um Erklärungen geht es Sacks in seinem Buch selten - der Untertitel "Geschichten von der Musik und vom Gehirn" ist durchaus wörtlich zu nehmen.

Dass Sacks dem Geheimnis der Musik trotz seiner großen Erfahrung, seiner Einfühlungsgabe und seiner Phantasie nicht wirklich näher kommt, liegt auch an einer Voreinstellung, die alle weiteren Erklärungsmodelle blockiert. "Warum diese unablässige Suche nach Bedeutung oder Interpretation?", fragt er. "Es ist nicht gewiss, dass die Künste überhaupt danach verlangen. Und von allen Künsten tut es die Musik sicher am wenigsten, weil sie am engsten mit den Emotionen verknüpft ist." Dass im Reich der Emotionen nichts als die pure Irrationalität regiere, ist nun freilich eine Vorstellung, die spätestens seit Freud, auf den sich Sacks an anderer Stelle durchaus beruft, als widerlegt gelten kann. Für Sacks aber zerfällt die Musik in zwei unversöhnliche Sphären: eine der formalen, geradezu mathematischen Perfektion und eine der großen, ungeordneten Gefühle. Dass die eine Seite von der anderen nicht zu trennen ist, kann oder will er sich nicht vorstellen. Eine zentrale Qualität von Musik, ihre nichtverbale Ausdruckskraft, bleibt in diesem Buch daher ein blinder Fleck. In den spezifischen Differenzen und Parallelen der Musik zur begrifflichen Sprache wäre jedoch der Schlüssel zu den von Sacks beobachteten, scheinbar durch und durch nur rätselhaften Phänomenen zu suchen. Ohne diese Anstrengung bleibt es bei einem flotten Spaziergang durch ein Kuriositätenkabinett.

Oliver Sacks: "Musicophilia. Tales of Music and the Brain". Alfred A. Knopf Verlag. New York/Toronto, 2007. 381 S., geb., 19,60 [Euro].

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