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Nach "Mörder" und "Kriminelle" nun der überraschende Abschluß der Trilogie: Schriftsteller Luc Paradis ist noch weit davon entfernt, seine Ex-Frau Eileen vergessen zu können, als sich seine Ex-Schwiegermutter Josianne bei ihm einquartiert. Luc tritt als freundlicher Gastgeber auf, ist aber doch nervös. Was wollen die beiden Frauen von ihm? Was will er von Ihnen? Es beginnt ein Ränkelspiel der Eifersucht und Leidenschaft, aus denen keiner unverletzt davonkommt.

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Produktbeschreibung
Nach "Mörder" und "Kriminelle" nun der überraschende Abschluß der Trilogie: Schriftsteller Luc Paradis ist noch weit davon entfernt, seine Ex-Frau Eileen vergessen zu können, als sich seine Ex-Schwiegermutter Josianne bei ihm einquartiert. Luc tritt als freundlicher Gastgeber auf, ist aber doch nervös. Was wollen die beiden Frauen von ihm? Was will er von Ihnen? Es beginnt ein Ränkelspiel der Eifersucht und Leidenschaft, aus denen keiner unverletzt davonkommt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.01.2000

Klonen, was das Fleisch hält
Der Trost der Schwiegermutter: Philippe Djian liebt es deftig

Kosten oder auskosten - das ist die Frage, wenn ein Autor ein apartes Motiv gefunden hat. Thomas Mann erwartet von seinem Helden Felix Krull, dass er seinen Charme noch einmal steigert und das Augenspiel in aller Virtuosität übt, wenn er ihn, verliebt nach beiden Seiten, zwischen Mutter und Tochter spazieren lässt. Die Damen des Professors Kuckuck sind die elegante Umrahmung der Lügen dieses Hochstaplers; aber auch wenn Felix Krull am Ende des Romanfragments "ins Reich der Wonne" getragen wird, so fehlen dem Autor offensichtlich die Worte. Der Leser kann die Szene nicht "auskosten", er muss sie sich selbst "ausmalen", so köstlich wie er es eben haben will. Philippe Djian dagegen lässt alle Höllengeister der Sinnlichkeit los, wenn er seinen Luc Paradis in die Zwickmühle zwischen Mutter und Tochter bringt, und der Leser hat mit ihm alle Leiden und Freuden der Versuchung auszukosten, bis es endlich im ganz modernen Sinne "paradiesisch", nämlich gehörig sündhaft, wird. Das ist nun einmal, so mag sich der Autor gesagt haben, im Einerlei der Beziehungskisten, inmitten des Küchenparlando, der Grübeleien am Steuer mit deprimierender Selbsterkenntnis ein handlungsträchtiger Einfall: der Ehemann, der die Untreue seiner Frau und ihren Auszug nicht verschmerzen kann und sich unversehens von deren Mutter aufgesucht sieht, die für längere Zeit in seine Wohnung einzieht.

Die sechzigjährige Josianne hat - ein Hoffnungsschimmer für die Leserinnen, die in ungefähr dem gleichen Alter sind - alle Reize einer Ehebrecherin, ja sie beweist, wenn endlich die Leidenschaft losbricht, mehr aufgestaute Vitalität und vielleicht sogar mehr Liebeskunst als ihre Tochter Eileen. Philippe Djian liegt mit seinem Sujet ganz im Trend der Zeit: Tina Turner, die in voller erotischer Attraktivität gerade ihren Geburtstag feierte, oder so manch anderer gealterter Filmstern dürfte Djian Modell gestanden haben. Dem Autor geht es angeblich nicht darum, den Leser durch pornografische Szenen aufzureizen. Wenn allerdings bei der heutigen Freizügigkeit des Denkens und der Helle des Bewusstseins von der erotischen Natur des Menschen diese Gattung überhaupt noch möglich wäre, so wäre der zweite Teil des Buches ein pornografischer Roman zu nennen. Wer die Lektüre bis dahin durchhält, muss einigermaßen überrascht sein über die Deftigkeit der Sprache, die mit einem Male der Autor führt. Die Direktheit der Beschreibung, wie sich der Held im Bett der Ehefrau, der Freundin, der Mutter abrackert, muss seinem Leser geradezu unangenehm sein, denn falls dieser sich durch die vorangehende literarische Flaute nicht abhalten lassen weiterzulesen, liebt er die Stille und nicht den Sturm.

Aber die Pornografie soll schließlich doch nur das Medium für eine psychologische Studie sein, die noch dazu die modernsten wissenschaftlichen Erkenntnisse tangiert: Welche Chancen hat die Liebe, wenn Menschen geklont werden können? Treue und Untreue wären nur noch Erfindungen alter Märchen und schlechter Romane, wenn das Objekt der Begierde so schnell und vielleicht noch besser wiederzuhaben ist. Bei einer Karambolage muss Luc Paradis die verführerische Schwiegermutter aus dem Auto heben, und nun sieht er sich zum ersten Mal herausgefordert, einen Vergleich mit der geliebten und untreuen Frau anzustellen: "Gleiches Gewicht, gleiche Größe, gleicher Gesamteindruck. Was gibt's da noch zu sagen? Dass sie sich im Rücken versteifte? Zögerte, sich an meinem Hals festzuhalten? Ihren Arm um mich zu legen? Eileen war nicht sicherer, beim ersten Mal . . . Aber wirklich, was für einen Streich wollte man mir spielen? Klont mir Eileen, und ihr werdet sehen, ob ich durcheinandergerate."

Das Klonen hat Philippe Djian, der in Frankreich gern gelesene Autor, auch als literarische Taktik eingesetzt, und diese ist offensichtlich leichter zu handhaben als jede Genmanipulation. Geklont treten die Figuren seiner früheren Romane, "Mörder" und "Kriminelle", auch in diesem Buch auf. Er selbst ist der Autor, der noch immer an diesen beiden Romanen arbeitet, und auch seine Nachbarn verwandeln sich für ihn und seine Freunde manchmal in Mörder und Kriminelle. Freilich mündet diese Wiedergeburt der Fiktion in der neuen Fiktion - eine für die Moderne obligate Reflexion über die "Literarizität" von Literatur - in etwas, was zum Beispiel Italo Calvino für Literaturwissenschaftler so faszinierend macht, indem er so tut, als werde der Roman gerade erst geschrieben, indem ihn der Leser schon liest. Ob nun Djians "geklonter" Roman in gleichem Maße hinreißender ist wie die in der Schwiegermutter wieder auferstandene Tochter, dürfen die Fans von Philippe Djian entscheiden.

HANNELORE SCHLAFFER

Philippe Djian: "Heißer Herbst". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Ulrich Hartmann. Diogenes Verlag, Zürich. 287 S., geb., 39,90 DM.

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