Tamara Bach ist James Krüss-Preisträgerin 2021!
Ein beeindruckendes, ungewöhnliches Buch über die Schule und das Leben!
Wer kann sich nicht an seine Klassenreisen erinnern, an ungerechte Lehrer und das Gefühl, diesen einen Moment für immer festhalten zu wollen?
Auch in diesem Buch hat Tamara Bach genau beobachtet und meisterhaft erzählt. Es gelingt ihr, das Lebensgefühl der Jugendlichen einzufangen und uns als Leser direkt daran teilhaben zu lassen: authentisch, eindringlich und mit einer großen Portion Humor!
Irgendetwas ist schrecklich schiefgegangen auf der Klassenfahrt der 10b. Das sagen zumindest die anderen. Und dass es deshalb heute Abend eine Klassenkonferenz mit ALLEN Eltern gibt. Aber keiner weiß, was genau passiert ist. Eine Art Machtkampf zwischen Schülern und Lehrern. Ob in dem Protokoll mehr steht? Und ob wirklich eine ganze Klasse von der Schule geschmissen werden kann?
»Ein Glücksfall« (FAZ)
»Eine literarische Bereicherung für Herz und Kopf.« (Almanach der Kinderliteratur)
Ein beeindruckendes, ungewöhnliches Buch über die Schule und das Leben!
Wer kann sich nicht an seine Klassenreisen erinnern, an ungerechte Lehrer und das Gefühl, diesen einen Moment für immer festhalten zu wollen?
Auch in diesem Buch hat Tamara Bach genau beobachtet und meisterhaft erzählt. Es gelingt ihr, das Lebensgefühl der Jugendlichen einzufangen und uns als Leser direkt daran teilhaben zu lassen: authentisch, eindringlich und mit einer großen Portion Humor!
Irgendetwas ist schrecklich schiefgegangen auf der Klassenfahrt der 10b. Das sagen zumindest die anderen. Und dass es deshalb heute Abend eine Klassenkonferenz mit ALLEN Eltern gibt. Aber keiner weiß, was genau passiert ist. Eine Art Machtkampf zwischen Schülern und Lehrern. Ob in dem Protokoll mehr steht? Und ob wirklich eine ganze Klasse von der Schule geschmissen werden kann?
»Ein Glücksfall« (FAZ)
»Eine literarische Bereicherung für Herz und Kopf.« (Almanach der Kinderliteratur)
"Authentisch, eindringlich und mit einer großen Portion Humor." Mein Samstag 20230812
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2020Jetzt sind sie wirklich eine Klasse
Der Geschichtslehrer und seine Feinde: Tamara Bachs Roman "Sankt Irgendwas" erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Abschlussfahrt.
Von Anna Vollmer
Hast du was gehört von der b?" "Wieso gehört? Was ist denn passiert, ist was passiert?" "Auf der Klassenfahrt." "Ich hab gehört, dass die jetzt alle verwarnt sind."
Auf den ersten Seiten von Tamara Bachs "Sankt Irgendwas" ist der Ton schon gesetzt - der Sound des Schulhofs. Gruppen in der Pause, vielleicht kurz vor Schulschluss, sie quasseln und fallen sich ins Wort. Denn in der Parallelklasse ist irgendetwas passiert. Das ist aufregend, alle wollen mehr wissen, mutmaßen, wollen irgendwen finden, der dabei war, den man ausquetschen kann. Die Gerüchte überschlagen sich: Drogen, Brandstiftung, ein Anschlag? Was könnte eine ganze Klasse verbrochen haben, woran könnte jeder Einzelne mitschuldig sein, was so schlimm ist, dass gleich alle Eltern zum Elternabend einberufen werden?
Es ist ein Rätsel, das über lange Zeit auch die Leser begleiten wird, die all ihr Wissen allein von den Schülern beziehen. Vom Geplapper der Parallelklassen und vom Klassenfahrtprotokoll der 10b, das die Schüler über ihre Reise nach "Sankt Irgendwas" führen - einer Stadt irgendwo im Süden, vielleicht in Italien, vielleicht in Kroatien, "irgendwas mit Ruinen" jedenfalls.
Es wäre unklug, nun allzu viel von dem zu verraten, was auf dieser Fahrt passiert. Denn natürlich lebt Bachs Buch auch von der Spannung, das herausfinden zu wollen, und von der Überraschung am Ende. Eins soll hier vorweggenommen werden: In die Luft fliegt nichts. Das würde gar nicht zu Bachs Erzählweise passen, die subtil die Gräben aufzeigt, die sich zwischen der Klasse und ihrem Lehrer, "dem Utz", aufgetan haben.
Schon im Getuschel auf dem Schulhof wird verraten, was der Utz für einer ist: ein angestaubter Geschichtslehrer, der bevorzugt lange, dröge Monologe hält und der schon vor Beginn der Fahrt ein paar seiner Schüler auf dem Kieker hat. Ein Lehrer, der in seinen Schülern offensichtlich Feinde sieht, weil er ihre Welt nicht versteht. Sogar "die Kaiserin", die andere Lehrerin mit auf Klassenfahrt, weiß, "dass jemand wie der Utz nicht mehr aus seiner Haut kann, dass der nicht mehr umlernt". Wenn das im Unterricht schon ein Problem war, so wird es auf Klassenfahrt ein noch größeres.
Schon in ihren vorherigen Büchern hatte Tamara Bach, Jahrgang 1976, ein Gespür für Zeitgeist. Ihr erstes Buch "Marsmädchen" aus dem Jahr 2003, für das sie unter anderem den Deutschen Jugendliteraturpreis bekam, beschrieb die Liebesgeschichte zwischen zwei Mädchen, lange bevor Homosexualität in der Jugendliteratur zu dem Thema wurde, das es inzwischen ist. Auch "Sankt Irgendwas" merkt man beim Lesen an, dass dieses Buch genau jetzt geschrieben werden musste, denn es geht, ganz nebenbei und wie dahingetupft, um viele Debatten, die wir gerade führen. Um Schüler, die ihren Lehrer zurechtweisen, wenn der, wie sie finden, sexistische, rassistische oder homophobe Witze macht, die keiner von ihnen lustig findet. Und für die psychische Probleme ernst zu nehmen und keine "neumodischen Psychowehwehchen" sind.
Doch wäre dieser Roman nicht der, der er ist, wenn "Sankt Irgendwas" trotz aktueller Bezüge nicht auch eine universelle Geschichte erzählte. Denn das Gefühl der letzten Klassenfahrt wird immer dasselbe sein. Bach braucht wenige Worte, um das zu beschreiben: "Jetzt sind wir eine Klasse. In zwei Wochen sind wir das nicht mehr." Keine banale Feststellung von Tatsachen: Die beiden Sätze enthalten zwischen den Zeilen all die Gefühle, die man mit dem Ende eines Lebensabschnitts, mit einem Abschied, eben verbindet - egal wie sie aussehen mögen.
Die Schönheit der Geschichte, die hier erzählt wird, liegt in dem Gefühl, eine Klasse zu sein, zumindest jetzt noch, in der Zugehörigkeit und Solidarität zwischen allen - und in einer plötzlichen Allianz, mit der niemand gerechnet hätte. Das ganze Buch hindurch ist man berührt von diesen Jugendlichen, die so bedingungslos zueinander halten. Als in der Klasse jemand droht wegen einer Regelwidrigkeit aufzufliegen und der Utz tobt, sind die anderen an seiner Seite. Bei Bach klingt das so: "Und hinter ihm war jemand aufgeregt, aber jemandem wurden auch Hände auf die Schulter gelegt. Nein, melde dich nicht."
Es ist das Gegenteil der nicht selten getroffenen Aussage, echte Freundschaften litten, weil Jugendliche ständig am Handy hingen. Bach weiß nur zu gut: Auch dort kommunizieren sie mit Menschen, die sie gern haben, für die sie da sein wollen. Etwas, das der Utz in "Sankt Irgendwas" wiederum absolut nicht verstehen kann.
In diesem Buch, das vor allem von Zusammenhalt und Gemeinschaft erzählt, sticht keine einzige Figur hervor. Selbst wer das Protokoll führt, wer also spricht, weiß man irgendwann nicht mehr genau. Denn die Schüler haben entschieden, nichts zu verraten, nichts zu teilen. Und da Bachs Stimme gänzlich hinter den Stimmen der Schüler verschwindet, teilen sie auch uns nicht alles mit. Doch das ist nicht schlimm, im Gegenteil, denn in ihrer Vagheit, in ihren kurzen Sätzen, die der Vorstellung viel Raum lassen, liegt die ganze Stärke der Erzählung. Niemanden in den Fokus zu stellen, keine Orte zu nennen ist auch deshalb eine sehr treffende stilistische Entscheidung, weil sich diese Konflikte gerade an vielen Schulen abspielen. Und auch schon immer abgespielt haben.
Tamara Bach: "Sankt Irgendwas". Roman.
Carlsen Verlag, Hamburg 2020. 128 S., geb., 13,- [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Geschichtslehrer und seine Feinde: Tamara Bachs Roman "Sankt Irgendwas" erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Abschlussfahrt.
Von Anna Vollmer
Hast du was gehört von der b?" "Wieso gehört? Was ist denn passiert, ist was passiert?" "Auf der Klassenfahrt." "Ich hab gehört, dass die jetzt alle verwarnt sind."
Auf den ersten Seiten von Tamara Bachs "Sankt Irgendwas" ist der Ton schon gesetzt - der Sound des Schulhofs. Gruppen in der Pause, vielleicht kurz vor Schulschluss, sie quasseln und fallen sich ins Wort. Denn in der Parallelklasse ist irgendetwas passiert. Das ist aufregend, alle wollen mehr wissen, mutmaßen, wollen irgendwen finden, der dabei war, den man ausquetschen kann. Die Gerüchte überschlagen sich: Drogen, Brandstiftung, ein Anschlag? Was könnte eine ganze Klasse verbrochen haben, woran könnte jeder Einzelne mitschuldig sein, was so schlimm ist, dass gleich alle Eltern zum Elternabend einberufen werden?
Es ist ein Rätsel, das über lange Zeit auch die Leser begleiten wird, die all ihr Wissen allein von den Schülern beziehen. Vom Geplapper der Parallelklassen und vom Klassenfahrtprotokoll der 10b, das die Schüler über ihre Reise nach "Sankt Irgendwas" führen - einer Stadt irgendwo im Süden, vielleicht in Italien, vielleicht in Kroatien, "irgendwas mit Ruinen" jedenfalls.
Es wäre unklug, nun allzu viel von dem zu verraten, was auf dieser Fahrt passiert. Denn natürlich lebt Bachs Buch auch von der Spannung, das herausfinden zu wollen, und von der Überraschung am Ende. Eins soll hier vorweggenommen werden: In die Luft fliegt nichts. Das würde gar nicht zu Bachs Erzählweise passen, die subtil die Gräben aufzeigt, die sich zwischen der Klasse und ihrem Lehrer, "dem Utz", aufgetan haben.
Schon im Getuschel auf dem Schulhof wird verraten, was der Utz für einer ist: ein angestaubter Geschichtslehrer, der bevorzugt lange, dröge Monologe hält und der schon vor Beginn der Fahrt ein paar seiner Schüler auf dem Kieker hat. Ein Lehrer, der in seinen Schülern offensichtlich Feinde sieht, weil er ihre Welt nicht versteht. Sogar "die Kaiserin", die andere Lehrerin mit auf Klassenfahrt, weiß, "dass jemand wie der Utz nicht mehr aus seiner Haut kann, dass der nicht mehr umlernt". Wenn das im Unterricht schon ein Problem war, so wird es auf Klassenfahrt ein noch größeres.
Schon in ihren vorherigen Büchern hatte Tamara Bach, Jahrgang 1976, ein Gespür für Zeitgeist. Ihr erstes Buch "Marsmädchen" aus dem Jahr 2003, für das sie unter anderem den Deutschen Jugendliteraturpreis bekam, beschrieb die Liebesgeschichte zwischen zwei Mädchen, lange bevor Homosexualität in der Jugendliteratur zu dem Thema wurde, das es inzwischen ist. Auch "Sankt Irgendwas" merkt man beim Lesen an, dass dieses Buch genau jetzt geschrieben werden musste, denn es geht, ganz nebenbei und wie dahingetupft, um viele Debatten, die wir gerade führen. Um Schüler, die ihren Lehrer zurechtweisen, wenn der, wie sie finden, sexistische, rassistische oder homophobe Witze macht, die keiner von ihnen lustig findet. Und für die psychische Probleme ernst zu nehmen und keine "neumodischen Psychowehwehchen" sind.
Doch wäre dieser Roman nicht der, der er ist, wenn "Sankt Irgendwas" trotz aktueller Bezüge nicht auch eine universelle Geschichte erzählte. Denn das Gefühl der letzten Klassenfahrt wird immer dasselbe sein. Bach braucht wenige Worte, um das zu beschreiben: "Jetzt sind wir eine Klasse. In zwei Wochen sind wir das nicht mehr." Keine banale Feststellung von Tatsachen: Die beiden Sätze enthalten zwischen den Zeilen all die Gefühle, die man mit dem Ende eines Lebensabschnitts, mit einem Abschied, eben verbindet - egal wie sie aussehen mögen.
Die Schönheit der Geschichte, die hier erzählt wird, liegt in dem Gefühl, eine Klasse zu sein, zumindest jetzt noch, in der Zugehörigkeit und Solidarität zwischen allen - und in einer plötzlichen Allianz, mit der niemand gerechnet hätte. Das ganze Buch hindurch ist man berührt von diesen Jugendlichen, die so bedingungslos zueinander halten. Als in der Klasse jemand droht wegen einer Regelwidrigkeit aufzufliegen und der Utz tobt, sind die anderen an seiner Seite. Bei Bach klingt das so: "Und hinter ihm war jemand aufgeregt, aber jemandem wurden auch Hände auf die Schulter gelegt. Nein, melde dich nicht."
Es ist das Gegenteil der nicht selten getroffenen Aussage, echte Freundschaften litten, weil Jugendliche ständig am Handy hingen. Bach weiß nur zu gut: Auch dort kommunizieren sie mit Menschen, die sie gern haben, für die sie da sein wollen. Etwas, das der Utz in "Sankt Irgendwas" wiederum absolut nicht verstehen kann.
In diesem Buch, das vor allem von Zusammenhalt und Gemeinschaft erzählt, sticht keine einzige Figur hervor. Selbst wer das Protokoll führt, wer also spricht, weiß man irgendwann nicht mehr genau. Denn die Schüler haben entschieden, nichts zu verraten, nichts zu teilen. Und da Bachs Stimme gänzlich hinter den Stimmen der Schüler verschwindet, teilen sie auch uns nicht alles mit. Doch das ist nicht schlimm, im Gegenteil, denn in ihrer Vagheit, in ihren kurzen Sätzen, die der Vorstellung viel Raum lassen, liegt die ganze Stärke der Erzählung. Niemanden in den Fokus zu stellen, keine Orte zu nennen ist auch deshalb eine sehr treffende stilistische Entscheidung, weil sich diese Konflikte gerade an vielen Schulen abspielen. Und auch schon immer abgespielt haben.
Tamara Bach: "Sankt Irgendwas". Roman.
Carlsen Verlag, Hamburg 2020. 128 S., geb., 13,- [Euro]. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensentin Anna Heidrich gefällt Tamara Bachs Jugendroman, in dem die Studienfahrt einer 10. Klasse mit einer Verwarnung der ganzen Klasse endet. Heidrich lobt, wie spannend die renommierte Jugendbuchautorin das Geschehen aus der Perspektive verschiedener Jugendlicher aufrolle, sowie die Situationskomik, die aus der Abweichung der Geschehnisse vom ursprünglichen Zeitplan des pedantischen Lehrers entstehe. "Mühelos" und mit "feinem Gespür" beschreibe Bach die Unbefangenheit, aber auch die kritische Einstellung der Schüler, die sich nach einem Schlüsselereignis letztlich die Frage nach Solidarität stellen müssen.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.10.2020Hast du was gehört von der b?
Die Geschichte einer ungewöhnlichen Klassenfahrt
Ein Jahr nach „Wörter mit L.“ ist jetzt im Carlsen Verlag der neue Roman von Tamara Bach erschienen, einer der renommiertesten deutschen Jugendbuchautorinnen. Bereits ihr Debüt „Marsmädchen“ (2003), das von der Freundschaft und Liebe zweier Mädchen handelt, wurde mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. In „Sankt Irgendwas“, erzählt sie von der Studienfahrt einer 10. Klasse.
Der unmittelbare Einstieg macht schon Lust auf die Geschichte: „Hast du was gehört von der b?‘ ,Wieso gehört? Was ist denn passiert, ist was passiert?‘ ,Auf der Klassenfahrt.‘ ,Ich hab gehört, dass die jetzt alle verwarnt sind.‘ ,Wie verwarnt?‘ ,Eine ganze Klasse?“ Das Getuschel auf dem Schulhof bildet den Rahmen der Geschichte, in der kurz darauf die Erzählebene gewechselt wird und ein Sprung in die Vergangenheit erfolgt, der die Klassenfahrt von Tag eins bis sieben aufrollt. Die Autorin baut geschickt die Spannung auf, lässt verschiedene Jugendliche zu Wort kommen, die die Ereignisse aus ihrer Perspektive darstellen. Auf den Ablaufplan des Klassenlehrers folgt das Protokoll der Schüler und schnell wird klar: Die Realität weicht von der Planung ab. Während die offizielle Agenda des Lehrers stichpunktartig Uhrzeiten, Orte, Programmpunkte auflistet, halten die Schüler das von der Planung abweichende Geschehen emotional fest, ähnlich Tagebucheinträgen. So entsteht Situationskomik, etwa bei Kommentaren zur Busfahrt: „22.15: Man fragt, ob man eine Pullerpause machen könnte. Pullerpause ist erst in einer halben Stunde angedacht. 22.25: Pullerpause wird aus basisdemokratischen Gründen vorverlegt.“ Der Konflikt zwischen Lehrer und Schülern wird immer heftiger: Nicht nur, dass er die Schüler drangsaliert – bei Unwetter durch den Wald treibt, Standpauken hält. Er lässt die gesamte Klasse für Fehltritte Einzelner büßen und versucht, die Schüler gegeneinander aufzuwiegeln. Ernüchterung und Frust über die enttäuschten Erwartungen an eine Fahrt fern ab vom eintönigen Schulalltag machen sich breit. An Tag sechs dann der Eklat: Dem Busfahrer reißt der Geduldsfaden, er lässt den „Klassenfahrtsgrinch“ am Museum zurück und stellt die Schüler vor die Entscheidung: „Wir können wieder zurückfahren, wenn ihr das wollt. Aber ich überlasse das jetzt euch. Was wir weiter tun.“
Mögen Details wie das Handyverbot auf der Klassenfahrt und die Konzeption des Lehrers, der überzogen streng und unfähig ist, sich in die Schüler einzufühlen, im Jahr 2020 irritieren, die Geschichte bleibt glaubwürdig. Es ist das Spiel mit der Vorstellung, was hätte passieren können und doch ausbleibt: kein Alkohol- und Drogenexzess, kein physischer Angriff des Lehrers auf die Klasse. Stattdessen wächst die Solidarität zwischen den Schülern und sie stellen sich die Frage: Wann gilt es, sich für andere einzusetzen und den Ungerechtigkeiten Widerstand zu leisten? Die Autorin zeichnet mühelos, humorvoll und mit einem feinen Gespür für Situationen und Stimmungen die Unbefangenheit und Zuversicht der Jugendlichen nach. Ihre Selbstverständlichkeit, Gegebenes infrage zu stellen. (ab 13 Jahre)
ANNA HEIDRICH
Tamara Bach: Sankt Irgendwas. Carlsen Verlag, Hamburg 2020. 128 Seiten, 13 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Die Geschichte einer ungewöhnlichen Klassenfahrt
Ein Jahr nach „Wörter mit L.“ ist jetzt im Carlsen Verlag der neue Roman von Tamara Bach erschienen, einer der renommiertesten deutschen Jugendbuchautorinnen. Bereits ihr Debüt „Marsmädchen“ (2003), das von der Freundschaft und Liebe zweier Mädchen handelt, wurde mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. In „Sankt Irgendwas“, erzählt sie von der Studienfahrt einer 10. Klasse.
Der unmittelbare Einstieg macht schon Lust auf die Geschichte: „Hast du was gehört von der b?‘ ,Wieso gehört? Was ist denn passiert, ist was passiert?‘ ,Auf der Klassenfahrt.‘ ,Ich hab gehört, dass die jetzt alle verwarnt sind.‘ ,Wie verwarnt?‘ ,Eine ganze Klasse?“ Das Getuschel auf dem Schulhof bildet den Rahmen der Geschichte, in der kurz darauf die Erzählebene gewechselt wird und ein Sprung in die Vergangenheit erfolgt, der die Klassenfahrt von Tag eins bis sieben aufrollt. Die Autorin baut geschickt die Spannung auf, lässt verschiedene Jugendliche zu Wort kommen, die die Ereignisse aus ihrer Perspektive darstellen. Auf den Ablaufplan des Klassenlehrers folgt das Protokoll der Schüler und schnell wird klar: Die Realität weicht von der Planung ab. Während die offizielle Agenda des Lehrers stichpunktartig Uhrzeiten, Orte, Programmpunkte auflistet, halten die Schüler das von der Planung abweichende Geschehen emotional fest, ähnlich Tagebucheinträgen. So entsteht Situationskomik, etwa bei Kommentaren zur Busfahrt: „22.15: Man fragt, ob man eine Pullerpause machen könnte. Pullerpause ist erst in einer halben Stunde angedacht. 22.25: Pullerpause wird aus basisdemokratischen Gründen vorverlegt.“ Der Konflikt zwischen Lehrer und Schülern wird immer heftiger: Nicht nur, dass er die Schüler drangsaliert – bei Unwetter durch den Wald treibt, Standpauken hält. Er lässt die gesamte Klasse für Fehltritte Einzelner büßen und versucht, die Schüler gegeneinander aufzuwiegeln. Ernüchterung und Frust über die enttäuschten Erwartungen an eine Fahrt fern ab vom eintönigen Schulalltag machen sich breit. An Tag sechs dann der Eklat: Dem Busfahrer reißt der Geduldsfaden, er lässt den „Klassenfahrtsgrinch“ am Museum zurück und stellt die Schüler vor die Entscheidung: „Wir können wieder zurückfahren, wenn ihr das wollt. Aber ich überlasse das jetzt euch. Was wir weiter tun.“
Mögen Details wie das Handyverbot auf der Klassenfahrt und die Konzeption des Lehrers, der überzogen streng und unfähig ist, sich in die Schüler einzufühlen, im Jahr 2020 irritieren, die Geschichte bleibt glaubwürdig. Es ist das Spiel mit der Vorstellung, was hätte passieren können und doch ausbleibt: kein Alkohol- und Drogenexzess, kein physischer Angriff des Lehrers auf die Klasse. Stattdessen wächst die Solidarität zwischen den Schülern und sie stellen sich die Frage: Wann gilt es, sich für andere einzusetzen und den Ungerechtigkeiten Widerstand zu leisten? Die Autorin zeichnet mühelos, humorvoll und mit einem feinen Gespür für Situationen und Stimmungen die Unbefangenheit und Zuversicht der Jugendlichen nach. Ihre Selbstverständlichkeit, Gegebenes infrage zu stellen. (ab 13 Jahre)
ANNA HEIDRICH
Tamara Bach: Sankt Irgendwas. Carlsen Verlag, Hamburg 2020. 128 Seiten, 13 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Die Autorin zeichnet mühelos, humorvoll und mit einem feinen Gespür für Situationen und Stimmungen die Unbefangenheit und Zuversicht der Jugendlichen nach. Anna Heidrich Süddeutsche Zeitung 20201023