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Flitterwochen: Ein Musiklehrer und seine junge Frau beschließen, den Vollzug ihrer Ehe noch eine Weile hinauszuzögern: Sie ziehen sich in eine Hütte zurück und leben nur von dem, was sie sammeln und jagen können - bis sie ein Kraut finden, das ein starkes Aphrodisiakum enthält ... In einer anderen Geschichte entwickelt sich eine Einladung zum Käsefondue zum regelrechten Strip-Abend, mit geschmolzenem Käse auf der Haut ... Die sinnlich-appetitlichen Episoden von Jim Graces neuestem Werk nehmen oft überraschende Wendungen hin zum Bizarren und Provokanten. Ein Erlebnis der besonderen Art. Ein…mehr

Produktbeschreibung
Flitterwochen: Ein Musiklehrer und seine junge Frau beschließen, den Vollzug ihrer Ehe noch eine Weile hinauszuzögern: Sie ziehen sich in eine Hütte zurück und leben nur von dem, was sie sammeln und jagen können - bis sie ein Kraut finden, das ein starkes Aphrodisiakum enthält ... In einer anderen Geschichte entwickelt sich eine Einladung zum Käsefondue zum regelrechten Strip-Abend, mit geschmolzenem Käse auf der Haut ... Die sinnlich-appetitlichen Episoden von Jim Graces neuestem Werk nehmen oft überraschende Wendungen hin zum Bizarren und Provokanten. Ein Erlebnis der besonderen Art. Ein überirdischer Genuss eben, wie er sich zum Beispiel in Geschichte 64 manifestiert: "Ach, Süße!"
Autorenporträt
Jim Crace, geb. 1946 in Hertfordshire, nach Studium Wegzug in den Sudan und nach Botswana. Zurück in Großbritannien, tätig als Journalist hauptsächlich für 'The Sunday Times' und 'The Daily Telegraph'. Heute freier Autor, er lebt mit seiner Familie in Birmingham. Zahlreiche Romanveröffentlichungen mit Übersetzungen in mehr als 15 Sprachen. Ausgezeichnet u. . mit dem Whitbread Novel of the Year, den E. M. Forster Award und Nominierung für den Booker Prize.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.05.2002

Pflaumenblüten
Der Brite Jim Crace serviert eine
satanische Sättigungsbeilage
Was tun, wenn Ihre abendlichen Gäste das aufwendig bereitete Mahl, einer Löwenhorde gleich, in Rekordzeit verschlungen haben, die letzte Flasche Wein gurgelnd in ihren Kehlen verschwunden ist und nun, viel zu früh, um auch künftig als delikater Gastgeber gelten zu dürfen, geblähte Langeweile droht? Sie könnten die letzten Käsereste in einem bauchigen Topf schmelzen, das alte trockene Brot vom weißen Flaum befreien, beides zusammen mit Großvaters Kirschwasser auf den Tisch bringen und – zum Strip-Fondue auffordern. Die Aussicht auf aromareiche Brandmale wird bei so manchen verborgene Energien freisetzen und die Erfindung von Zusatzregeln, etwa dass verirrte Käsetropfen nicht von der Person entfernt werden dürfen, der sie von der Gabel fielen, wird nicht lange auf sich warten lassen. Zufriedene Gesichter werden Ihnen beim Abschied für den unvergesslichen Abend danken.
Sand und Vanilleeis
„Satans Speisekammer” heißt die Quelle, in der solche Ideen sprudeln. Ein in pudriges Rosa gekleideter Band, dessen 64 delikatessgroße Erzählstücke auf je eigene Weise Sinnliches und Skurriles kurzweilig miteinander verbinden. Ihr Autor, der 56jährige Brite Jim Crace, ist einer der erfolgreichsten englischsprachigen Schriftsteller der letzten Jahre. Kritiker von London über New York bis San Francisco übertreffen sich in ihren Lobeshymnen auf den neuen „literarischen Meteor” (Washington Post), dessen Bücher in vierzehn Sprachen übersetzt wurden. Für seine beiden letzten Romane, „Quarantine” (dt. „Die Versuchung in der Wüste”, 1998) und „Being Dead” (dt.
„Ein Mann, eine Frau und der Tod”, 2000) ist Jim Crace mit hochrangigen Literaturpreisen ausgezeichnet worden. In der „Satanischen Speisekammer” entfaltet Crace das Essen als Kosmos von Leidenschaften, Sehnsüchten, Ängsten und schwarzem Humor: Ein Paar schenkt Freunden zur Hochzeit eine „Lippenpalme aus Madagaskar”, erntet jedoch im magischen siebten Jahr selbst das „innere Fleisch, die Triebe und die zarten Blüten”; ein Bäcker verhilft mit Haschischkeksen als Dessert einer Henkersmahlzeit dem Delinquenten vorzeitig zum Abheben; ein Teufel pflückt „Boviste, Hexenköpfe, Zottelmützen, Dickfußröhrlinge, Tintenschwänze” und andere Giftpilze statt sie zu pflanzen, er isst sie selbst, denn „seine Gier übertrifft noch seine Bosheit”; und eine Witwe verfeinert ihre tägliche Mahlzeit mit einer winzigen Prise der Asche ihres verstorbenen Mannes, obgleich ihr der Arzt versichert hatte: „Trauer kann man nicht essen.”
Fast jede Episode ist überschattet von Tod oder sie durchweht ein Hauch von Erotik – das bekannte, stets aufs Neue schaurige Zwillingspaar von den Polen menschlicher Gefühlswelt. Atmosphärisch verdichtet ist diese Doppelstimmung innerhalb der Erzählstücke dadurch, dass sie meist an Küstenorten handeln: Aus der Verhaltensforschung weiß man um die Wirkung von warmem Sand und Vanilleeis als zuverlässiges Aphrodisiakum; gleichzeitig steht das Meer oder andere ‚Wasser ohne Grund‘ in der Weltliteratur von Hemingway bis Bachmann als Symbol für den Tod. An manchen Stellen ist man auch an die Gedichte William Carlos Williams’ erinnert, an deren Spiel mit Licht und Finsternis, mit Früchten und Farben: „O meine grauen Haare!/ Wirklich, ihr seid wie Pflaumenblüten weiß.” Jim Crace schreibt mit mephistophelischem Talent. Er führt den Leser auf „die dunkle Seite unseres Selbst, die hungrige Seite, die keine Grenzen kennt”, setzt uns lesend auf die Fährte unserer Lust nach dem Unbekannten.
So wie die Mutter in der vorletzten Geschichte des Bandes, die mit ihrer Tochter spielerisch erkundet, ob Nudeln im Mund der anderen genau so schmecken wie im eigenen. Zuerst versucht es die Tochter, dann ist die Mutter dran: „Meine Zunge verhakte sich an ihrem losen Zahn.”
THOMAS WILD
JIM CRACE: Satans Speisekammer. Roman. Aus dem Englischen von Walter Ahlers. Albrecht Knaus Verlag, München 2002. 207 Seiten, 19,90 Euro.
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