1993 erregte der Mord in der Thüringischen Kleinstadt Sondershausen bundesweit Aufsehen. Der 15jährige Sandro Beyer war von drei 17jährigen Mitschülern kaltblütig erdrosselt worden. Die Täter nannten sich "Kinder des Satans", und der Fall wurde zum Medienspektakel. Für viele stand fest: Hier hatte der Teufel seine Hand im Spiel. Liane v. Billerbeck und Frank Nordhausen haben den Fall damals recherchiert und dessen Hintergründe aufgedeckt. Sie leuchteten in ein Milieu von Jugendcliquen und zeigten, wie orientierungslos manche Jugendliche in der unmittelbaren Nach-Wendezeit waren. Den Weg der jugendlichen Mörder verfolgten die Autoren auch in der Zeit der Haft und nach ihrer vorzeitigen Entlassung. Besonders die Entwicklung von Hendrik Möbus, einem der Täter, beschäftigt sie bis heute. Möbus hat sich selbst zu einer Schlüsselfigur der Satanistenszene stilisiert und wird in Neonazi-Kreisen gefeiert. In einem Interview mit den Autoren fragte er zynisch, ob er und seine Mittäter im "Dritte n Reich" verurteilt worden wären, "wenn sie einen Volksschädling unschädlich" gemacht hätten. Auch wegen dieser Äußerung wurde seine Bewährung widerrufen. Einer erneuten Verhaftung entzog sich Möbus durch Flucht in die USA. Dort tauchte er schließlich bei William L. Pierce unter, einem der bekanntesten Rechtsterroristen der USA. Dieser vertreibt von seiner festungsartig ausgebauten Ranch Musik-CDs und Bücher mit rechtsextremen Inhalten. Möbus hat einige Wochen für Pierce gearbeitet und sollte offenbar dessen Vertriebsnetz nach Europa ausbauen. Im August 1999 wurde der Thüringer jedoch von amerikanischen Zielfahndern verhaftet. Deutschland stellte einen Auslieferungsantrag. Inzwischen hat Möbus in den USA politisches Asyl beantragt, das Verfahren läuft. In der aktuellen Ausgabe ihres Buches zeichnen die Autoren die brisanten Entwicklungen der vergangenen Jahre nach und beschreiben die gefährlichen Verbindungen zwischen rechter Musik-, Satanisten- und Neonaziszene.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Udo Scheer stellt fest, dass die Rechercheergebnisse der Autoren sich mehrfach wiederholen und "wenig neues" gegenüber dem bereits 1994 erschienenen Report über die "Satanskinder" bieten. Das Buch über den Satansmord in Sondershausen hätte durchaus kürzer ausfallen können, meint er. Die letzten Seiten aber findet Udo Scheer packend und aktuell. Er lobt, dass in ihnen die Verquickung der rechtsextremen Szene mit den Satanisten deutlich werde und ein unglaublicher Blick in den "Orkus der rechten Szene" freigegeben werde.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Aus einer Fülle von Briefen, Tagebuchnotizen, offiziellen Dokumenten, Gesprächen und Interviews setzen die Journalisten Liane v. Billerbeck und Frank Nordhausen das Bild einer Jugendgruppe zusammen, die für ihre Mitglieder genauso faszinierend wie zerstörerisch war." (Der Spiegel 41/1994) "Liane v. Billerbeck und Frank Nordhausen haben anderthalb Jahre nach dem Mord an Sandro B. ein Buch vorgelegt, in dem sie sich nicht mit vorschnellen Antworten und Erklärungen abfinden. Keine Abhandlung über die Krise der Pädagogik und der"zivilen Gesellschaft", kein Jammergesang über die Verlierer der Einheit, sondern eine unprätentiöse Beobachtung, mit der ein Konflikt rekonstruiert wird, dessen tragisches Ende wohl eher eine Verkettung unglücklicher Zufälle denn die"Chronik eines angekündigten Mordes"war." (die tageszeitung, 1.10.1994) "Billerbeck und Nordhausen sind nicht auf der Spur des spektakulären Medienereignisses. Vielmehr hören sie auf die Zwischentöne der Beteiligten, um Unstimmigkeiten, Brüche in der selbst geschaffenen Realität aufzudecken. Nicht provokante Ausschnitte, sondern die genaue Gesamtsicht überzeugt." (Lausitzer Rundschau, 24.5.1995)