Die Bibliotheca Teubneriana , gegründet 1849, ist die weltweit älteste, traditionsreichste und umfangreichste Editionsreihe griechischer und lateinischer Literatur von der Antike bis zur Neuzeit. Pro Jahr erscheinen 4-5 neue Editionen. Sämtliche Ausgaben werden durch eine lateinische Praefatio ergänzt.
Die wissenschaftliche Betreuung der Reihe obliegt einem Team anerkannter Philologen:
Gian Biagio Conte (Scuola Normale Superiore di Pisa)
James Diggle (University of Cambridge)
Donald J. Mastronarde (University of California, Berkeley)
Franco Montanari (Università di Genova)
Heinz-Günther Nesselrath (Georg-August-Universität Göttingen)
Dirk Obbink (University of Oxford)
Oliver Primavesi (Ludwig-Maximilians Universität München)
Michael D. Reeve (University of Cambridge)
Richard J. Tarrant (Harvard University)
Vergriffene Titel werden als Print-on-Demand-Nachdrucke wieder verfügbar gemacht. Zudem werden alle Neuerscheinungen der Bibliotheca Teubneriana parallel zur gedruckten Ausgabe auch als eBook angeboten. Die älteren Bände werden sukzessive ebenfalls als eBook bereitgestellt.
Sämtliche in der Bibliotheca Teubneriana erschienenen Editionen lateinischer Texte sind in der Datenbank BTL Online elektronisch verfügbar.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
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Heinz-Günther Nesselrath (Georg-August-Universität Göttingen)
Dirk Obbink (University of Oxford)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.08.2004»SATYRICON«
Es gibt da ein Buch, das seinerzeit im Unbewußten explodiert sein muß, zumindest in dem des siebzehnjährigen Lesers. Mag sein, daß Zeit dabei eine Rolle gespielt hat, ihre metaphysische Paradoxie. Der Text war mehr als zweitausend Jahre alt und doch merkwürdig frisch, seltsam geil auch, geradezu hyperaktiv. Sein Verfasser war ein gewisser Petronius, ein Freizeitdichter, hauptberuflich Geschmacksberater für Kaiser Nero. Das kunstvolle Machwerk trug den Titel "Satyricon". Etwas willkürlich, denn tatsächlich handelte es sich um einen Scherbenhaufen aus Textfragmenten, den gesammelten Bruchstücken eines größeren Erzählwerks. Übriggeblieben waren Teile aus Liber 14, 15 und 16 (was die Römer so "Buch" nannten): tolldreiste Geschichten aus einem Schelmenroman oder der Rest eines verunglückten Epos, je nach Standpunkt. Vielleicht so etwas wie die "Suche nach der verlorenen Zeit", meinem wahren Lieblingsbuch (wenn schon, denn schon), in der kühnen Skizze eines antiken Tavernen-Proust. Alles in allem: ein literarischer Rohdiamant.
Andere Bücher habe ich liebgewonnen seither, dies aber war mir das aufregendste und schockierendste. Ein Fragment römischer Dichtung, und darin versteckt ein ganzer Strauß literarischer Gattungen - manche schon damals uralt, einige jedoch brandneu und bis heute modern. Eine Achterbahnfahrt aus Abenteuern, eins verrückter als das andere, erlesenste Wortfühligkeit mit gröbster Vulgarität gepaart, der Verfasser ein Großkotz mit Fingerspitzengefühl. Handlung, Stoff? Ich weiß nur, daß ich mich lieber zurückzog zum Lesen. Die Entjungferung einer Siebenjährigen, beschrieben als Schlüssellochszene mit allem Hochzeitsbrimborium ("Hymen, Hymenaios"), das war Pornographie. Kein Wunder, daß ein Filmemacher wie Fellini hier zuschlagen mußte.
Das längste erhaltene Stück war die Beschreibung eines gewaltigen Freßgelages, das Trimalchio, ein neureicher Orientale, ehemals Sklave, für seine falschen Freunde veranstaltet. Da fallen Sätze wie dieser: "Ich habe solches Zeug wie Geometrie, Literaturkritik und den Nonsens à la Singe den Zorn nicht gelernt, aber Plakatbuchstaben kann ich, Prozente sage ich her beim Kleingeld, beim Pfund, beim Taler." Damals bloß dunkel fasziniert, weiß ich heute, warum. Die berühmte cena läßt sich als Verhöhnung des christlichen Abendmahls lesen, als Verarschung von Platons Symposion, und umgekehrt erstrahlen beide im Licht der Satire in neuer Würde. Bildbeschreibung, Erlebnisbericht, Pasticcio, Elegie und Parodie, alles ging hier kunterbunt durcheinander. Die heiligsten Gefühle wurden da aufgemischt wie in der berüchtigten Salatschüssel des Mennipus, dem Urbild aller römischen Satirendichter. Und als Nebengewinn steckte sogar eine veritable Verslehre darin und eine Schule der Rhetorik dazu. Gewiß, nicht gerade das, was man einen bürgerlichen Roman nennt. Und doch führt von hier eine heiße Spur zum "Ulysses"...
Eines steht fest: Sollten sich Bibliotheksbrände wie jener von Alexandria in Zukunft wiederholen und abermals ganze Nationalliteraturen verschlingen, man könnte, bliebe nur dieser eine Textrest erhalten, aus ihm die erzählerische Moderne lückenlos rekonstruieren. Was von der frühen Lektüre zurückblieb? Ein Geschmack an Fragment und Montage, an Versprosa oder auch Prosavers - und ein beinah erotisches Verhältnis zu allem Antiken.
DURS GRÜNBEIN
Der Lyriker und Schriftsteller Durs Grünbein, geboren 1962 in Dresden, lebt in Berlin. Zuletzt erschien das Erzählgedicht "Vom Schnee oder Descartes in Deutschland". Informationen zu "Unsere Besten - Das große Lesen", einer gemeinsamen Aktion von ZDF und F.A.Z., finden sich im Internet unter www.faz.net/lesen.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es gibt da ein Buch, das seinerzeit im Unbewußten explodiert sein muß, zumindest in dem des siebzehnjährigen Lesers. Mag sein, daß Zeit dabei eine Rolle gespielt hat, ihre metaphysische Paradoxie. Der Text war mehr als zweitausend Jahre alt und doch merkwürdig frisch, seltsam geil auch, geradezu hyperaktiv. Sein Verfasser war ein gewisser Petronius, ein Freizeitdichter, hauptberuflich Geschmacksberater für Kaiser Nero. Das kunstvolle Machwerk trug den Titel "Satyricon". Etwas willkürlich, denn tatsächlich handelte es sich um einen Scherbenhaufen aus Textfragmenten, den gesammelten Bruchstücken eines größeren Erzählwerks. Übriggeblieben waren Teile aus Liber 14, 15 und 16 (was die Römer so "Buch" nannten): tolldreiste Geschichten aus einem Schelmenroman oder der Rest eines verunglückten Epos, je nach Standpunkt. Vielleicht so etwas wie die "Suche nach der verlorenen Zeit", meinem wahren Lieblingsbuch (wenn schon, denn schon), in der kühnen Skizze eines antiken Tavernen-Proust. Alles in allem: ein literarischer Rohdiamant.
Andere Bücher habe ich liebgewonnen seither, dies aber war mir das aufregendste und schockierendste. Ein Fragment römischer Dichtung, und darin versteckt ein ganzer Strauß literarischer Gattungen - manche schon damals uralt, einige jedoch brandneu und bis heute modern. Eine Achterbahnfahrt aus Abenteuern, eins verrückter als das andere, erlesenste Wortfühligkeit mit gröbster Vulgarität gepaart, der Verfasser ein Großkotz mit Fingerspitzengefühl. Handlung, Stoff? Ich weiß nur, daß ich mich lieber zurückzog zum Lesen. Die Entjungferung einer Siebenjährigen, beschrieben als Schlüssellochszene mit allem Hochzeitsbrimborium ("Hymen, Hymenaios"), das war Pornographie. Kein Wunder, daß ein Filmemacher wie Fellini hier zuschlagen mußte.
Das längste erhaltene Stück war die Beschreibung eines gewaltigen Freßgelages, das Trimalchio, ein neureicher Orientale, ehemals Sklave, für seine falschen Freunde veranstaltet. Da fallen Sätze wie dieser: "Ich habe solches Zeug wie Geometrie, Literaturkritik und den Nonsens à la Singe den Zorn nicht gelernt, aber Plakatbuchstaben kann ich, Prozente sage ich her beim Kleingeld, beim Pfund, beim Taler." Damals bloß dunkel fasziniert, weiß ich heute, warum. Die berühmte cena läßt sich als Verhöhnung des christlichen Abendmahls lesen, als Verarschung von Platons Symposion, und umgekehrt erstrahlen beide im Licht der Satire in neuer Würde. Bildbeschreibung, Erlebnisbericht, Pasticcio, Elegie und Parodie, alles ging hier kunterbunt durcheinander. Die heiligsten Gefühle wurden da aufgemischt wie in der berüchtigten Salatschüssel des Mennipus, dem Urbild aller römischen Satirendichter. Und als Nebengewinn steckte sogar eine veritable Verslehre darin und eine Schule der Rhetorik dazu. Gewiß, nicht gerade das, was man einen bürgerlichen Roman nennt. Und doch führt von hier eine heiße Spur zum "Ulysses"...
Eines steht fest: Sollten sich Bibliotheksbrände wie jener von Alexandria in Zukunft wiederholen und abermals ganze Nationalliteraturen verschlingen, man könnte, bliebe nur dieser eine Textrest erhalten, aus ihm die erzählerische Moderne lückenlos rekonstruieren. Was von der frühen Lektüre zurückblieb? Ein Geschmack an Fragment und Montage, an Versprosa oder auch Prosavers - und ein beinah erotisches Verhältnis zu allem Antiken.
DURS GRÜNBEIN
Der Lyriker und Schriftsteller Durs Grünbein, geboren 1962 in Dresden, lebt in Berlin. Zuletzt erschien das Erzählgedicht "Vom Schnee oder Descartes in Deutschland". Informationen zu "Unsere Besten - Das große Lesen", einer gemeinsamen Aktion von ZDF und F.A.Z., finden sich im Internet unter www.faz.net/lesen.
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