Mißt man die Radikalität einer sozialen Theorie am Widerstand, den sie in der akademischen Welt hervorruft, so zählt das Werk Bourdieus zweifellos zu den radikalsten wissenschaftlichen Unternehmungen unserer Zeit. Die Mißverständnisse und Anfeindungen, denen es noch immer ausgesetzt ist, lassen erahnen, welche Desillusionierung, ja Kränkung Bourdieus Forschungen in sich bergen: Im Gegensatz zur herkömmlichen Sozialwissenschaft spart seine Phänomenologie symbolischer Formen den eigenen sozialen Ort gerade (nicht )aus - die Welt der Intellektuellen und des öffentlichen Diskurses, den Hort wissenschaftlicher Objektivität. Schonungslos hat Bourdieu offengelegt, welch subtile Tauschbeziehungen und Machtstrukturen das vorgeblich "reine" Erkenntnisinteresse in der Praxis beherrschen. "Der Überbringer der Hiobsbotschaft", schreibt Bourdieu, "darf nicht erwarten, auf Anhieb Gehör zu finden." Die Interviews und Gespräche, die im vorliegenden Band versammelt sind, belegen eindrucksvoll, daß Bour dieu sich keinesfalls in der Rolle des Unverstandenen gefällt, sondern ganz uneitel und vielfach selbstironisch darum bemüht ist, auch die eigenen Voraussetzungen zu befragen und zu erläutern: subjektive Interessen ebenso wie wissenschaftliche Leitbilder. Gleichsam nebenbei - und doch mit innerer Konsequenz - fügen sich diese Gespräche zu einer konzisen Einführung in Bourdieus Denken und Werk.