"Saudi-Arabien" - oft löst die Nennung des Namens dieses arabischen Golfstaates Angst und Abneigung aus, oder auch Neid auf Prinzen, die im Luxus schwelgen. Folglich erntet die Ankündigung, das Land besuchen zu wollen, blankes Entsetzen: die westlichen Medien haben ganze Arbeit geleistet. In diesem Buch geht es nicht um Politik, Waffengeschäfte, Verletzungen der Menschenrechte, Hinrichtungen oder ähnliche Themen, die keineswegs beschönigt werden. Vielmehr geht es um Themen wie Wirtschaft, Bildung, Kunst und Kultur - vor dem Hintergrund der im April 2016 veröffentlichten, in den Augen der erzkonservativen Wahhabiten revolutionären Vision 2030 des Kronprinzen Mohammed bin Salman. Diese Vision, die alle Bereiche des Lebens betrifft, wird ohne Zweifel den Wandel des Königreichs - vor dem Hintergrund schwindender Öleinnahmen - zur Folge haben. Ministerien, wichtige Institutionen, staatliche Unternehmen, die gestärkte Privatwirtschaft und die junge Bevölkerung unterstützen die Vision 2030. Dabei spielen die neuen Hoffnungsträger eine wichtige Rolle - sie werden von höchster Stelle gefördert: die saudischen Frauen. Das Buch wendet sich an alle, die einen beträchtlichen Teil der Realität des Landes und ihrer gastfreundlichen, aufgeschlossenen Bewohner kennenlernen wollen, einen Bereich, den die Welt ignoriert. Wie das großartige Land so ist auch dieses Buch: anders als alle anderen.________________'Saudi Arabia' - often the mere mention of this Arab Gulf state triggers fear and antipathy, or even jealousy of thousands of princes, swimming in black gold and wallowing in luxury. Consequently the announcement of a planned visit to the country is received with sheer horror: the western media has done its work. This book is not concerned with politics, arms sales, human rights offences, executions or similar topics, although these are in no way glossed over. But the main concern is with the themes of the economy, education, art and culture - in the context of the 'Vision 2030' programme published in April 2016 by Crown Prince Mohammed bin Salman, and seen as revolutionary by the arch-conservative Wahhabis. This vision, which affects all aspects of life, will undoubtedly bring about a change in the Kingdom, against a background of falling oil income. Ministries, important institutions, state concerns, the strengthened private sector and the young population support Vision 2030. Playing an important role in this, and being challenged at the highest level are the new bearers of hope: Saudi women. This book is addressed to all those who want to get to know a large part of the reality of Saudi Arabia and its hospitable and open-minded inhabitants, an aspect ignored by the wider world. The book is like this great land itself: different from anything else.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.02.2018Jenseits der Kaaba
Barbara Schumacher kennt die Vielfalt Saudi-Arabiens
Saudi-Arabien ändert sich schneller und zum Besseren, als es die Welt wahrnimmt. Lange hatte sich das Land nach außen abgeschottet. Jetzt öffnet es sich. Der Reformprozess hatte bereits unter König Abdullah (2005 bis 2015) eingesetzt. Unter dem neuen Kronprinzen Muhammad Bin Salman, dem der heutige König Salman freie Hand lässt, gewinnt die Transformation des Königreichs ein Tempo und eine Tiefe, die noch vor kurzem unvorstellbar waren. Saudi-Arabien ist damit eines der wenigen Länder im Nahen Osten, die sich in die richtige Richtung entwickeln. Jedoch stimmte vieles, was man mit Saudi-Arabien in Verbindung gebracht hat: ein Islam, der rückwärtsgewandt und intolerant ist; grimmige Religionsgelehrte, die der Gesellschaft grundlegende Freiheiten rauben; ein üppiger Wohlfahrtsstaat, der den Menschen den Anreiz für selbständiges Handeln nahm. Hinter dieser Fassade gab es jedoch immer auch ein anderes Saudi-Arabien, das sich nicht auf Erdöl und nicht auf Mekka und Medina, die beiden heiligen Stätten des Islams, reduzieren ließ: Frauen, die nicht vom öffentlichen Leben ausgeschlossen sein wollen, und Künstler, die sich mit dem Leben in Saudi-Arabien auseinandersetzen.
Von diesem Saudi-Arabien, das es jenseits der nicht erfundenen Klischees gibt, ist zu Beginn der Transformation im westlichen Ausland wenig bekannt. Diese Lücke schließt, wenigstens zu einem Teil, die deutsche Mathematikerin und Journalistin Barbara Schumacher, die zuletzt jeweils mehrere Monate im Jahr Saudi-Arabien bereist hat - nicht nur die großen Städte Riad, Dschidda und Dammam, sondern alle Provinzen des Landes, das sechsmal so groß ist wie die Bundesrepublik Deutschland. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Zwar sind die Kapitel zur politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung etwas zu enzyklopädisch angelegt. Da ließe sich mehr sagen. Und nicht immer sind die Medien an dem schlechten Image Saudi-Arabiens schuld. Lesenswert sind jedoch vor allem die Kapitel zu den Frauen, zur Kunst und zu den Provinzen, die bisher nur wenige westliche Ausländer bereist haben. Die Autorin stellt junge Künstler und Künstlerinnen vor und erzählt, wie eine eigene Kunstszene entsteht. Zu kurz kommen leider Musik und Literatur.
Aufgewogen wird das durch die Reisen in die Provinzen des Landes. Sie öffnen einen Blick darauf, dass Saudi-Arabien keineswegs nur aus Sand, Erdöl und Moscheen besteht. Die Bandbreite reicht von den üppigen Koralleninseln Farasan im südlichen Roten Meer über die Bergwelt der Provinz Asir bis zu den Provinzen al-Jouf und Tabuk im Norden mit ihren sensationellen archäologischen Stätten. Die vielen Fotos vermitteln dem Leser ein Bild von dem, was die Autorin alles gesehen hat. Ihr Buch vermittelt, dass Saudi-Arabien nicht nur aus dem Weiß der Gewänder des Mannes und dem Schwarz der Abaya für die Frau besteht, sondern auch aus vielen Farben.
RAINER HERMANN.
Barbara Schumacher: "Saudi-Arabien". Kaaba, Kadi und Kardamom.
Georg Olms Verlag, Hildesheim, Zürich und New York, 2017. 304 S., geb., 27,80 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Barbara Schumacher kennt die Vielfalt Saudi-Arabiens
Saudi-Arabien ändert sich schneller und zum Besseren, als es die Welt wahrnimmt. Lange hatte sich das Land nach außen abgeschottet. Jetzt öffnet es sich. Der Reformprozess hatte bereits unter König Abdullah (2005 bis 2015) eingesetzt. Unter dem neuen Kronprinzen Muhammad Bin Salman, dem der heutige König Salman freie Hand lässt, gewinnt die Transformation des Königreichs ein Tempo und eine Tiefe, die noch vor kurzem unvorstellbar waren. Saudi-Arabien ist damit eines der wenigen Länder im Nahen Osten, die sich in die richtige Richtung entwickeln. Jedoch stimmte vieles, was man mit Saudi-Arabien in Verbindung gebracht hat: ein Islam, der rückwärtsgewandt und intolerant ist; grimmige Religionsgelehrte, die der Gesellschaft grundlegende Freiheiten rauben; ein üppiger Wohlfahrtsstaat, der den Menschen den Anreiz für selbständiges Handeln nahm. Hinter dieser Fassade gab es jedoch immer auch ein anderes Saudi-Arabien, das sich nicht auf Erdöl und nicht auf Mekka und Medina, die beiden heiligen Stätten des Islams, reduzieren ließ: Frauen, die nicht vom öffentlichen Leben ausgeschlossen sein wollen, und Künstler, die sich mit dem Leben in Saudi-Arabien auseinandersetzen.
Von diesem Saudi-Arabien, das es jenseits der nicht erfundenen Klischees gibt, ist zu Beginn der Transformation im westlichen Ausland wenig bekannt. Diese Lücke schließt, wenigstens zu einem Teil, die deutsche Mathematikerin und Journalistin Barbara Schumacher, die zuletzt jeweils mehrere Monate im Jahr Saudi-Arabien bereist hat - nicht nur die großen Städte Riad, Dschidda und Dammam, sondern alle Provinzen des Landes, das sechsmal so groß ist wie die Bundesrepublik Deutschland. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Zwar sind die Kapitel zur politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung etwas zu enzyklopädisch angelegt. Da ließe sich mehr sagen. Und nicht immer sind die Medien an dem schlechten Image Saudi-Arabiens schuld. Lesenswert sind jedoch vor allem die Kapitel zu den Frauen, zur Kunst und zu den Provinzen, die bisher nur wenige westliche Ausländer bereist haben. Die Autorin stellt junge Künstler und Künstlerinnen vor und erzählt, wie eine eigene Kunstszene entsteht. Zu kurz kommen leider Musik und Literatur.
Aufgewogen wird das durch die Reisen in die Provinzen des Landes. Sie öffnen einen Blick darauf, dass Saudi-Arabien keineswegs nur aus Sand, Erdöl und Moscheen besteht. Die Bandbreite reicht von den üppigen Koralleninseln Farasan im südlichen Roten Meer über die Bergwelt der Provinz Asir bis zu den Provinzen al-Jouf und Tabuk im Norden mit ihren sensationellen archäologischen Stätten. Die vielen Fotos vermitteln dem Leser ein Bild von dem, was die Autorin alles gesehen hat. Ihr Buch vermittelt, dass Saudi-Arabien nicht nur aus dem Weiß der Gewänder des Mannes und dem Schwarz der Abaya für die Frau besteht, sondern auch aus vielen Farben.
RAINER HERMANN.
Barbara Schumacher: "Saudi-Arabien". Kaaba, Kadi und Kardamom.
Georg Olms Verlag, Hildesheim, Zürich und New York, 2017. 304 S., geb., 27,80 [Euro].
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