Seit Jahrhunderten ist das Schaf vor allem auch in Tirol ein beliebtes und äußerst vielseitiges Nutztier, das in der bäuerlichen Kultur tief verwurzelt ist. So in Szene gesetzt wie in diesem außergewöhnlichen Bildband wurde es allerdings noch nie. Über drei Jahre lang hat der Fotograf Thomas Stoffaneller sich auf die Spur der Schafe begeben, hat die berühmte Wanderung der Schafe über die Ötztaler Gletscher ebenso festgehalten wie sämtliche Aspekte, die mit der Aufzucht und der Haltung von Schafen verbunden sind. Dabei ist ihm ein einfühlsames, fotografisch herausragendes Werk gelungen, das nun den Lesern in diesem ganz besonderen Bildband präsentiert wird. Ergänzt wird das Buch durch einen einführenden Essay von Susanne Schaber, der historische, kulturelle und philosophische Sichtweisen zum Thema beisteuert und dazu beträgt, sich den Schafen Tirols auf ganze neue Weise zu nähern.Tipp: Außergewöhnliche, beeindruckende sw Fotos
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.03.2016Mit den Schafen übers Eis
Nebel drängt über den Pass. Nichts zu sehen, nur das Grau der Wolkenschleier und die Ausläufer der fahlweißen Gletscher. Irgendwo, ein Stück weiter oben, muss das Niederjoch liegen. Der dreitausend Meter hohe Übergang verbindet das Ötztal mit dem Südtiroler Schnalstal. Ein paar Dohlen krächzen, sonst nur Stille. Dann ein fernes Bimmeln. Dazu ein Blöken und das Geräusch von Hufen am Eis. Bis schließlich Hunderte von hellen, manchmal auch braun-schwarzen Häuptern die Nebelwand durchbrechen und das Grün der Almmatten suchen. Der Schaftrieb über das Nieder- und Hochjoch ist eine der archaischsten und berühmtesten Formen der Transhumanz, die wir kennen: Ihm und der Geschichte eines des ältesten Haustiere Europas haben sich Thomas Stoffaneller und Susanne Schaber in ihrem Band über "Schafe in Tirol" auf die Spur gesetzt. Spätestens seit dem Fund des Ötzis im September 1991 weiß man, dass die Besiedlung der Bergregionen ohne Schafe nicht denkbar gewesen wäre. Davon berichten die im Mittelalter festgeschriebenen Weiderechte, die es den Südtiroler Bauern bis heute erlauben, ihre Herden über die Pässe und Gletscher zu den Wiesen im hinteren Ötztal zu bringen. Schafe sind Teil des alpinen Landschaftsbildes. Früher einmal galten sie als Kühe der armen Leute, heute werden Fleisch, Milch und Wolle neu geschätzt. Das Berglamm hat es inzwischen in die Küchen der Gourmetrestaurants geschafft und mit ihm Schafskäse, Joghurt und Topfen. Schafwolle wärmt im Winter und kühlt bei Hitze, wirkt antirheumatisch und entzündungshemmend - und wird in diesem Fall zu einem ganz besonderen Umschlag für ein Buch: Der Band von Thomas Stoffaneller und Susanne Schaber ist ein kleines Schmuckstück. Die Schwarzweißbilder erzählen vom Alltag der Hirten, Bauern und Senner, der Essay erkundet die Kulturgeschichte eines Tieres, das die Identität der Alpenbewohner mit geprägt hat.
F.A.Z.
"Schafe in Tirol" von Thomas Stoffaneller und Susanne Schaber. Tyrolia Verlag, Innsbruck/Wien, 2015. 120 Seiten, zahlreiche Schwarzweißfotografien. Gebunden, in Wolle verpackt, 39,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nebel drängt über den Pass. Nichts zu sehen, nur das Grau der Wolkenschleier und die Ausläufer der fahlweißen Gletscher. Irgendwo, ein Stück weiter oben, muss das Niederjoch liegen. Der dreitausend Meter hohe Übergang verbindet das Ötztal mit dem Südtiroler Schnalstal. Ein paar Dohlen krächzen, sonst nur Stille. Dann ein fernes Bimmeln. Dazu ein Blöken und das Geräusch von Hufen am Eis. Bis schließlich Hunderte von hellen, manchmal auch braun-schwarzen Häuptern die Nebelwand durchbrechen und das Grün der Almmatten suchen. Der Schaftrieb über das Nieder- und Hochjoch ist eine der archaischsten und berühmtesten Formen der Transhumanz, die wir kennen: Ihm und der Geschichte eines des ältesten Haustiere Europas haben sich Thomas Stoffaneller und Susanne Schaber in ihrem Band über "Schafe in Tirol" auf die Spur gesetzt. Spätestens seit dem Fund des Ötzis im September 1991 weiß man, dass die Besiedlung der Bergregionen ohne Schafe nicht denkbar gewesen wäre. Davon berichten die im Mittelalter festgeschriebenen Weiderechte, die es den Südtiroler Bauern bis heute erlauben, ihre Herden über die Pässe und Gletscher zu den Wiesen im hinteren Ötztal zu bringen. Schafe sind Teil des alpinen Landschaftsbildes. Früher einmal galten sie als Kühe der armen Leute, heute werden Fleisch, Milch und Wolle neu geschätzt. Das Berglamm hat es inzwischen in die Küchen der Gourmetrestaurants geschafft und mit ihm Schafskäse, Joghurt und Topfen. Schafwolle wärmt im Winter und kühlt bei Hitze, wirkt antirheumatisch und entzündungshemmend - und wird in diesem Fall zu einem ganz besonderen Umschlag für ein Buch: Der Band von Thomas Stoffaneller und Susanne Schaber ist ein kleines Schmuckstück. Die Schwarzweißbilder erzählen vom Alltag der Hirten, Bauern und Senner, der Essay erkundet die Kulturgeschichte eines Tieres, das die Identität der Alpenbewohner mit geprägt hat.
F.A.Z.
"Schafe in Tirol" von Thomas Stoffaneller und Susanne Schaber. Tyrolia Verlag, Innsbruck/Wien, 2015. 120 Seiten, zahlreiche Schwarzweißfotografien. Gebunden, in Wolle verpackt, 39,95 Euro.
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