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Der italienische Geheimdienst erfährt von einer Gruppe muslimischer Einwanderer,die sich in Rom in der Gegend um die Via Marconi trifft und einengrößeren terroristischen Anschlag plant. Als verdeckter Ermittler kommt ChristianMazzari ins Spiel, ein Sizilianer, der dann als vermeintlicher tunesischerImmigrant Issa in die Via Marconi zieht. Im Internetcafé Little Cairo begegneter den jungen Männern des Viertels - und Safia, einer zarten Ägypterin, die ihndie islamische Kultur mit den Augen einer jungen Frau sehen lässt. Issa und Safiaerzählen abwechselnd aus ihrem Leben und von der geheimen…mehr

Produktbeschreibung
Der italienische Geheimdienst erfährt von einer Gruppe muslimischer Einwanderer,die sich in Rom in der Gegend um die Via Marconi trifft und einengrößeren terroristischen Anschlag plant. Als verdeckter Ermittler kommt ChristianMazzari ins Spiel, ein Sizilianer, der dann als vermeintlicher tunesischerImmigrant Issa in die Via Marconi zieht. Im Internetcafé Little Cairo begegneter den jungen Männern des Viertels - und Safia, einer zarten Ägypterin, die ihndie islamische Kultur mit den Augen einer jungen Frau sehen lässt. Issa und Safiaerzählen abwechselnd aus ihrem Leben und von der geheimen Sympathie,die sie verbindet.Wieder durchleuchtet Amara Lakhous die italienische Gesellschaft - ursprünglicheund zugezogene Einwohner - mit feiner Ironie und unbestechlichemBlick für die alltäglichen Missverständnisse. Währenddessen gehen IssasErmittlungen voran, und auch die Anzeichen drohender Gefahr verdichten sich,bis zu einem überraschenden Ende, nach dem der Leser den Fall garantiertnoch einmal von vorne aufrollt.Über den ersten Teil der Triologie, den Roman "Krach der Kulturen um einenFahrstuhl an der Piazza Vittorio" schrieb der Standard: » Dieses Buch fängt so leichthändigwie klug die Atmosphäre der Stadt am Tiber und das Denken ihrer Bewohnerein. «
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Autorenporträt
Amara Lakhous, geboren 1970 in Algier, lebt und schreibtseit 1995 in Rom. Bei Wagenbach erschien sein Roman"Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der PiazzaVittorio".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.12.2012

Bin Laden ans Telefon!
Amara Lakhous und die Panik vor dem Islamismus

Trauen kann man ihnen nicht, diesen Typen, die im Telefonladen an der Piazza Venezia ein und aus gehen. In langen, bis zu den Schuhen reichenden Gewändern, einen dichten Vollbart um das Kinn, stets eine religiöse Formel auf den Lippen, wirken zumindest einige von ihnen so, als hätten sie mit der freiheitlich-demokratischen italienischen Grundordnung nicht allzu viel im Sinn. Ja mehr noch, die ganz Szenerie im "Little Cairo", wie der Laden nahe am Rande der römischen Innenstadt heißt, ist durchaus geeignet, potentielle Terroristen anzuziehen.

Nicht erstaunlich darum, dass der Laden das Interesse des italienischen Geheimdienstes weckt, der bald auch einen seiner Männer auf den Laden ansetzt: Christian Mazzari, einen in Tunis aufgewachsenen Sizilianer und als solcher perfekt zweisprachig. Eigentlich ist Mazzari, einer der beiden Ich-Erzähler des Romans, kein Agent, sondern Dolmetscher und Übersetzer. Aber verlässliche und vor allem in islamistischen Kreisen unverdächtige Agenten sind rar nach dem 11. September 2001, und so heuert der Geheimdienst den studierten Islamwissenschaftler an, um ihn in einen Anti-Terror-Kämpfer zu verwandeln.

Schnell geht Mazzari im Umfeld des Telefonshops ein und aus - was dem 1970 in Algier geborenen, seit mehr als fünfzehn Jahren in Rom lebenden Autor Amara Lakhous Gelegenheit gibt, ausgiebige Milieuschilderungen im Umfeld der arabischen Migrantenszene zu treiben. Sie bilden den Kern des Buches. Als zweite Erzählerfigur lässt Lakhous eine junge Ägypterin namens Safia auftreten, die in Rom ihr Glück als Friseurin sucht. Ihr großes Idol in jungen Jahren war Marilyn Monroe, und wenn sie von ihr, diesem ursprünglich dunkelhaarigen Männerschwarm, eines gelernt hat, dann dies: "Man wird blond und ist es nicht notwendigerweise von Geburt an!"

So klingt das Credo der Aufklärung in popkulturellen Zeiten, und entsprechend hat Safia durchaus den Mut, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Dem Buch tut das nur gut: Geschildert aus weiblich-erleuchteter Perspektive, stellt sich die arabische Migrantenszene aus anderer Sicht dar, lassen sich ihr ein paar zusätzliche tröstliche Gewissheiten entlocken. So ist sich Safia sicher, an der Treue ihres Verlobten nicht zweifeln zu müssen. Er wird sie nicht betrügen - und zwar "nicht aus Liebe zu mir, sondern aus Angst vor Gott".

Man verrät nicht zu viel, wenn man sagt, dass Lakhous keinen klassischen Agentenroman geschrieben hat. Spannung kommt nur bedingt auf. Allerdings vermisst man sie auch nicht, denn das Buch hat andere erzählerische Tugenden, von denen Humor und soziale Sensibilität nicht die geringsten sind. Ein ironischer Grundton durchweht es auch da, wo Lakhous von ernsten Dingen schreibt, etwa den mehr als miserablen Arbeitsbedingungen in den Küchen römischer Touristenrestaurants. Unter der Hand wird das Buch so zu einer anschaulichen und unterhaltsamen Milieustudie, einem Kompendium der Nöte nicht nur arabischer Einwanderer. Von diesen Nöten - Arbeitslosigkeit, Rassismus, Angst vor Verlust der Aufenthaltsgenehmigung, geringen Chancen bei den Töchtern des Landes - mag man bereits gelesen haben, allerdings wohl selten so vergnüglich wie hier.

Das Klein-Klein der entspannt voranschreitenden Szenen nutzt Lakhous, um in beide Richtungen auszuteilen - ein Kompendium west-östlicher Gedankenlosigkeiten oder Zynismen. "Wo versteckt sich eigentlich dieser gute Bin Laden?", fragt ein italienischer Greis die junge Ägypterin, die darauf keine Antwort geben kann. Der Gesprächspartner bleibt skeptisch: "Den habt ihr irgendwo versteckt, so wie ihr das auch mit Saddam Hussein gemacht habt." Generalverdacht gepaart mit Einfalt - ausgelöst durch Typen wie den jungen Haram, der aus gutem Grund unter seinem Spitznamen ("Verboten") bekannt ist.

Im Modus der Ironie schreitet der Roman voran, auf ein Finale zu, das, gerade weil Lakhous die Gepflogenheiten des Agentenromans von Anfang an unterläuft, umso überraschender wirkt. Und wie man auf den letzten Seiten merkt, ist das das Schöne: Lakhous unterminiert das Genre nicht deshalb, weil er es ohnehin nicht beherrschte, nicht zum spannenden Erzählen fähig wäre. Sondern weil er ihm einen neuen, überzeugenden Gehalt gibt.

KERSTEN KNIPP

Amara Lakhous: "Scheidung auf Islamisch in der Via Marconi".

Aus dem Italienischen von Michaela Mersetzky. Wagenbach Verlag, Berlin 2012. 237 S., br., 11,90 [Euro].

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