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Florian Willengud sind die Organisationstheorien seines Forschungsinstituts leid. Denn obwohl die Begriffe wechseln und je nach modischer Couleur vom Ingenieursdeutschen ins Japanische und anschließend ins Amerikanische gleiten, die Inhalte bleiben die gleichen. Lösungen über Lösungen, aber keine Antworten auf Fragen wie: ... warum beschäftigen Behörden nach Umstrukturierungen in der Regel mehr Mitarbeiter und verursachen höhere Kosten? ... wieso scheint zwischen Wachstum und Selbstbeschäftigung im Unternehmen ein direkter Zusammenhang zu bestehen? ... weshalb werden immer die befördert, die…mehr

Produktbeschreibung
Florian Willengud sind die Organisationstheorien seines Forschungsinstituts leid. Denn obwohl die Begriffe wechseln und je nach modischer Couleur vom Ingenieursdeutschen ins Japanische und anschließend ins Amerikanische gleiten, die Inhalte bleiben die gleichen. Lösungen über Lösungen, aber keine Antworten auf Fragen wie: ... warum beschäftigen Behörden nach Umstrukturierungen in der Regel mehr Mitarbeiter und verursachen höhere Kosten? ... wieso scheint zwischen Wachstum und Selbstbeschäftigung im Unternehmen ein direkter Zusammenhang zu bestehen? ... weshalb werden immer die befördert, die in ihrem bisherigen Job gut waren, und nie die, die für eine neue Aufgabe tatsächlich geeignet sind? ... warum hat eine Qualitätsnorm nichts mit Qualität zu tun? ... wieso verursacht Arbeitsteilung Mehrarbeit? ... weshalb scheitern so viele Veränderungen? Florian Willengud begibt sich daraufhin auf eine Reise ins Innere von Organisationen. In Unternehmen und Verwaltungen, Behörden und Vereinen trifft er auf die groteske Irrationalität der Ökonomie und erkennt, dass Scheitern durchwegs ein organisierter Prozess ist...
Autorenporträt
Holger Regber ist als Trainer, Berater und Projektleiter tätig; er ist Autor mehrerer Fachbücher, verschiedener Fachartikel und Kolumnen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.03.2008

Scheitern mit Erfolg
Haarsträubendes aus der Organisation von Unternehmen

Hinter dem provozierenden Titel verbirgt sich eine ebenso unkonventionelle wie spannend geschriebene Geschichte. Deren Ich-Erzähler Florian Willengud - vom Leser problemlos als Autor zu identifizieren - muss dem Chef seines Forschungszentrums leider mitteilen, dass zwei Drittel der Organisationsvorschläge des Instituts in der Praxis nicht durchzusetzen sind. Um den Ursachen dieses Scheiterns auf die Spur zu kommen, beschließt der Chef, Willengud für einige Monate zu beurlauben und als selbständigen Berater in die Unternehmenswelt zu schicken.

Was ihm dort an teilweise haarsträubenden Erlebnissen widerfährt, darüber wird in elf Kapiteln ebenso unterhaltsam wie fachlich überzeugend berichtet. Da geht es beispielsweise um die Zertifizierung eines Qualitätsmanagementsystems, das wie folgt charakterisiert wird: "Die oberste Leitung sollte die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Managementbewertung über die Verifizierung der Wirksamkeit und Effizienz des Qualitätsmanagementsystems hinaus zu einem die gesamte Organisation umfassenden Prozess entwickeln, der auch die Effizienz des Systems beurteilt." Willengud müsste scheitern, wenn er dieses Satzungetüm nicht auf die Kernelemente "Prozesse bestimmen und regelmäßig kontrollieren" reduzieren könnte.

In einem anderen Fall handelt es sich um die Verlagerung der Produktion in die Ukraine, nach Tianjin in China und nach Casablanca. Der Produktionschef begründet die Verlagerung mit niedrigen Personalkosten an diesen Standorten. Willengud hält dem die sehr viel höheren Kosten der Komplexität entgegen, die durch die zusätzliche Koordination und Abstimmung, das Produktionscontrolling und die weltweite Optimierung entstehen. Die von ihm aufgemachte "Milchmanagerrechnung" wird zwar zur Kenntnis genommen, aber lakonisch abgeschmettert: "Ich habe Sie schon verstanden. Nur rechnen wir bei Microtechnic ein wenig anders." Ironischerweise erhält Willengud aber das Angebot, in Zukunft als Chronist für das Unternehmen zu arbeiten, "so richtig mit Festanstellung, Betriebsrente und anderen lukrativen sozialen Leistungen". Angesichts solcher Absurditäten fragt sich der Leser, ob Holger Regber eher Fiktionen als Fakten präsentiert.

Allerdings ist der Autor gelernter Elektromonteur und seit 1990 Trainer und Berater mit Schwerpunkt Produktion und produktionsnahe Bereiche. Man nimmt es ihm also ab, zumal er punktgenau argumentiert und den Dingen auf den Grund geht. "Nichts von Veränderungsprozessen, intelligenten Low-Cost-Lösungen oder kurzen Rüstzeiten", so lautet sein Fazit nach der Besichtigung eines Industrieunternehmens, das soeben als "Fabrik des Jahres" ausgezeichnet wurde: "Die laufende Diskussion war absurd. Wir hatten eine Produktion besichtigt, und die Leute stellten Fragen nach den Produkten. Als würde man sich bei einem Radrennen für die Materialwagen statt für die Fahrer interessieren."

Als roter Faden zieht sich durch das kenntnisreiche, stilistisch hervorragende und spannend verfasste Buch die Erkenntnis, dass noch so gute Reorganisationsvorschläge nicht vor dem Scheitern gefeit sind. Bei seiner Reise in das Innere von Organisationen erfreuen den Leser auch die originellen Karikaturen von André Kozik aus Chemnitz.

HARTMUT KREIKEBAUM

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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