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In der Münchner Schellingstraße sitzt die Redaktion der Neuen Zeitung um Alfred Andersch, Erich Kästner und Walter Kolbenhoff. Jahrelang vegriffen ist dieses Buch eine echte Neuentdeckung und unverzichtbares authentisches Zeugnis für den geistigen Neubeginn Deutschlands nach 1945.

Produktbeschreibung
In der Münchner Schellingstraße sitzt die Redaktion der Neuen Zeitung um Alfred Andersch, Erich Kästner und Walter Kolbenhoff. Jahrelang vegriffen ist dieses Buch eine echte Neuentdeckung und unverzichtbares authentisches Zeugnis für den geistigen Neubeginn Deutschlands nach 1945.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.05.2008

Zeugnis des Aufbruchs
Walter Kolbenhoff: „Schellingstraße 48”
München liegt in Trümmern, als Walter Kolbenhoff 1946 am Sendlinger Tor ankommt und sich seinen Weg über die Schuttberge bahnt. Das Rathaus ist eine Ruine, vom Marienplatz kaum noch etwas zu erkennen. Die Menschen hungern und frieren. Doch in all der Zerstörung und materiellen Not gibt es schon wieder geistiges Leben: In der Schellingstraße sitzt die Redaktion der Neuen Zeitung. Alfred Andersch, den Kolbenhoff noch aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft kennt, organisiert und stellt den Feuilletonchef vor: Erich Kästner.
Hungerwinter, Flüchtlingselend, Einquartierung, Kohlenklau, Schwarzmarkt und Militärregierung – man kennt das alles aus Geschichtsbüchern. Kaum je las man es jedoch unmittelbarer, oft nur in knappen Nebensätzen formuliert, was diese Umstände für die einzelnen Menschen bedeutete, wie Leben sich in den notdürftig geflickten Ruinen wieder entwickelte. Kolbenhoff konzentriert sich vor allem auf den geistigen Neubeginn: Daran wirkt er mit als Reporter der Neuen Zeitung, als Mitarbeiter des Ruf und als Gründungsmitglied der Gruppe 47. Seine Wohnung – 1946 bis 1949 von unschätzbarem Wert –, wurde zum Treffpunkt, oft zum Schlafplatz, von Intellektuellen und Künstlern. Der Verleger Heinrich Ledig-Rowohlt war der erste Besucher, Günter Eich vielleicht der regelmäßigste. Es kamen auch Luise Rinser, Fritz Kortner, Hans Werner Richter, Hermann Kesten, Inge Scholl oder Josef Rovan. Sie alle ringen trotz materieller Not um den demokratischen Neubeginn Deutschlands. Kolbenhoff skizziert die Debatten der Zeit, von der These der Kollektivschuld bis zum Umgang mit Kriegsverbrechern, von der Frage immerwährender deutscher Schuld bis zum Lastenausgleich mit den Vertriebenen. Dabei gibt es immer wieder autobiographische Rückblenden in die dreißiger Jahre und die Zeit der Kriegsgefangenschaft.
Der Sohn eines Arbeiters wurde als Walter Hoffmann 1908 in Berlin geboren, trat früh der KP bei und arbeitete journalistisch für die Rote Fahne. Nach dem Reichstagsbrand flüchtete er über Amsterdam nach Kopenhagen. Dort entstand sein erstes Buch „Untermenschen”, mit dem er, der sich innerlich bereits weit von der Partei entfernt hatte, so deutlich von der Parteilinie abwich, dass er ausgeschlossen wurde. Gleichwohl nahm er 1940 nach der Besetzung Dänemarks einen Auftrag der Partei an, innerhalb der deutschen Wehrmacht zu agitieren. 1944 geriet er in Italien in amerikanische Kriegsgefangenschaft.
Sein 1984 erschienener Erinnerungsband „Schellingstraße 48” ist ein authentisches Zeugnis des geistigen Wiederbeginns nach 1945. Keiner schildert so unverstellt Aufbruchstimmung und Optimismus von Intellektuellen und Künstlern in jenen Jahren, als sie alle ein anderes, das „bessere”, Deutschland aufbauen wollten. DIRK RUMBERG
Walter Kolbenhoff Foto: picture-alliance/dpa
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