Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Aufschlussreich findet Rezensent Michael Schmitt dieses Buch von Robert Castel, in dem der französische Sozialwissenschaftler für eine Rückkehr der gesellschaftlichen Verantwortung für die Lebensrisiken des Einzelnen plädiert. Castel zeige, etwa am Begriff des Risikos, wie diese Dimension staatlicher Zuständigkeit zunehmend aus dem Blick geraten und den Diskursen verschwunden ist. Wer in überindividuellen Zusammenhängen wie dem Arbeitsmarkt von Risiko spreche, referiert Schmitt, also von individuellen Entscheidungen und individueller Verantwortung, der stelle das Kollektiv - die Gesellschaft, den Staat - von nachhaltiger Verantwortung zu Lasten des Einzelnen frei. Arbeit habe noch immer eine integrierende Bedeutung für das gesellschaftliche Zusammenleben, weswegen die zunehmende rechtliche Deregulierung von Arbeitsverhältnissen so prekär sei. Während Schmitt in der Diagnose weitgehend zustimmt, scheint ihm Castells Therapievorschlag, die gesamtgesellschaftliche Reorganisation der "Arbeit", ein "bisschen blauäugig". Nichtsdestoweniger hebt hervor, dass Castels Buch "besonders geeignet" sei, "die floskelhaften Debatten über den Sozialstaat, an die wir uns gewöhnt haben, um die eine oder andere Facette zu bereichern".
© Perlentaucher Medien GmbH
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