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Wie wollen, werden und können wir in den gegenwärtigen und zukünftigen Zeiten des Terrors noch reisen - und »wohin«? Schließlich ist sich heutzutage jeder bewusst, nicht zu wissen, wo man »noch sicher sein kann«. Denn Touristen in ihrer Rolle als Repräsentanten einer »westlichen« Welt der unvergleichlich Reichen, denen zu ihrem Glück nur das schöne Wetter fehlt, sind ideale, da medienwirksame Ziele eines Terrorismus, der »keine Grenzen kennt«. Die Gefahr, dass der weltweite Terrorismus Flughäfen, Hotelressorts und Clubdörfer ins Visier nimmt, lässt ein obsessives Bedürfnis nach Sicherheit…mehr

Produktbeschreibung
Wie wollen, werden und können wir in den gegenwärtigen und zukünftigen Zeiten des Terrors noch reisen - und »wohin«? Schließlich ist sich heutzutage jeder bewusst, nicht zu wissen, wo man »noch sicher sein kann«. Denn Touristen in ihrer Rolle als Repräsentanten einer »westlichen« Welt der unvergleichlich Reichen, denen zu ihrem Glück nur das schöne Wetter fehlt, sind ideale, da medienwirksame Ziele eines Terrorismus, der »keine Grenzen kennt«. Die Gefahr, dass der weltweite Terrorismus Flughäfen, Hotelressorts und Clubdörfer ins Visier nimmt, lässt ein obsessives Bedürfnis nach Sicherheit einen immer »militarisierteren« Tourismus, geschützt mit allen Mechanismen technologischer und polizeitechnischer Kontrolle, wuchern. Eine ebenso intelligente wie kurzweilig zu lesende Zustandsbeschreibung der Logik von Tourismus und Terrorismus; eine ebenso nachdenkliche wie ironische Kritik an der Obsession grenzenloser Sicherheit - und am Recht auf endlose Ferien im Paradies; und gleichzeitig das Plädoyer für einen »durchlässigeren« Tourismus, ein bewussteres Reisen, ein anderes Unterwegssein.
Autorenporträt
Duccio Canestrini ist Anthropologe und Autor zahlreicher Bücher über Tourismus. Er lehrt an der Master Academy of Tourism Management in Trento.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.02.2007

Kolonien und Schlaraffendörfer

Das Buch des Italieners Duccio Canestrini ist eine Reise in die Zukunft des Reisens. Dabei erkennt er einen Wandel historischer Attribute und Paradigmenwechsel der Wesenszuschreibungen des Reisenden vom "heiligen Reisenden", der auf seiner Durchreise einen magisch-religiösen Schrecken verbreitete, hin zum "unbefleckten Reisenden", den die "phantastische Obsession" der Suche nach einem Platz an der Sonne und die Logik der touristischen Utopie einheimische Elendslokalitäten meiden lassen. In seiner Kulturgeschichte des Reisens erkennt Canestrini von den Reisen der vorindustriellen Welt zu Fuß oder zu Pferde in der Gruppe und unter bewaffnetem Schutz über das waffenlose Reisen mit mechanisierten Transportmitteln im Industriezeitalter bis hin zu den Sky Marshals unserer Tage eine Remilitarisierung des Tourismus. Gleichzeitig entlarvt er das der Sicherheitsrhetorik und Kontrolle der Mobilität und Transitorte seit dem 11. September 2001 zugrundeliegende staatliche Überwachungsdenken. Das Ende des geheimnisvollen und sakralen Aspekts des Reisenden wird in futuristischen Horrorvisionen eines "gläsernen Reisenden" im Kapitel "Anthropologie des Transitkörpers" heraufbeschworen. Süffisant enttarnt der Autor die Scheinheiligkeit der Sicherheitsobsessionen und Reisemodalitäten, wenn er die Kontrollen, Schlangen und elektronischen Durchleuchtungen als magisch-rituelle Läuterungsrituale beschreibt. Weiterhin analysiert er die konzeptuellen Denkfehler touristischer Enklaven und von der indigenen Realität abgeschirmter "Kolonien, Destinationen und Schlaraffendörfer". Immer wieder zieht der Autor in seinem mit Passagen aus Romanen und Sciencefctionfilmen unterfütterten Buch historisch stellenweise zutreffende, mitunter etwas konstruierte und überdrehte Analogien zwischen Tourismus und Kolonialismus, Terrorismus und Krieg. Als einzigen Ausweg aus dem Dilemma eines selbstreferentiellen, sich selbst genügenden und letztlich eurozentrischen Tourismus propagiert Canestrini konträr zum Isolationsgedanken der Ferienoasen eine "touristische Permeabilität" und weltoffene, die "Wahrheit der Begegnungen" suchende Reisekultur.

sg

"Schiessen Sie nicht auf den Touristen!" von Duccio Canestrini. Diaphanes Verlag, Zürich/Berlin 2006. 175 Seiten. Gebunden, 14,90 Euro. ISBN 3-935300-74-3.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Auch wenn es an einigen Stellen holpert - im Großen und Ganzen ist der Rezensent Volker Breidecker mit dem Plädoyer des italienischen Tourismusforschers Duccio Canestrini einverstanden. Seiner Meinung nach enthält das Buch, das handlich genug für jede Form des Reisens ist, eine "Fülle kluger Gedanken" - was nach Breideckers Einschätzung bei diesem Thema keineswegs selbstverständlich ist, denn das Nachdenken über den Tourismus ist oft genug von der "zu Ferienzeiten ebenfalls üblichen Suspension des Denkens" betroffen. Da stört es auch nicht, dass Canestrini sich dem Thema auf eine manchmal etwas "weitschweifige" Art und Weise nähert.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Canestrinis bitterer Realismus wird mit so viel Eloquenz vorgetragen, daß man das kleine Buch mit großem Amüsement über die Illusionen der anderen, vor allem aber über die eigenen liest.« Berliner Zeitung