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»Schiffbruch mit Tiger ist ein manchmal verteufelt spannender, dann wiederum wundersam verspielter Abenteuerroman. Ein Märchen eben, Nutzwert inklusive.« Der Spiegel, 10.2.2003
»'Schiffbruch mit Tiger'« ist eines der schönsten, intensivsten Bücher seit Jahren! Eine kleine literarische Sensation.« Annemarie Stoltenberg, Norddeutscher Rundfunk
»Ein Volltreffer - Dem kanadischen Autor Yann Martel ist mit seinem Roman ein fanstastisches Märchen und gleichzeitig eine beängstigend realistische Studie vom Überlebenskampf gelungen. Eine absolut verblüffende Parabel, die zu Recht den Booker Prize
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Produktbeschreibung
»Schiffbruch mit Tiger ist ein manchmal verteufelt spannender, dann wiederum wundersam verspielter Abenteuerroman. Ein Märchen eben, Nutzwert inklusive.«
Der Spiegel, 10.2.2003

»'Schiffbruch mit Tiger'« ist eines der schönsten, intensivsten Bücher seit Jahren! Eine kleine literarische Sensation.«
Annemarie Stoltenberg, Norddeutscher Rundfunk

»Ein Volltreffer - Dem kanadischen Autor Yann Martel ist mit seinem Roman ein fanstastisches Märchen und gleichzeitig eine beängstigend realistische Studie vom Überlebenskampf gelungen. Eine absolut verblüffende Parabel, die zu Recht den Booker Prize erhalten hat.«
Brigitte, 19.2.2003

»Yann Martels Roman ist wunderbar: witzig, berührend, grausam und spannend und wie jede gute Geschichte natürlich wahr, weil es anders gar nicht sein kann, weil es sonst nicht zu ertragen wäre. (...) Ein packender Abenteuerroman mit überraschenden Volten - und nicht zuletzt eine ergreifende Parabel über den Glauben und ein Hohelied auf die Macht des Erzählens.«
Carsten Würmann, taz, 17.2.2003

»Ein elegant geschriebener, klug komponierter Roman, das Buch eines Autors, der seine Einfälle behandelt wie der Zoodirektor von Pondicherry seine Tiere. Sie wollen vor allem ihre Ruhe. Und eines Tages träumt der Zoodirektor davon, ein Zirkusdirektor zu werden, um sich nach der Vorstellung seiner Tierchen und nach tosendem Beifall stolz und tief verbeugen zu können.«
Harald Jähner, Berliner Zeitung 26.5.2003
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Autorenporträt
Yann Martel wurde 1963 in Spanien geboren. Er wuchs in Costa Rica, Frankreich, Mexiko, Alaska und Kanada auf, als Sohn eines Diplomaten, und lebte später im Iran, in der Türkei und in Indien. Sein Roman ¿Schiffbruch mit Tiger¿ (2001) erschien in über 50 Ländern, wurde millionenfach verkauft und 2002 mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet. Die Verfilmung von Regisseur Ang Lee wurde 2013 mit vier Oscars prämiert. Bei S. FISCHER sind außerdem der Erzählband ¿Die Hintergründe zu den Helsinki-Roccamations¿ (2005) und die Romane ¿Ein Hemd des 20. Jahrhunderts¿ (2010) und ¿Die Hohen Berge Portugals¿ (2016) erschienen. Yann Martel lebt mit seiner Familie in Saskatoon, Kanada. Manfred Allié, geboren 1955 in Marburg, übersetzt seit über dreißig Jahren Literatur. 2006 wurde er mit dem Helmut-M.-Braem-Preis ausgezeichnet. Neben Werken von Jane Austen, Joseph Conrad und Patrick Leigh Fermor übertrug er unter anderem Romane von Yann Martel, Richard Powers, Joseph O'Connor, Reif Larsen und Patricia Highsmith ins Deutsche. Er lebt in der Eifel.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.02.2003

Der seekranke Tiger
Lebensform Schiffbruch: Yann Martel sucht Gott auf dem Meer

Acht Briefe schreibt Harry Parlington an Mrs. Barlow, achtmal spricht ihr der Gefängnisdirektor sein Beileid zum Tod ihres Sohnes Kevin aus, acht widersprüchliche Fassungen gibt er seiner Erzählung von den letzten Stunden des Häftlings. Mal ist der junge Mann gefaßt, mal verzweifelt, mal bricht er in einen hysterischen Lachkrampf aus, der erst im Moment des Todes abreißt, dann wieder kann es ihm mit dem Sterben nicht schnell genug gehen, oder er versucht zu fliehen, und einmal setzt die rasende Angst vor dem Galgen seinem Leben schon vorher ein Ende. Kevins Henkersmahlzeiten wechseln ebenso wie seine Empfänglichkeit für den Trost des Pfarrers; in einer Geschichte rührt er nichts an und will niemanden sehen, weil er hastig Berge von Papier mit seinen Notizen bedeckt.

In der Fülle dieser Varianten ist ein authentischer Bericht nicht zu haben. Statt dessen entsteht in Yann Martels früher Erzählung "Sterbearten" ein Panorama der Möglichkeiten, dem Tod zu begegnen und von ihm zu erzählen. Und es ist diese literarische Technik zur Verweigerung von inhaltlicher Gewißheit, die auch Martels jüngsten, mit dem Booker-Preis ausgezeichneten Roman "Schiffbruch mit Tiger" prägt: Da wird ein Indien-Reisender von einem Fremden angesprochen und hört die Geschichte eines unglaublichen Schiffbruchs im Pazifik. Später besucht er in Kanada den einzigen Überlebenden, der 227 Tage nach der Havarie in einem Rettungsboot an der mexikanischen Küste gefunden wurde, und befragt ihn intensiv. Die Geschichte dieses Pi Patel gibt der Erzähler nun wieder, "mit seiner eigenen Stimme, durch seine eigenen Augen gesehen. Alle Fehler oder Unstimmigkeiten gehen jedoch zu meinen Lasten." Doch für die größte Irritation sorgt Pi Patel selbst, indem er zu seinem Bericht auch eine Variante liefert, die diesem komplett zuwiderläuft.

Patels Geschichte, wie sie der Erzähler notiert, zerfällt in zwei Teile. Der Junge wächst im südindischen Pondicherry als Sohn eines Zoobesitzers auf. An ihm ist nichts Ungewöhnliches, außer seiner Leidenschaft für das Schwimmen und sein Interesse für die Religion, die so ausgeprägt ist, daß ihm ein einziger Glaube nicht genügt: Nacheinander wird er Hindu, Moslem und Christ, praktiziert fleißig die dazugehörigen Riten und stiftet Unfrieden unter seinen religiösen Führern, die sich, als sie einmal zufällig gemeinsam auf Pi treffen, heftig um die Seele des Jungen zanken.

Als er sechzehn ist, beschließen seine Eltern, mit den beiden Söhnen nach Kanada auszuwandern. Die Tiere nehmen sie mit. Doch das große Frachtschiff sinkt, und Pi findet sich nach dem Sturm in einem Rettungsboot wieder, gemeinsam mit einer Hyäne, einem Zebra, einem Orang-Utan und einem bengalischen Tiger. Im Lauf der ersten Tage dezimiert der Tiger die Gesellschaft der Schiffbrüchigen, bis er mit Pi allein an Bord ist. Der richtet sich, so gut es geht, auf ein Leben von Augenblick zu Augenblick ein, das von zwei Aufgaben beherrscht wird: den Tiger auf Abstand zu halten und Nahrung zu beschaffen.

Naturgemäß nimmt die Schilderung dieser Schiffahrt zwischen Todesangst und listigen Überlebensstrategien den wesentlichen Teil des Romans ein, und alle literarisch tradierten Elemente einer solchen Reise werden zitiert, anschaulich und souverän erzählt, ohne in allzu drastischen Schilderungen zu schwelgen - der Heißhunger, der Patel einmal beim Anblick frischen Tigerkots überkommt, ist schon das Äußerste, das Martel sich in dieser Hinsicht erlaubt. Dem Zusammenleben der beiden Schiffbrüchigen kommt eine ganze Reihe von Glücksfällen zugute: Da ist Patels Vertrautheit mit den Zootieren, die es ihm erleichtert, den Tiger einigermaßen zu zähmen; da ist des Tigers überaus friedliches Gemüt (er sei kein Alpha-, eher ein Omega-Tier, stellt Patel fest) und schließlich dessen Neigung zur Seekrankheit, die von seinem Reisegefährten skrupellos zur Disziplinierung eingesetzt wird: Wenn der Tiger nicht spurt, bringt Patel das Schiff so heftig ins Schlingern, daß das Tier alle Kampfeslust verliert. Außerdem ist das Rettungsboot bestens mit allem ausgestattet, was Havarierte benötigen, und da Patel auch seine Schwimmkünste einsetzen kann, um sich in schwierigen Situationen vor dem Tiger auf ein selbstgebautes Floß zu retten, erscheint sein Leben vor der Katastrophe insgesamt als perfekte Vorbereitung auf diese spezielle Form des Schiffbruchs.

All dies schildert Martel ohne allzu großen literarischen Anspruch, aber ihm gelingen einige bezaubernde Natur- und Tierschilderungen (das Faultier ist "nicht wirklich taub, es interessiert sich nur nicht für Geräusche"), und die letzte Gefahr der Schiffbrüchigen, die Begegnung mit einer schwimmenden Insel, verleiht dem zuvor eher sachlichen Erzählton unversehens eine unheimliche Schattierung, die den Text entschieden bereichert.

"Eine Geschichte, die einem den Glauben an Gott geben kann", hatte der indische Zufallsbekannte, Pi Patels Onkel Adirubasamy, dem Erzähler bei der ersten Begegnung versprochen, und wer mag, kann in der wundersamen Errettung des Jungen aus See-, Hungers- und Tigernot die waltende Hand Gottes sehen, der den dreifach Gläubigen auch in größter Gefahr nicht verläßt. Oder man kann die Verheißung des Inders auf das Zusammenleben zwischen Mensch und Tiger anwenden und trotz der Umstände, die eigentlich eher auf einen gewaltsamen Zusammenstoß hindeuten, das Rettungsboot als eine Art wiedergefundenes Paradies ansehen, in dem keine Kreatur der anderen ans Leben will. Aber Martel will mehr: Deshalb hat er viele Zeichen aufgestellt, um zu einer anderen Lesart einzuladen, die aller Esoterik fernsteht.

In seiner Einleitung gibt der Erzähler den ersten Hinweis: Daß diese Geschichte ihre Zuhörer zum Glauben führen könne, habe er in dem Moment gemerkt, als er sich die Tonbänder von der Befragung Patels im mexikanischen Krankenhaus angehört habe. Dort nämlich präsentiert der Gerettete zum einzigen Mal eine andere, wesentlich kürzere Version der Geschichte. Ein Tiger kommt dort nicht vor, kein Orang-Utan oder eine Hyäne, statt dessen ein sadistischer Schiffskoch, ein verwundeter Matrose und Patels Mutter. Auch hier überlebt Patel als einziger, nachdem er allerdings zum Mörder geworden ist und sich am Blut seines Opfers gelabt hat. Beide Versionen der Geschichte haben den gleichen Ursprung - den Schiffbruch - und das gleiche Ergebnis - das gestrandete Rettungsboot -, beide lassen sich nicht überprüfen, weil Patel der einzige Zeuge ist. "Welche von beiden", fragt er seine Besucher, "gefällt Ihnen besser, die mit den Tieren oder die ohne Tiere?" Als die Befragten sich für die Tiere entscheiden, erwidert Patel, genauso sei es mit Gott.

Den leeren Himmel, so kann man diesen Hinweis verstehen, läßt der eine leer, der andere stattet ihn mit höheren Mächten aus, beweisen läßt sich die jeweilige Vorstellung sowenig wie Patels Geschichte in der einen oder anderen Fassung. In dieser Lesart aber wäre Religion keinem metaphysischen Bedürfnis geschuldet, sondern der Entscheidung für die bessere Geschichte: die mit den Tieren.

Yann Martel: "Schiffbruch mit Tiger". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2003. 384 S., geb., 19,90 [Euro].

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