»Geht eigentlich alles auf der Welt irgendwann schlafen? . . . fragt das kleine Mädchen, das nicht schlafen will. »Ja«, antworten die Eltern und erklären dem kleinen Mädchen, wie der Hund, die Katze, die Fledermäuse und die Wale, die Bären und die Schnecken schlafen. Und auch dem kleinen Mädchen fällt ein Tier ein, das besonders viel schlafen muss, damit es stark bleibt: der Tiger. Und so schläft schließlich auch das kleine Mädchen in seinem Kokon aus Decken und seinem Nest aus Kissen tief und fest ein und bleibt stark wie ein Tiger. Ein magisches Einschlaf-Bilderbuch, das nicht nur die kleinen Leser begeistern wird.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.04.2014Kokon der Nacht
Die Welt der Phantasie hilft beim
Einschlafen, sogar dem Tiger im Dschungel
VON LAURA WEISSMÜLLER
Wenn Kinder nur wüssten, wie schwer es oft auch den Erwachsenen fällt, in der Nacht einen ruhigen Schlaf zu finden! Da wird sich herumgewälzt, Schäfchen gezählt und gedankliche Büroarbeit erledigt, nur um endlich einzuschlummern. Oft jedoch ohne Erfolg und vor allem immer ohne die Phantasiewesen, sprechenden Tiere und Traumwelten, die den Kindern zumindest die Langeweile beim Warten auf die schweren Augenlider vertreiben. Genau diese zauberhaften Begleiter auf dem Weg in den Schlaf sind es, die das Bilderbuch Schlaf wie ein Tiger der Amerikanerin Mary Logue so empfehlenswert machen – und zwar nicht nur für die kleinen, sondern durchaus auch für die großen Nichtschläfer.
Die Geschichte von dem jungen Mädchen, das einfach „kein bisschen schläfrig“ ist, aber sich trotzdem schrittweise, fast unbemerkt und liebevoll von den Eltern begleitet, dem Reich der Träume nähert, liest sich beinahe wie ein Gedicht. Kein Wunder: Die 1952 in Minnesota geborene Autorin, die als Journalistin arbeitete, bevor sie ihren ersten Roman Red Lake of the Hear t 1987 schrieb, hat schon vier Gedichtbände veröffentlicht. Zu ihrer poetischen Sprache passt, dass Pamela Zagarenski ihre Illustrationen federleicht, fast schon lyrisch die Seiten bevölkern lässt. In pastellen Tönen baut sie da eine Welt auf, die auch noch bei offenen Augen die Tür zur Phantasie weit öffnet: mit bekrönten Tigern und auf der Bettdecke schwimmenden Ottern, mit rot lackierten Bärentatzen, schnarchenden Schnecken, Walen auf Rädern und geheimnisvollen Zügen, die durchs Zimmer rattern.
All diese Wesen helfen dem Mädchen beim Einschlafen, indem sie zeigen, wie wichtig für jeden von ihnen der Schlaf ist – selbst für den Tiger im Dschungel. Denn nur wer ausgeruht ist, hat die Kraft für neue Abenteuer. Und noch etwas macht diese bunte Truppe sichtbar: Welches Vertrauen und Gefühl von Geborgenheit es braucht, um wirklich tief und fest einschlummern zu können. Wer das hat, kann sich wie das Mädchen schließlich „ein Kokon aus Laken“ machen, die Arme über der Brust verschränken und in den Träumen weite Kreise ziehen. Ganz, ganz weite.
Mary Logue : Schlaf wie ein Tiger. Mit Illustrationen von Pamela Zagarenski. Aus dem Englischen von Gundula Müller-Wallraf. Knesebeck 2014. 38 Seiten, 12,95 Euro.
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Die Welt der Phantasie hilft beim
Einschlafen, sogar dem Tiger im Dschungel
VON LAURA WEISSMÜLLER
Wenn Kinder nur wüssten, wie schwer es oft auch den Erwachsenen fällt, in der Nacht einen ruhigen Schlaf zu finden! Da wird sich herumgewälzt, Schäfchen gezählt und gedankliche Büroarbeit erledigt, nur um endlich einzuschlummern. Oft jedoch ohne Erfolg und vor allem immer ohne die Phantasiewesen, sprechenden Tiere und Traumwelten, die den Kindern zumindest die Langeweile beim Warten auf die schweren Augenlider vertreiben. Genau diese zauberhaften Begleiter auf dem Weg in den Schlaf sind es, die das Bilderbuch Schlaf wie ein Tiger der Amerikanerin Mary Logue so empfehlenswert machen – und zwar nicht nur für die kleinen, sondern durchaus auch für die großen Nichtschläfer.
Die Geschichte von dem jungen Mädchen, das einfach „kein bisschen schläfrig“ ist, aber sich trotzdem schrittweise, fast unbemerkt und liebevoll von den Eltern begleitet, dem Reich der Träume nähert, liest sich beinahe wie ein Gedicht. Kein Wunder: Die 1952 in Minnesota geborene Autorin, die als Journalistin arbeitete, bevor sie ihren ersten Roman Red Lake of the Hear t 1987 schrieb, hat schon vier Gedichtbände veröffentlicht. Zu ihrer poetischen Sprache passt, dass Pamela Zagarenski ihre Illustrationen federleicht, fast schon lyrisch die Seiten bevölkern lässt. In pastellen Tönen baut sie da eine Welt auf, die auch noch bei offenen Augen die Tür zur Phantasie weit öffnet: mit bekrönten Tigern und auf der Bettdecke schwimmenden Ottern, mit rot lackierten Bärentatzen, schnarchenden Schnecken, Walen auf Rädern und geheimnisvollen Zügen, die durchs Zimmer rattern.
All diese Wesen helfen dem Mädchen beim Einschlafen, indem sie zeigen, wie wichtig für jeden von ihnen der Schlaf ist – selbst für den Tiger im Dschungel. Denn nur wer ausgeruht ist, hat die Kraft für neue Abenteuer. Und noch etwas macht diese bunte Truppe sichtbar: Welches Vertrauen und Gefühl von Geborgenheit es braucht, um wirklich tief und fest einschlummern zu können. Wer das hat, kann sich wie das Mädchen schließlich „ein Kokon aus Laken“ machen, die Arme über der Brust verschränken und in den Träumen weite Kreise ziehen. Ganz, ganz weite.
Mary Logue : Schlaf wie ein Tiger. Mit Illustrationen von Pamela Zagarenski. Aus dem Englischen von Gundula Müller-Wallraf. Knesebeck 2014. 38 Seiten, 12,95 Euro.
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