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Unsere Zeit ist auch für die Kids gnadenloser geworden: Jedes 5. Kind in Deutschland hat bereits einen Schulkameraden so heftig geschlagen, dass er ärztlich behandelt werden musste. Kinder sind in Schule und Freizeit oft schlimmen Hänseleien ausgesetzt. Einer ist zu dick, die andere hat eine Zahnspange, der dritte ist Ausländer und die vierte trägt eine Brille. Es gibt immer Großmäuler und Rädelsführer, die die Schwächen anderer ausnutzen und sie verbal richtiggehend fertigmachen. Viele Kinder gehen mit Angst zur Schule. Ihre einzige Strategie ist, zuzuschlagen oder zu schweigen und Narben auf…mehr

Produktbeschreibung
Unsere Zeit ist auch für die Kids gnadenloser geworden: Jedes 5. Kind in Deutschland hat bereits einen Schulkameraden so heftig geschlagen, dass er ärztlich behandelt werden musste. Kinder sind in Schule und Freizeit oft schlimmen Hänseleien ausgesetzt. Einer ist zu dick, die andere hat eine Zahnspange, der dritte ist Ausländer und die vierte trägt eine Brille. Es gibt immer Großmäuler und Rädelsführer, die die Schwächen anderer ausnutzen und sie verbal richtiggehend fertigmachen. Viele Kinder gehen mit Angst zur Schule. Ihre einzige Strategie ist, zuzuschlagen oder zu schweigen und Narben auf der Seele davonzutragen. Matthias Pöhm will hier Abhilfe schaffen und hat speziell für Kinder Strategien entwickelt, wie sie anderen zeigen: Achtung! Ich kann kontern!
Autorenporträt
Matthias Pöhm ist einer der erfolgreichsten Rhetorik-Trainer im deutschsprachigen Raum. Er arbeitet als freier Schriftsteller, Moderator und Sprecher für Filmkommentare, Fernseh- und Rundfunkwerbung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.08.2008

Nachhilfe in Schlagfertigkeit

Wer gedisst wird, muss sich wehren. Ein Trainer verrät, wie man am besten zurückschlägt.

VON CHRISTINA RITZENHOFF

"Fettwanst!" Da war es wieder. Thomas weiß gar nicht, wie oft er dieses Wort schon gehört hat. Dabei ist der Zwölfjährige mit seinen 80 Kilo ein umgänglicher Typ, einer, der gern lacht, seine Schokoriegel teilt, anderen bei den Mathe-Hausaufgaben hilft.

Es gibt keinen Grund, Thomas nicht zu mögen. Trotzdem wird er von Mitschülern gehänselt, jeden Tag: "Burger-Fresser" schallt es über den Schulhof, "dicke Tonne" oder eben "Fettwanst". Ab und zu, wenn er seinen Mut zusammennimmt, ruft Thomas ein "selber" zurück. Meist aber geht er schnell weiter und grübelt: Warum fällt mir nur nie eine coole Antwort ein?

"Ich bin ja schon froh um eine Reaktion wie ,selber', auch wenn sie nicht originell ist", sagt Matthias Pöhm. "Denn sobald einer anfängt, sich zu wehren, ist er kein Opfer mehr." Pöhm ist Schlagfertigkeitstrainer. Er hat solche Szenen oft geschildert bekommen, in Briefen, auf seiner Website, in Schulen: Kinder, die wegen ihrer Aldi-Klamotten gehänselt werden, wegen der Pickel, der unkonventionellen Eltern, der Hautfarbe. Jedes dritte Kind leidet unter Hänseleien und dem Gefühl, ausgegrenzt zu werden, das hat eine bundesweite Befragung von 6300 Schülern zwischen 9 und 14 Jahren bestätigt (LBS-Kinderbarometer Deutschland 2007). Bei den meisten der fiesen Sprüche geht es ums Äußere: Körperfülle, Klamotten, Frisur. Bei manchen um schlechte Noten oder die roten Ohren, die man kriegt, wenn der Schwarm um die Ecke biegt.

"Mein Gott, was geht da in deutschen Schulen ab?", dachte Matthias Pöhm, als er im Frühjahr 2007 in einem Münchener Gymnasium zu Gast war und zum ersten Mal Geschichten wie die von Thomas hörte. Ein Fernsehsender hatte Pöhm eingeladen, um zu testen, ob ein Schlagfertigkeitstrainer auch gehänselten Kindern helfen kann. Der Sender war skeptisch, Pöhm fühlte sich herausgefordert. "Anders als bei Erwachsenen ist da Schlagfertigkeit in Reinkultur gefragt." Kinder sind direkter, unverblümter, haben keine Hemmungen. Heißt: Pöhm konnte den Schülern also das an die Hand geben, was Erwachsene sich oft nicht zu sagen trauen. Er hat deshalb ein Buch für Schüler geschrieben. Denn gerade Kinder brauchen Nachhilfe in Schlagfertigkeit. Darin geht es im Wesentlichen um drei Punkte: Die richtige Antwort zu kennen. Sich nach außen stark zu zeigen. Und sich auf Dauer gegen fiese Bemerkungen unempfindlich zu machen. Denn die haben oft schlimmere Folgen als Handgreiflichkeiten. Gehänselte Kinder leiden: Sie schlafen schlecht, bekommen Bauch- und Kopfschmerzen und werden schlechter in der Schule.

Pöhms Trick Nummer eins: "Unerwartetes Zustimmen" sollte man auf jeden Fall parat haben. Schmeißt einem jemand "Du stinkst!" an den Kopf, sei nichts schlechter, als mit einem "Stimmt doch gar nicht" zu antworten. Man müsse den anderen überraschen. Indem man etwas sagt, womit er garantiert nicht rechnet: Man stimmt ihm zu. "Gratulation, du bist der Erste, der das korrekt erkannt hat", ist eine Möglichkeit. Sein zweiter Favorit: "Gute Nase, Mann!" Je nachdem, was einem da gerade an den Kopf geworfen wird, lässt sich dieser Spruch mit Augen und Ohren abwandeln. Und passt so in sieben von zehn Fällen (siehe Kasten).

Fühlt man sich mit einem "Gute Nase, Mann!" irgendwie komisch, kann man sich aus Hunderten Varianten eine andere Antwort aussuchen. So lange, bis man die findet, die einem am leichtesten über die Lippen geht. Dann: "Trainieren! Trainieren! Trainieren! Alles andere nützt nichts." Pöhms scheinbar schräger Tipp: sich von Freunden und Eltern beschimpfen lassen, den ganzen Tag lang. Denn wenn es beim fünften oder zehnten Mal noch nicht klappt, wird man sich beim zwanzigsten vielleicht spontan an die richtige Antwort erinnern. Und fällt einem wirklich mal gar nichts ein: "Den Stinkefinger hoch! Und ohne sich umzublicken, weitergehen", sagt Pöhm. "So hat man wenigstens Selbstwertgefühl demonstriert."

Das ist das eigentliche Ziel: sich endlich nicht mehr so klein zu fühlen. Irgendwann vielleicht sogar zu denken: Es macht mir nichts mehr aus. Hört sich schwierig an, ist es auch. Man kann daher ruhig klein anfangen. Mit der Körperhaltung beispielsweise. Pöhm: "Am gebogenen Rücken, eingeknickten Beinen, den gesenkten Augen erkennt man das Opfer." Wer gerade steht und den Blicken der anderen standhält, wirkt gleich ein ganzes Stück stärker. Und das ganz ohne Worte.

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