Der Begriff Schlaraffenland ist in hohem Maß ambivalent. Er vermittelt das Bild einer Welt, in der die Menschen saturiert und träge, Faulheit die höchste Tugend, Fleiß das schlimmste Laster sind. Europa präsentiert sich heute als Wohlstandsfestung, die die Grenzen immer dichter macht, als Sodom und Gomorrha narzisstischer Individualisten und Hedonisten. Europa ist aber auch der Traum von Arkadien, die Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies, nach einem guten Leben und einem Glück, das nichts mit Leistung, sozialem Aufstieg und Macht zu tun hat.
(Hubert Christian Ehalt)
Bei der mühsamen Einigung über die Besetzung der Funktion des Präsidenten der Europäischen Zentralbank wurde es wieder einmal besonders deutlich. Es gibt noch sehr wenig Geist, Stimmung, Engagement und Emotion für ein Denken Europas als Kultur- und Wertegemeinschaft.
Europa, das ist derzeit wirtschaftliche Rationalität und noch nicht lebenskulturelles Herz. Die Staatsräson fordert in den europäischen Nationalstaaten, die der Europäischen Union angehören, aus guten ökonomischen Gründen den wirtschaftlichen Zusammenschluss der Nationen.
Zugleich macht man sich überall auf diesem schönen Kontinent nur sehr halbherzig den kulturellen Zusammenhang bewusst. Die kulturellen Qualitäten, die in Europa in einem langen historischen Prozess entstanden sind, waren jedenfalls nicht an die Geschichte und die Grenzen der gegenwärtigen Nationalstaaten gebunden, die ja nur in relativ kurzen Zeiträumen die Geschicke Europas gestalteten.
Der erste Band dieser neuen Buchreihe befasst sich mit Fragen der europäischen Identität aus verschiedenen Perspektiven, wie mit dem europäischen Sonderweg. Kulturwissenschaften, Mythen und Gedächtnis und mit den räumlichen Orten, wie Zentrum, Norden und Süden. Die neue Reihe setzt sich zum Ziel, "urbane Kulturen als Lebenswelten und als Diskurse, als Ereignisse und Prozesse, als Strukturen und Narrativezu erörtern." Der erste Band bietet dazu bereits einen wichtigen Diskussionsanstoß.
In der Einleitung gibt der Herausgeber einen Überblick über das äußere Erscheinungsbild Europas, über Defizite und Errungenschaften. Die einzelnen Autoren reflektieren - zumindest ansatzweise - Bedingungen, Entwicklungen und aktuelle europäische Wege, kritisieren und analysieren sie. Sie stimmen weitgehend darin überein. dass es sinnvoll wäre, das europäische Modell als Ausgangspunkt für eine "neue" Identität Europas zu nehmen. Dazu zählen u.a. neben der wirtschaftlichen Realität eine stärkere Wahrnehmung und Interpretation Europas als Kultur- und Wertegemeinschaft. Durch die Staatsräson in den europäischen Nationalstaaten, die der EU angehören, wurde bisher der ökonomische Zusammenschluss der Nationen forciert und dabei übersehen, die kulturellen Zusammenhänge entsprechend zu verdeutlichen und sie unter Berücksichtigung der Kulturtransferprozesse zu fördern.
Die Aufsätze des vorliegenden Bandes setzen bei diesen erwähnten Problemstellungen an. ohne einen neuen und fragwürdigen Eurozentrismus zu propagieren. Sie zeigen insgesamt auf. warum und wie sich trotz vielfältiger Spaltungs- und Grenzziehungsprozesse auch wichtige Gemeinsamkeiten in Europa herausgebildet haben. Bei den Aufsätzen und Essays handelt es sich um überarbeitete und aktualisierte Vorträge, die im Rahmen des Symposiums der Wiener Vorlesungen "Europa neu denken" Behalten wurden.
(Helmut Reinalter)
(Hubert Christian Ehalt)
Bei der mühsamen Einigung über die Besetzung der Funktion des Präsidenten der Europäischen Zentralbank wurde es wieder einmal besonders deutlich. Es gibt noch sehr wenig Geist, Stimmung, Engagement und Emotion für ein Denken Europas als Kultur- und Wertegemeinschaft.
Europa, das ist derzeit wirtschaftliche Rationalität und noch nicht lebenskulturelles Herz. Die Staatsräson fordert in den europäischen Nationalstaaten, die der Europäischen Union angehören, aus guten ökonomischen Gründen den wirtschaftlichen Zusammenschluss der Nationen.
Zugleich macht man sich überall auf diesem schönen Kontinent nur sehr halbherzig den kulturellen Zusammenhang bewusst. Die kulturellen Qualitäten, die in Europa in einem langen historischen Prozess entstanden sind, waren jedenfalls nicht an die Geschichte und die Grenzen der gegenwärtigen Nationalstaaten gebunden, die ja nur in relativ kurzen Zeiträumen die Geschicke Europas gestalteten.
Der erste Band dieser neuen Buchreihe befasst sich mit Fragen der europäischen Identität aus verschiedenen Perspektiven, wie mit dem europäischen Sonderweg. Kulturwissenschaften, Mythen und Gedächtnis und mit den räumlichen Orten, wie Zentrum, Norden und Süden. Die neue Reihe setzt sich zum Ziel, "urbane Kulturen als Lebenswelten und als Diskurse, als Ereignisse und Prozesse, als Strukturen und Narrativezu erörtern." Der erste Band bietet dazu bereits einen wichtigen Diskussionsanstoß.
In der Einleitung gibt der Herausgeber einen Überblick über das äußere Erscheinungsbild Europas, über Defizite und Errungenschaften. Die einzelnen Autoren reflektieren - zumindest ansatzweise - Bedingungen, Entwicklungen und aktuelle europäische Wege, kritisieren und analysieren sie. Sie stimmen weitgehend darin überein. dass es sinnvoll wäre, das europäische Modell als Ausgangspunkt für eine "neue" Identität Europas zu nehmen. Dazu zählen u.a. neben der wirtschaftlichen Realität eine stärkere Wahrnehmung und Interpretation Europas als Kultur- und Wertegemeinschaft. Durch die Staatsräson in den europäischen Nationalstaaten, die der EU angehören, wurde bisher der ökonomische Zusammenschluss der Nationen forciert und dabei übersehen, die kulturellen Zusammenhänge entsprechend zu verdeutlichen und sie unter Berücksichtigung der Kulturtransferprozesse zu fördern.
Die Aufsätze des vorliegenden Bandes setzen bei diesen erwähnten Problemstellungen an. ohne einen neuen und fragwürdigen Eurozentrismus zu propagieren. Sie zeigen insgesamt auf. warum und wie sich trotz vielfältiger Spaltungs- und Grenzziehungsprozesse auch wichtige Gemeinsamkeiten in Europa herausgebildet haben. Bei den Aufsätzen und Essays handelt es sich um überarbeitete und aktualisierte Vorträge, die im Rahmen des Symposiums der Wiener Vorlesungen "Europa neu denken" Behalten wurden.
(Helmut Reinalter)