Ein wichtiges Aufklärungsbuch über den medizinischen Alltag
Gunter Frank berichtet über Fehlbehandlungen im Alltag, über deren Ursachen und über die gesellschaftlichen Folgen schlechter Medizin. Er fordert die Leser auf, den medizinischen Betrieb kritischer zu hinterfragen. Da Autor Frank selbst
Arzt ist, handelt es sich um einen mutigen Schritt, seine Erkenntnisse einem breiten Publikum…mehrEin wichtiges Aufklärungsbuch über den medizinischen Alltag
Gunter Frank berichtet über Fehlbehandlungen im Alltag, über deren Ursachen und über die gesellschaftlichen Folgen schlechter Medizin. Er fordert die Leser auf, den medizinischen Betrieb kritischer zu hinterfragen. Da Autor Frank selbst Arzt ist, handelt es sich um einen mutigen Schritt, seine Erkenntnisse einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Die Leser erhalten kritische Informationen von einem Insider.
Frank erläutert den Trick mit den Normwerten, erläutert den Unterschied zwischen relativem und absolutem Risiko und beschreibt klare Regeln für eine gute Medizin. Studie ist nicht gleich Studie. Es gibt nur wenige (aussagekräftige) „Champions-League-Studien“. Diese sind teuer, laufen über viele Jahre und werden daher nur selten erstellt. Dabei erfüllen sie am ehesten die Forderung nach evidenzbasierter Medizin. In der Realität wird mit Vergleichsgruppen, Klassifizierungen, der Datenauswahl und statistischen Analysen getrickst, um die „Erwartungswerte“ zu erhalten.
Aufschlussreich ist, wie die sogenannte Lehrmeinung in der Medizin entsteht. Der Einfluss der Hochschulprofessoren auf die Leitlinien der Fachgesellschaften ist enorm. Und hinter den Professoren steht die Industrie. „Es ist davon auszugehen, dass es eine direkte Einflussnahme der Industrie auf die Leitlinienerstellung in Deutschland gibt.“ (148) Es mangelt an einer unabhängigen Qualitätssicherung. Um hier gegenzusteuern, wurde 2004 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen gegründet.
Frank warnt vor einer Ideologisierung der Gesundheitspolitik. „Die Irrtümer werden als generationsübergreifende Ideologien weitergegeben.“ (176) „Neue Ansätze oder Kritik an etablierten Lehrmeinungen werden systematisch unterdrückt.“ (185) (Natur)wissenschaftliche Methoden haben nicht das Gewicht, welches sie haben sollten, statistische Methoden werden unsachgemäß angewandt.
Autor Frank beschäftigt sich auch mit Ernährungsfragen und ihrem Einfluss auf die Gesundheit. Das ist ein Thema, welches Zweifel weckt. Frank spielt den Einfluss der Ernährung auf die Gesundheit herunter. Der Mensch wird aber durch die Gene und durch die Umwelt geprägt. Den Einfluss der Ernährung auf Krankheiten herunterzuspielen halte ich aus evolutionsbiologischer Sicht nicht für plausibel.
Im Schlusskapitel erläutert Frank, wie er bei Untersuchungen vorgeht. Sein Hauptvorwurf richtet sich an die medizinischen Hochschulen, denen Selbstkritik fehlt und die Lehrmeinungen hervorbringen, die nicht dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechen. Er erläutert, welche Änderungen aus seiner Sicht erforderlich sind und wie sich Patienten im Hinblick auf beschriebene Missstände verhalten sollen. Das Buch ist ein „Plädoyer für mehr Vernunft in der Medizin“.