In der Mitte der vierziger Jahre fand die größte Völkerwanderung der Geschichte statt. Die einen flohen vor der Front aus Furcht vor der Rache, die anderen mussten die Heimat verlassen, weil die alliierten Siegermächte es in Potsdam so verfügt hatten. Der Umgang mit den aus Ost- und Westpreußen, aus Pommern, Schlesien und aus dem Sudetenland stammenden Millionen Menschen, die in den vier Besatzungszonen aufgenommen wurden, war so verschieden wie ihre Bezeichnung. Im Osten hießen sie Umsiedler, was den Grund ihres Hierseins so verschleierte wie der Begriff »Vertriebene« im Westen. Sie hatte weder freiwillig ihre Heimat verlassen noch waren sie nur Opfer. Natürlich waren sie das auch, aber bevor sie ihre Heimat verloren, waren in deutschem Namen Millionen Nichtdeutsche vertrieben, deportiert und umgebracht worden. Horst Klantes Schicksal steht stellvertretend für viele andere. Er wurde in einem Dorf südlich von Breslau geboren. Als er sechs war, mussten er, sein Bruder und die Mutter den Ort verlassen. So wie ihnen erging es Millionen. Sie zahlten die Zeche für den Krieg, den sie nicht verhindert hatten. Die Klantes kamen nach Sachsen und wurden Neubauern, nachdem der Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war. Die Bodenreform gab den Heimatlosen Land, damit sie ihre Existenz sicherten und eine Perspektive hatten.In Berlin erinnert seit Juni 2021 ein »Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung« an Schicksale wie das von Horst Klante. Kanzlerin Merkel sagte bei der Eröffnung unmissverständlich: »Ohne den von Deutschland im Nationalsozialismus über Europa und die Welt gebrachten Terror [...], ohne den von Deutschland entfesselten Zweiten Weltkrieg wäre es nicht dazu gekommen, dass zum Ende des Zweiten Weltkriegs und danach Millionen Deutsche Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung erleiden mussten.«