Ein reich bebilderter Führer zu den interessantesten und schönsten Schlössern der Schwäbischen Alb. Unter diesen findet man historisch so bedeutende wie Schloss Urach oder Schloss Sigmaringen, aber auch einmalige Anlagen wie das "Märchenschloss" Lichtenstein oder die in ihren Ausmaßen schlossgroße Burg Hohenzollern. Ein Schlösserführer, der auch eingefleischten Albkennern viel Neues zu bieten hat.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.03.2011Immer schön die Hügel hinauf
Mit zunehmender Durchschlagskraft des Kriegsgeräts stieg die Lebensqualität der Herrschenden. Denn als selbst das dickste Gemäuer keinen Schutz mehr vor modernen Feuerwaffen bot, hatten die zugigen Burgen ausgedient. Man machte es sich fortan in feudalen Schlössern kommod - oder nahm halt notfalls Reißaus. Fehlten für ehrgeizige Neubaupläne die notwendigen finanziellen Mittel, musste die schrittweise Modernisierung der angestammten Familienburg genügen. Dass viele Schlösser in Württemberg auf den Fundamenten alter Burgen stehen, hat neben schwäbischer Sparsamkeit jedoch vor allem mit den beschränkten Möglichkeiten der zahlreichen Landadeligen auf ihren Kleinterritorien zu tun. Dafür gibt es aber gerade in Südwestdeutschland noch besonders viele Burgen und Schlösser. Der Silberburg-Verlag widmet sich schon länger dem umfangreichen Erbe der einzelnen Regionen mit einer kleinen Buchreihe. Der jüngste Band stellt die Schlösser der Schwäbischen Alb vor. Der Bildband zeigt eine wenig bekannte Seite des Mittelgebirges, mit dem man in der Vorstellung vor allem Natur und Wandern verbindet. Unter den insgesamt neunundzwanzig beschriebenen Adelssitzen sind nur drei über die Region hinaus bekannt: Der romantische Stammsitz der Hohenzollern, der wie die Vision einer Gralsburg über dem kegeligen Zollern nahe Hechingen aufscheint, zieht Besucher aus aller Welt an. Das Traumschlösschen Lichtenstein als Architektur gewordener Roman von Wilhelm Hauff ist ein Reiseziel von Literaturliebhabern und den Freunden der Romantik, während Schloss Sigmaringen, das sich auf einem Fels über der jungen Donau auftürmt, mit seinen exquisiten Sammlungen vor allem Kunstfreunde anzieht. Die vielen kleineren Adelssitze an den Nebenflüssen von Donau und Neckar finden hingegen kaum Beachtung. Meilensteine der Feudalarchitektur darf man darunter auch nicht unbedingt erwarten, aber die bodenständige schwäbische Gemütlichkeit hat durchaus ihren Charme. Die Fotografien im Buch wirken jedenfalls sehr einladend. Einige Häuser, wie das reizende gotische Schlösschen des berühmten Verlegers Johann Friedrich Cotta bei Balingen, sind als Privatbesitz allerdings nicht zu besichtigen. Dafür wurden in den Schlössern Weitenburg und Haigerloch südlich der Landeshauptstadt komfortable Schlosshotels eingerichtet. Andere Residenzen dienen mittlerweile als Amtsgebäude, Kulturzentren oder Museen. Zu einer Gedenkstätte schließlich wurde das berüchtigte Schloss Grafeneck, in dem die Nationalsozialisten zum ersten Mal den industriell organisierten Massenmord praktizierten. Die Autorin beschreibt jedes Schloss, seine Architektur und die Historie in allen Einzelheiten. Darüber hinaus findet man im Anhang in knapper Form alle notwendigen Angaben über die jeweilige Nutzung, Besichtigungsmöglichkeiten und Öffnungszeiten. In dem schönen Buch vermisst man einzig das sogenannte Wäscherschloss am Fuß des Hohenstaufen, was umso überraschender ist, als der Ort als Ursprung der Staufer gilt.
rmb
"Schlösser der Schwäbischen Alb. Geschichte und Geschichten" von Katharina Hild und Nikola Hild. Silberburg-Verlag, Tübingen 2010. 160 Seiten, 138 farbige Abbildungen. Gebunden, 19,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mit zunehmender Durchschlagskraft des Kriegsgeräts stieg die Lebensqualität der Herrschenden. Denn als selbst das dickste Gemäuer keinen Schutz mehr vor modernen Feuerwaffen bot, hatten die zugigen Burgen ausgedient. Man machte es sich fortan in feudalen Schlössern kommod - oder nahm halt notfalls Reißaus. Fehlten für ehrgeizige Neubaupläne die notwendigen finanziellen Mittel, musste die schrittweise Modernisierung der angestammten Familienburg genügen. Dass viele Schlösser in Württemberg auf den Fundamenten alter Burgen stehen, hat neben schwäbischer Sparsamkeit jedoch vor allem mit den beschränkten Möglichkeiten der zahlreichen Landadeligen auf ihren Kleinterritorien zu tun. Dafür gibt es aber gerade in Südwestdeutschland noch besonders viele Burgen und Schlösser. Der Silberburg-Verlag widmet sich schon länger dem umfangreichen Erbe der einzelnen Regionen mit einer kleinen Buchreihe. Der jüngste Band stellt die Schlösser der Schwäbischen Alb vor. Der Bildband zeigt eine wenig bekannte Seite des Mittelgebirges, mit dem man in der Vorstellung vor allem Natur und Wandern verbindet. Unter den insgesamt neunundzwanzig beschriebenen Adelssitzen sind nur drei über die Region hinaus bekannt: Der romantische Stammsitz der Hohenzollern, der wie die Vision einer Gralsburg über dem kegeligen Zollern nahe Hechingen aufscheint, zieht Besucher aus aller Welt an. Das Traumschlösschen Lichtenstein als Architektur gewordener Roman von Wilhelm Hauff ist ein Reiseziel von Literaturliebhabern und den Freunden der Romantik, während Schloss Sigmaringen, das sich auf einem Fels über der jungen Donau auftürmt, mit seinen exquisiten Sammlungen vor allem Kunstfreunde anzieht. Die vielen kleineren Adelssitze an den Nebenflüssen von Donau und Neckar finden hingegen kaum Beachtung. Meilensteine der Feudalarchitektur darf man darunter auch nicht unbedingt erwarten, aber die bodenständige schwäbische Gemütlichkeit hat durchaus ihren Charme. Die Fotografien im Buch wirken jedenfalls sehr einladend. Einige Häuser, wie das reizende gotische Schlösschen des berühmten Verlegers Johann Friedrich Cotta bei Balingen, sind als Privatbesitz allerdings nicht zu besichtigen. Dafür wurden in den Schlössern Weitenburg und Haigerloch südlich der Landeshauptstadt komfortable Schlosshotels eingerichtet. Andere Residenzen dienen mittlerweile als Amtsgebäude, Kulturzentren oder Museen. Zu einer Gedenkstätte schließlich wurde das berüchtigte Schloss Grafeneck, in dem die Nationalsozialisten zum ersten Mal den industriell organisierten Massenmord praktizierten. Die Autorin beschreibt jedes Schloss, seine Architektur und die Historie in allen Einzelheiten. Darüber hinaus findet man im Anhang in knapper Form alle notwendigen Angaben über die jeweilige Nutzung, Besichtigungsmöglichkeiten und Öffnungszeiten. In dem schönen Buch vermisst man einzig das sogenannte Wäscherschloss am Fuß des Hohenstaufen, was umso überraschender ist, als der Ort als Ursprung der Staufer gilt.
rmb
"Schlösser der Schwäbischen Alb. Geschichte und Geschichten" von Katharina Hild und Nikola Hild. Silberburg-Verlag, Tübingen 2010. 160 Seiten, 138 farbige Abbildungen. Gebunden, 19,90 Euro.
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