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"In der heutigen Zeit Liebe?
Lieben Sie? Wer liebt denn heute noch?
Dann schon lieber eine kleine Sommergeschichte."
Tucholskys berühmte 'Sommergeschichte', 1931 erschienen, beginnt mit einem fiktiven Briefwechsel, in dem der Verleger Ernst Rowohlt seinem Hausautor nahelegt, eine kleine Liebes- oder Sommergeschichte zu schreiben, welche die Leute »ihrer Freundin schenken können«. Danach setzt erst die eigentliche Handlung ein - der Schweden-Urlaub des Ich-Erzählers Peter und seiner Freundin, der Sekretärin »Prinzessin« Lydia. Die Schilderung des fröhlich bis frivol gestalteten Urlaubs…mehr

Produktbeschreibung
"In der heutigen Zeit Liebe?

Lieben Sie? Wer liebt denn heute noch?

Dann schon lieber eine kleine Sommergeschichte."
Tucholskys berühmte 'Sommergeschichte', 1931 erschienen, beginnt mit einem fiktiven Briefwechsel, in dem der Verleger Ernst Rowohlt seinem Hausautor nahelegt, eine kleine Liebes- oder Sommergeschichte zu schreiben, welche die Leute »ihrer Freundin schenken können«. Danach setzt erst die eigentliche Handlung ein - der Schweden-Urlaub des Ich-Erzählers Peter und seiner Freundin, der Sekretärin »Prinzessin« Lydia. Die Schilderung des fröhlich bis frivol gestalteten Urlaubs der beiden unterlegt Tucholsky bei aller Leichtigkeit und sprachlichen Spritzigkeit auch mit ernsten und kritischen Untertönen und erweist sich hierin als meisterhafter Erzähler.

Autorenporträt
Tucholsky, Kurt
Kurt Tucholsky, am 9. Januar 1890 in Berlin als Sohn eines Kaufmanns geboren, schrieb schon in seiner Schulzeit und während des Jurastudiums für 'Ulk', die Beilage des 'Berliner Tageblatts', und für das SPD-Parteiorgan 'Vorwärts'. 1912 begann mit der Veröffentlichung von 'Rheinsberg, ein Bilderbuch für Verliebte' auch seine schriftstellerische Laufbahn. Tucholsky war Literatur- und Theaterkritiker bei der 'Schaubühne' (später 'Weltbühne') und als Korrespondent in Paris tätig. 1929 emigrierte er nach Schweden, 1933 wurde er in Deutschland ausgebürgert und seine Bücher wurden verbrannt. Tucholsky starb am 21. Dezember 1935 in Hindås bei Göteborg, vermutlich handelte es sich um Suizid.
Kiermeier-Debre, Joseph
Prof. Dr. Joseph Kiermeier-Debre war bis vor kurzem Leiter des Antoniter-/Strigelmuseums und der MEWO Kunsthalle in Memmingen, ist Dozent für Neuere deutsche Literatur an der Universität München und Autor und Herausgeber zahlreicher Veröffentlichungen, darunter Autor der Originalausgaben 'Goethes Frauen' (dtv 14025) und Schillers Frauen (dtv 13769) und Herausgeber der Gedichtbände von Eichendorff (dtv 13600), Klabund (dtv 20641) und Schiller (13270).

Seit 1997 betreut er als Herausgeber die dtv Bibliothek der Erstausgaben. Dort erschienen bisher 80 Bände.

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.02.2012

Das Ende der Scheindiskretion

Reine Schönheit ist Hans Traxlers Sache nicht. Der Veteran der Neuen Frankfurter Schule hat Kurt Tucholskys Roman "Schloß Gripsholm" höchst vergnüglich illustriert.

Als Kurt Tucholsky 1931 seinen Roman "Schloß Gripsholm" veröffentlichte, war Hans Traxler zwei Jahre alt - Buch und Illustrator gehören also einer Generation an. Das merkt man wohltuend am Resultat ihrer jüngsten Begegnung: Hans Traxler, der Veteran der Neuen Frankfurter Schule, hat für die Büchergilde Gutenberg "Schloß Gripsholm" illustriert. Und was ihm das für ein Vergnügen bereitet haben muss, ist bei jeder der siebenundfünfzig Abbildungen zu spüren, auch daran, dass der Ich-Erzähler nicht nur Tucholskys Züge trägt (es handelt sich bei dem Roman ja um eine autobiographische Fiktion), sondern subtil bisweilen an Hans Traxlers Äußeres denken lässt. Obwohl der Zeichner nicht raucht.

Über den Roman muss man nicht viele Worte verlieren, er ist Tucholskys erfolgreichstes Buch und stilistisch auch sein gewagtestes - vom postmodern anmutenden Auftakt, in dem Ernst Rowohlt und der Autor in einem kleinen brieflichen Machtspiel zwischen Verleger und Schriftsteller die Abfassung dieses Romans verabreden, bis zu den frivolen Passagen im schwedischen Urlaubsdomizil, in denen Tucholsky eine muntere ménage à trois so sozialverträglich engagiert verkleidet, dass man sich über die erotische Komponente keine anderen als romantische Gedanken macht.

Reine Schönheit aber ist Hans Traxlers Sache nicht. Die von ihm elegant gezeichneten Figuren - Kurt erst nur in Begleitung von Lydia, dann auch von Billie - stecken zwar in wunderschönen zeittypischen Gewändern, doch Traxler hat keine Scheu, zu den elegischen Illustrationen, die sich vor Schärenküsten und Sonnenuntergängen abspielen, auch satirische Bildfindungen zu gesellen. Wenn zum Beispiel Frau Adriani, die böse Internatsdirektorin, von Tucholsky so beschrieben wird: "Sie begann zu weinen. Die Prinzessin starrte sie an, als hätte sie ein exotisches Fabeltier vor sich", dann zeichnet Traxler die von ihm zuvor massig inszenierte Dame als bitter flennendes Krokodil und nimmt damit nicht nur Tucholskys Allegorie, sondern auch den zoologischen Topos der Krokodilstränen auf.

Auf solche Weise ergänzt der Zeichner die Charakterschilderungen im Buch, die bewusst nicht zu tief geraten sollen, weil ja das Ziel der ganzen Handlung nur die Erstellung jener "kleinen Sommergeschichte" ist, auf die Rowohlt und Tucholsky sich im ersten Kapitel geeinigt haben. Dass unter der Hand viel mehr in "Schloß Gripsholm" steckt, nämlich ein Zeiten- und Sittenbild der Weimarer Republik, merkt jeder Leser. Und Hans Traxler zeigt es.

Auch buchgestalterisch ist viel Überlegung in diese illustrierte (und in bewährter Rechtschreibung gesetzte) Ausgabe geflossen. Zwei Bilder werden auf Doppelseiten inszeniert, aber erst spät im Buch, so dass die Überraschung besonders groß ist. Zwei andere Illustrationen setzen sich von der Seitenvorder- auf deren Rückseiten fort - beides Darstellungen von Menschenreihen, deren eigentliche Pointen aus dem Aha-Erlebnis beim Umblättern entstehen.

"Vieles habe ich von dieser Stunde vergessen", berichtet der scheindiskrete Erzähler von einer Nacht im Gästezimmer des Schlosses, "aber eins weiß ich noch heute: Wir liebten uns am meisten mit den Augen." Unsere lieben auch: Hans Traxlers Bilder.

ANDREAS PLATTHAUS

Kurt Tucholsky: "Schloß Gripsholm". Eine Sommergeschichte.

Mit Bildern von Hans Traxler. Edition Büchergilde, Frankfurt am Main 2011. 176 S., 57 Abb., geb., 24,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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