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Ein schonungsloser Blick auf die deutsche Außenpolitik: Schluss mit der Heuchelei!Deutschland ist längst eine Großmacht, doch hält es sich nach wievor für eine europäische Mittelmacht. Volk und Elite hinken derRealität hinterher; Biedermeier beherrscht die Außenpolitik.460 Millionen Euro kostet die Präsenz der Bundeswehr am Hindukusch, aber gegen die Taliban darf sie nicht kämpfen. Deutschland entzieht seinen Streitkräften und Nachrichtendienstendie Unterstützung, sobald sie in den Kampf gegen den internationalen Terror eingreifen - seine Soldaten agieren als bewaffnete Entwicklungshelfer.Es…mehr

Produktbeschreibung
Ein schonungsloser Blick auf die deutsche Außenpolitik: Schluss mit der Heuchelei!Deutschland ist längst eine Großmacht, doch hält es sich nach wievor für eine europäische Mittelmacht. Volk und Elite hinken derRealität hinterher; Biedermeier beherrscht die Außenpolitik.460 Millionen Euro kostet die Präsenz der Bundeswehr am Hindukusch, aber gegen die Taliban darf sie nicht kämpfen. Deutschland entzieht seinen Streitkräften und Nachrichtendienstendie Unterstützung, sobald sie in den Kampf gegen den internationalen Terror eingreifen - seine Soldaten agieren als bewaffnete Entwicklungshelfer.Es fehlt der Bundesrepublik an Willen, global zu handeln. Sie hat weder eine Strategie, was ihre Streitkräfte bewirken sollen, noch ein Konzept deutscher Inter essen. Und auch der Europapolitik mangelt es an Weitblick: Obwohl das Land seine Belange in der Europäischen Union durchaus effizient wahrnimmt, glaubt Berlin stets, zu kurz zu kommen. Gerade deshalb wäre die Wirtschaftsmacht Deutschland berufen, den sogenannten Lissabon-Prozess - bis 2010 will die Union die dynamischste Weltgegend werden - zu beleben. Wo bleibt deutsches Leadership, fragt der Schweizer Journalist Eric Gujer.
Autorenporträt
Eric Gujer ist Deutschland-Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung in Berlin. Er hat die deutsch-deutsche Wende in Ostberlin beobachtet und arbeitete anschließend als Korresspondent der NZZ in Jerusalem und Moskau. Ausgedehnte Reisen führten ihn in den Kaukasus, nach Pakistan, Indien und Zentralasien. Seit 1998 lebt und arbeitet er in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.10.2008

Teufelszeug Machtpolitik
Deutschland kann sich nicht um seine Verantwortung drücken
Nach einer Umfrage hält jeder zweite Deutsche sein Land für eine Weltmacht. Doch wie wenig dieser Anspruch mit der Wirklichkeit gemein hat, belegt eine der scharfsinnigsten Analysen deutscher Außen- und Sicherheitspolitik der letzten Jahre. Dass der Autor ausländischer Korrespondent ist, ist kein Zufall. Denn um die Deutschen verstehen zu können, muss man sie von innen wie von außen betrachten. Die neutrale Schweiz ist dabei kein schlechter Ausgangspunkt. Die Neue Zürcher Zeitung entsandte Eric Gujer nach Berlin, um Deutschland den Puls zu fühlen. Die Diagnose liegt nun vor: In der Außenpolitik hat die Bundesrepublik ihre Rolle noch nicht gefunden. Häufig reagiert sie nur auf US-Initiativen. So hat sich Deutschland beispielsweise in Afghanistan aus bündnispolitischer Solidarität in einen Konflikt hineinziehen lassen, in den es sich sonst kaum begeben hätte.
Dennoch sieht Gujer im vereinten Deutschland eine Großmacht, die Bundesrepublik zählt er zu den Gewinnern der neuen Weltordnung. Ihr spricht er die kritische Größe zu, um internationale Politik zu gestalten. Doch das Land will allenfalls eine „moralische Großmacht” sein, die sich aus den Händeln der Welt weitestgehend heraushält. Entsprechend beliebt ist die außenpolitische Linie, den USA die „schmutzigen” Kampfeinsätze zu überlassen, während sich Deutschland auf humanitäre Hilfe und Wiederaufbau konzentriert.
Doch es häufen sich die Konfliktfälle: wenn sich, wie in China, Wirtschaftsinteressen und Menschenrechte in die Quere kommen. Oder wenn die Bundesrepublik wegen ihrer Verbundenheit mit Israel Nachgiebigkeit gegenüber der palästinensischen Hamas ablehnt. Zugleich geben aber Diplomaten zu bedenken, dass eine europäische Verweigerungshaltung den Einfluss Syriens und die Radikalisierung der Hamas fördert. Usbekistan oder Turkmenistan missachten demokratische Standards, doch die Bundesrepublik forciert die Hilfe für Zentralasien, um die rohstoffreiche Region nicht Russland und China zu überlassen. Zugleich betreibt die Bundeswehr im usbekischen Termez einen Stützpunkt. Bei so viel eigenen Interessen leidet leicht das Engagement für Menschenrechte. Gujer erinnert daran, dass Berlin lange in Brüssel drängte, die gegen Usbekistan verhängten EU-Sanktionen aufzuheben. Erst spät besann es sich, die Anbiederung an das autoritäre Regime von Präsident Islam Karimow nicht zu weit zu treiben.
Die Weltgemeinschaft erwartet, dass sich Deutschland bei der Lösung von Konflikten einbringt – finanziell, politisch und nötigenfalls auch militärisch. Dazu kommt: Der Verzicht auf Engagement ist gleichbedeutend mit dem Verzicht auf Einfluss. Daher genügt auch der Hinweis auf die begrenzten eigenen Kapazitäten immer weniger. Denn solange die USA, Großbritannien oder Frankreich noch Ressourcen für eine Mission auftreiben können, vermag sich Deutschland nur schwer zu entziehen: Wo immer Berlin zunächst einen Einsatz unter Hinweis auf fehlende Kräfte abzuwimmeln versuchte, beteiligte es sich deswegen am Ende doch. Gujer anerkennt, dass die einzigen Kontinente, auf denen die Bundeswehr keine Auslandsmissionen unterhält, Amerika, Australien und die Antarktis sind. Aber für ein wirklich global gedachtes Engagement fehle Deutschland Wille und Vorstellung: Die Aufrüstung Chinas und seine Drohgesten gegen Taiwan, das nordkoreanische Atomprogramm oder die Sicherheit der Schiffsrouten zwischen Asien und Europa bleiben ferne Themen. Und das, obwohl Deutschland als „Export-Weltmeister” größtes Interesse an Stabilität im Fernen Osten und offenen Verkehrswegen hat. Doch im Zweifel verlässt man sich weiterhin auf den Weltpolizisten USA.
Das Grundübel ist für Gujer, dass die Bundestagsparteien in der Außen- und Sicherheitspolitik selten langfristig denken. Eine parlamentarische Karriere lässt sich hier bis heute nicht aufbauen. Daher werden nur Themen erörtert, die die aktuelle Agenda aufnötigt, und strategische Debatten vermieden, weil diese politische Probleme bereiten können. „Great Games”, geostrategische Konzeptionen, gelten in Deutschland als machtpolitisches Teufelszeug.
Die Erklärung, warum das so ist, gibt Gujer den Deutschen als Abschiedsgeschenk seiner Berliner Korrespondentenzeit mit auf den Weg: „In der Außenpolitik wurde eine ,Agenda 2010‘ nie geschrieben. Die Parteien gehen davon aus, einer tendenziell isolationistisch eingestellten Gesellschaft die Notwendigkeit einer aktiven Außenpolitik nicht hinreichend erklären zu können.” Doch genau damit für die Deutschen begonnen zu haben, ist das Verdienst von Gujers meisterhaftem Essay. THOMAS SPECKMANN
ERIC GUJER: Schluss mit der Heuchelei. Deutschland ist eine Großmacht. Edition Körber-Stiftung, Hamburg. 106 Seiten, 10,00 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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