Eine abenteuerliche Reise durch die Geschichte der Chirurgie
Arnold van de Laar, praktizierender Chirurg, führt ausführlich in das Thema ein. „In diesem Buch versuche ich, als Chirurg kritisch und ohne magische Verklärung die Geschichte meines Fachs anhand berühmter Patienten, berühmter Chirurgen
und erstaunlicher Operationen zu erzählen.“ (21) In dieser Einführung deutet sich bereits an, dass…mehrEine abenteuerliche Reise durch die Geschichte der Chirurgie
Arnold van de Laar, praktizierender Chirurg, führt ausführlich in das Thema ein. „In diesem Buch versuche ich, als Chirurg kritisch und ohne magische Verklärung die Geschichte meines Fachs anhand berühmter Patienten, berühmter Chirurgen und erstaunlicher Operationen zu erzählen.“ (21) In dieser Einführung deutet sich bereits an, dass der Autor ein begabter Wissensvermittler ist. Er erzählt nachfolgend die Entwicklung der Chirurgie anhand von 28 Einzelschicksalen auf lesenswerte Art und Weise.
So kann der Leser nur staunen über die Courage des Amsterdamer Schmieds Jan de Doot, der im 17. Jahrhundert lebte und sich seinen Blasenstein eigenhändig heraus geschnitten hat. Die Anfänge der Anästhesie waren noch in weiter Ferne und gehen auf das 19. Jahrhundert zurück. Während de Doots zu seiner Zeit nicht auf qualifizierte Chirurgen zurückgreifen konnte, hätten dem großen Entfesselungskünstler Harry Houdini 1926 mit seiner akuten Blinddarmentzündung geeignete operative Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, statt in diesem Zustand mit Kräfte raubenden Entfesselungstricks vor Publikum aufzutreten.
Über den Mord an Präsident Kennedys ranken sich zahlreiche Verschwörungstheorien, u.a. hinsichtlich der Schusskanäle bzw. der Frage, ob ein Täter oder mehrere Täter geschossen haben. Van de Laar beschreibt die Verletzungen und die Behandlungen Kennedys und beseitigt dabei zumindest diesen Widerspruch in der Legendenbildung. Besonders hart getroffen hat es den Chirurgen Malcom Perry, der innerhalb von 2 Tagen sowohl Kennedy als auch dessen mutmaßlichen Mörder Lee Harvey Oswald operieren musste.
Während die Operationsteams in den Fällen Kennedy und Oswald chancenlos waren, hätte die Krankengeschichte des Schah Mohammad Reza Pahlavi auch anders ausgehen können. An dieser Geschichte wird deutlich, dass auch berühmte Chirurgen nicht immer fehlerfrei arbeiten. Aber die Fehler liegen manchmal auch bei den Patienten; der große Musiker Bob Marley hätte länger leben können, wenn er auf seine Ärzte gehört hätte.
„Die Evolution funktioniert nach dem Prinzip, dass Nachfahren mit dem zurechtkommen müssen, was ihnen die Vorfahren mitgegeben haben.“ (115) Aus diesem Grund hat auch die Umstellung auf den aufrechten Gang Folgen für die Physis des Menschen. Hierzu gehören Anfälligkeiten für Krampfadern, Hämorrhoiden und Leistenbruch. Der Autor erklärt, warum das so ist. Die Erkenntnisse der Evolutionsforschung haben Einzug gehalten in die Medizin.
„Operieren ist schön, aber die Verantwortung wiegt bleischwer.“ (17) Damit beschreibt van de Laar die Situation aus dem Blickwinkel eines Chirurgen. Während früher die Kunst darin bestand, besonders schnell zu arbeiten, damit der Patient nicht während der OP aufsprang und schreiend weglief, kommt es heute insbesondere auf Präzision an und dank Anästhesie sind die Voraussetzungen dafür auch gegeben.
Zu jedem Kapitel gibt es eine separat kenntlich gemachte Seite, die nicht zum Fließtext gehört und auf der medizinische Grundlagen erklärt werden. Es werden dort Begriffe oder Verfahren erläutert, die für das jeweilige Kapitel von Bedeutung sind. Die letzten Seiten des Buches enthalten Visionen für die Zukunft, ein Glossar medizinischer Begriffe und ein Quellenverzeichnis.
Medizinische Berichte können trocken, langweilig und schwer verdaulich sein oder unterhaltsam, spannend und allgemeinverständlich, wie die Geschichten von Arnold van de Laar. Das Verhältnis zwischen Historie, Fallbeschreibung, Medizin und Folgerungen ist ausgewogen, sodass man das Buch nur ungern zur Seite legt.