In verblüffenden, kuriosen Anekdoten sammelt Peter Fürst mit skurrilem Witz die "Lebensschnitzel" eines alten Berliners, den es in den Wirren des Jahrhunderts bis nach New York verschlagen hat.
Aus all den Schnitzeln von Peter Fürsts Lebensgeschichte aus Anekdoten, Geschichten und Pointen entsteht am Ende das lebendige, witzige Portrait eines Menschen und seiner Zeit.
Peter Fürst, Sportreporter, Amerikaner aus Berlin, hat sich auf die Suche nach den Geschichten seines Lebens - eines Lebens zwischen New York und Berlin - gemacht. Staunend erfährt der Leser, "wie ich einmal Max Schmeling schlug", wie Fürst eine Prügelei in einem New Yorker Bus provozierte und wie er die berüchtigte "Quatschwand" des Berliner Tageblatts betrachtet. Aus all den Schnitzeln, den Anekdoten, Pointen und Geschichten entsteht am Ende das lebendige, witzige Porträt eines Menschen und seiner Zeit.
Aus all den Schnitzeln von Peter Fürsts Lebensgeschichte aus Anekdoten, Geschichten und Pointen entsteht am Ende das lebendige, witzige Portrait eines Menschen und seiner Zeit.
Peter Fürst, Sportreporter, Amerikaner aus Berlin, hat sich auf die Suche nach den Geschichten seines Lebens - eines Lebens zwischen New York und Berlin - gemacht. Staunend erfährt der Leser, "wie ich einmal Max Schmeling schlug", wie Fürst eine Prügelei in einem New Yorker Bus provozierte und wie er die berüchtigte "Quatschwand" des Berliner Tageblatts betrachtet. Aus all den Schnitzeln, den Anekdoten, Pointen und Geschichten entsteht am Ende das lebendige, witzige Porträt eines Menschen und seiner Zeit.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.03.1998Von der Quatschwand lernen
Peter Fürst auf Schnitzeljagd Von Harald Hartung
Wer sein Buch mit einem Kalauer eröffnet, traut sich einiges zu. So Peter Fürst, wenn er erzählt, wie er in einem New Yorker deutschen Restaurant, das für seine Schnitzel berühmt ist, sich ein solches bestellt und auf die lakonische Antwort "Hammer nicht mehr, Mister" die Speisekarte in kleine Schnitzel zerrissen und diese ins Lokal und dann aufs Pflaster der 86. Straße gestreut habe. "Wohin sie wohl führen mögen?" fragt er sich. Die Antwort ist klar: zu den Schnitzeln des Büchleins, das der Autor seinem im Jahre 1995 erschienenen Erstling, dem pikaresken Roman "Der Zigarrentöter", folgen läßt.
Diese autobiographischen Schnitzel sind auf ihre Weise goutierbar: von bester fleischiger Erinnerungssubstanz, mit einer Panade aus Anspielungen und Zitaten und ordentlich beträufelt mit Ironie. Die beiden Teile des Buches sind "Berlin" und "New York" überschrieben, aber die Substanz ist durchweg berlinisch. Fürst kann sich mit Recht über die Formel "Isch bin ein Börlinnör" mokieren. Er meint: Wer einmal im Kinderwagen an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche vorbeigeschoben wurde, ist ein Berliner.
Das muß nach 1910 gewesen sein, und auf diese Berliner Kindheit in der Kaiserallee 48a (heute Bundesallee) kommt Peter Fürst immer wieder zurück. Der Sohn des in der Weimarer Republik berühmten Sachbuchautors Artur Fürst ging in den Journalismus und erinnert sich an die "Quatschwand" in der Lokalredaktion des Berliner Tageblatts, "wo wir die besten unserer publizierten Mißgriffe vergrößert zur Schau stellten" - offenbar keine schlechte Schule für Journalisten. Im Jahre 1934, nach einem Tanzabend, den ihm zwei Braunhemden mit dem Vorwurf verdarben, er tanze mit seiner Partnerin "jüdisch", erkannte er: "In einem solchen Land kann man ja nicht bleiben." Fürst gelangte über Prag und Paris in die Dominikanische Republik, wo er als Reisaufkäufer für eine schottische Firma arbeitete. 1946 ging er nach New York, wo er für die "Voice of America" arbeitete und noch heute lebt.
Peter Fürst ist also Zeitzeuge, das etwas abgenutzte Wort ist wirklich am Platz. Er erinnert sich noch an die Uraufführung der "Dreigroschenoper", als der junge Sportreporter drei Sitze entfernt von Alfred Kerr saß. Aber auch an einen Abend im Jahr 1960, an dem Gustaf Gründgens auf einer New Yorker Kleinbühne auftrat, in einer vom Heimweh deutscher Emigranten geschwängerten Atmosphäre: "Er kam, um Buße zu tun vor einem Publikum, dessen Eintrittskarte die KZ-Nummer auf dem Arm war."
Das ist schon das Äußerste an Sarkasmus, was Fürst sich gestattet. Er erzählt sonst solche Dinge eher beiläufig, ohne historischen Ehrgeiz. Er will niemanden zur Rechnung ziehen. Er tut so, als wären es die notwendigen Kuriosa eines abenteuerlichen Lebens. So berichtet er, daß seine Eltern gelegentlich mit dem Ehepaar Einstein segelten. Fürst renommiert aber nicht damit, daß er als Vierzehnjähriger Einstein Geige spielen sah: "Er hatte seine Geige dabei und spielte im Stehen, gekleidet in einen zerknüllten, viel zu warmen Anzug und mit Tennisschuhen." Mehr als diese Erinnerung fasziniert ihn die kleine Geschichte von dem Friseurladen im Norden des Bundesstaats New York, der mit dem Hinweis Reklame machte, hier seien Al Capone und Einstein rasiert worden. Einstein, so erzählt der Friseur, habe beim Haareschneiden immer gesagt: "Nur ein bißchen . . ." Das ist schon fast die ganze Pointe: ",Aha', sage ich. Was hätte ich sonst sagen sollen?"
Fürst ist ein Meister solcher schönen Pointenlosigkeiten. Einmal wünscht er sich, die Pointe käme zuerst und danach die Story. Aber natürlich ist er ein Profi, der auf die Pointe nicht verzichten kann. So auch in der kleinen Anekdote "Wie ich mal Max Schmeling schlug". Man kann sie natürlich nicht nacherzählen, ohne die Pointe zu verraten. Man lese also im Buch nach. Nur soviel: Es hat was mit Pingpong zu tun.
Peter Fürst: "Schnitzeljagd Berlin - New York". Carl Hanser Verlag, München und Wien 1998. 101 S., geb., 26,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Peter Fürst auf Schnitzeljagd Von Harald Hartung
Wer sein Buch mit einem Kalauer eröffnet, traut sich einiges zu. So Peter Fürst, wenn er erzählt, wie er in einem New Yorker deutschen Restaurant, das für seine Schnitzel berühmt ist, sich ein solches bestellt und auf die lakonische Antwort "Hammer nicht mehr, Mister" die Speisekarte in kleine Schnitzel zerrissen und diese ins Lokal und dann aufs Pflaster der 86. Straße gestreut habe. "Wohin sie wohl führen mögen?" fragt er sich. Die Antwort ist klar: zu den Schnitzeln des Büchleins, das der Autor seinem im Jahre 1995 erschienenen Erstling, dem pikaresken Roman "Der Zigarrentöter", folgen läßt.
Diese autobiographischen Schnitzel sind auf ihre Weise goutierbar: von bester fleischiger Erinnerungssubstanz, mit einer Panade aus Anspielungen und Zitaten und ordentlich beträufelt mit Ironie. Die beiden Teile des Buches sind "Berlin" und "New York" überschrieben, aber die Substanz ist durchweg berlinisch. Fürst kann sich mit Recht über die Formel "Isch bin ein Börlinnör" mokieren. Er meint: Wer einmal im Kinderwagen an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche vorbeigeschoben wurde, ist ein Berliner.
Das muß nach 1910 gewesen sein, und auf diese Berliner Kindheit in der Kaiserallee 48a (heute Bundesallee) kommt Peter Fürst immer wieder zurück. Der Sohn des in der Weimarer Republik berühmten Sachbuchautors Artur Fürst ging in den Journalismus und erinnert sich an die "Quatschwand" in der Lokalredaktion des Berliner Tageblatts, "wo wir die besten unserer publizierten Mißgriffe vergrößert zur Schau stellten" - offenbar keine schlechte Schule für Journalisten. Im Jahre 1934, nach einem Tanzabend, den ihm zwei Braunhemden mit dem Vorwurf verdarben, er tanze mit seiner Partnerin "jüdisch", erkannte er: "In einem solchen Land kann man ja nicht bleiben." Fürst gelangte über Prag und Paris in die Dominikanische Republik, wo er als Reisaufkäufer für eine schottische Firma arbeitete. 1946 ging er nach New York, wo er für die "Voice of America" arbeitete und noch heute lebt.
Peter Fürst ist also Zeitzeuge, das etwas abgenutzte Wort ist wirklich am Platz. Er erinnert sich noch an die Uraufführung der "Dreigroschenoper", als der junge Sportreporter drei Sitze entfernt von Alfred Kerr saß. Aber auch an einen Abend im Jahr 1960, an dem Gustaf Gründgens auf einer New Yorker Kleinbühne auftrat, in einer vom Heimweh deutscher Emigranten geschwängerten Atmosphäre: "Er kam, um Buße zu tun vor einem Publikum, dessen Eintrittskarte die KZ-Nummer auf dem Arm war."
Das ist schon das Äußerste an Sarkasmus, was Fürst sich gestattet. Er erzählt sonst solche Dinge eher beiläufig, ohne historischen Ehrgeiz. Er will niemanden zur Rechnung ziehen. Er tut so, als wären es die notwendigen Kuriosa eines abenteuerlichen Lebens. So berichtet er, daß seine Eltern gelegentlich mit dem Ehepaar Einstein segelten. Fürst renommiert aber nicht damit, daß er als Vierzehnjähriger Einstein Geige spielen sah: "Er hatte seine Geige dabei und spielte im Stehen, gekleidet in einen zerknüllten, viel zu warmen Anzug und mit Tennisschuhen." Mehr als diese Erinnerung fasziniert ihn die kleine Geschichte von dem Friseurladen im Norden des Bundesstaats New York, der mit dem Hinweis Reklame machte, hier seien Al Capone und Einstein rasiert worden. Einstein, so erzählt der Friseur, habe beim Haareschneiden immer gesagt: "Nur ein bißchen . . ." Das ist schon fast die ganze Pointe: ",Aha', sage ich. Was hätte ich sonst sagen sollen?"
Fürst ist ein Meister solcher schönen Pointenlosigkeiten. Einmal wünscht er sich, die Pointe käme zuerst und danach die Story. Aber natürlich ist er ein Profi, der auf die Pointe nicht verzichten kann. So auch in der kleinen Anekdote "Wie ich mal Max Schmeling schlug". Man kann sie natürlich nicht nacherzählen, ohne die Pointe zu verraten. Man lese also im Buch nach. Nur soviel: Es hat was mit Pingpong zu tun.
Peter Fürst: "Schnitzeljagd Berlin - New York". Carl Hanser Verlag, München und Wien 1998. 101 S., geb., 26,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Viele Flüchtlinge im Zweiten Weltkrieg haben ihre Geschichten von Glück und Unglück zu erzählen, aber nicht sehr viele haben Peter Fürsts Sinn für Stil und Ironie. Er verwandelt das Drunter und Drüber des Krieges in eine pikareske Unterhaltung ersten Ranges."