Schöne Gedichte - wer liest denn so was noch? Scheinbar unabhängig von historischen Tatsachen und künstlerischen Weiterentwicklungen bewirken vollkommene Gedichte immer noch das Gleiche wie einst: Erstaunen, Rührung, Freude, Trost ... und in manchen Fällen helfen sie uns sogar fürs Leben weiter. Schöne Worte verlangsamen für Momente den Lauf unserer Zeit. Nicht alles Schöne muss vergehen. Unsere menschliche Schönheit, Homer hat das schön gesagt, bedeutet zwar, nur für kurze Zeit geboren zu sein. In dieser Spanne aber kann es gelingen, Verse aufzuschreiben, wie sie in diesem Band versammelt sind: schöne Texte, die Bestand haben, die nicht vergehen, die Jahrhunderte und uns überdauern, so wir sie immer, immer wieder lesen, vorlesen und überliefern.Über viele Jahren haben Autor Johannes Hucke und Verleger Thomas Lindemann einander Gedichte zugeschickt, die ihnen nahegingen. Die schönsten haben sie hier ausgewählt für eine Sammlung, die zwar eindeutig auf das Gefühlszentrum abzielt, aber nicht unkritisch daherkommt. Dafür sorgen Huckes Kommentare, die bekannte und unbekannte Texte in einen verstehbaren Kontext stellen. Es darf also auch etwas gelernt werden. Getrauert und gelacht. Und Fragen eröffnen sich, die wir fast vergessen hätten. Wie Heinrich Heine sie stellt, in seinem Gedicht "Der Schmetterling ist in die Rose verliebt": Jedoch, in wen ist die Rose verliebt? / Das wüsst ich gar zu gern. / Ist es die singende Nachtigall? / Ist es der schweigende Abendstern? - Wir wissen sogar die Antwort: Es ist Sappho.