Seit Jahren reist Stuart Pigott um den Globus, um große Weinfabriken, aber auch Spitzenweine und deren Winzer kennen zu lernen. So subjektiv wie kenntnisreich erklärt dieses Buch, wie sich in der globalisierten Marktwirtschaft Anbau, Handel und Geschmack des edlen Tropfens verändert haben und was dies für den Weinliebhaber bedeutet.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.09.2003Flauschig weißes Kuschelhäschen
Stuart Pigott bereist die globalisierte Welt des Weins
Die Welt steht Kopf. Na und? Das tut sie jeden Tag, schließlich will auch die Kulturkritik leben. Aber was hat es zu bedeuten, wenn der südaustralische Busch in das portugiesische Douro-Tal übergeht und sich die Schätze der Mosel-Hänge in einer kalifornischen Weinflasche wiederfinden? Hier leidet wohl jemand an einem Globalisierungstrauma.
Stuart Pigott hat die „schöne neue Weinwelt” bereist und kartografiert. Pigott ist Weinkritiker und daher schon von Berufs wegen ein Sprachskeptiker. Die Welt der Aromen und Düfte verweigert sich ihrer rationalen Zurüstung. Wie, bitte schön, schmeckt ein Riesling, den der Autor verzückt als „Strauß wächsener tropischer Blüten in einer chinesischen Craquelé-Vase” beschreibt? Aus diesen Momenten tiefster Versenkung formt Pigott sein Weltbild. Es beruht auf der Vorstellung, dass sich die Weinerzeugung der Symbiose schöpferischer Menschen mit der Natur verdankt. Weshalb der Weinkritiker mit jedem Schluck den letzten Dingen näher zu kommen glaubt. Er ist ein moderner Mystiker, entrückt und doch von Sendungsbewusstsein durchdrungen. Sein Wort kennt keine Grenzen. So wird der Weinkritiker zum Propheten der Globalisierung, der, im ungünstigsten Fall, die Welt nach seinem Geschmack formt.
Pigott besichtigt Wein-Fabriken im Barossa-Valley, lässt sich in Los Angeles von einem „Untergrund-Weinhändler” in einen Atombunker führen, der sich als ehrfurchtgebietender Weinkeller erweist, schaut fanatischen Riesling-Erzeugern in Südwest-Australien zu, wie sie nach der Weinprobe ihre Schafe künstlich besamen und lässt sich die künstlichen Wasserfälle auf dem Gelände eines kalifornischen Weingiganten vorführen.
Das beste aber ist: Stuart Pigott kann die Wunder der „schönen neuen Weinwelt” aufrichtig bestaunen. Und der Leser staunt mit (zuweilen auch über die schwache Übersetzung und die schlampige Lektorierung). Nicht, dass es Pigott an klaren Ansichten zum Thema Wein mangele. Er äußert sie ständig, weil er sich dazu genötigt sieht. Hier der Sack mit pulverisierten Gerbstoffen, die in den gärenden Wein gekippt werden, dort das PR-Geplapper geltungssüchtiger Wein-Manager – und dann die Weine selbst. „Ein großer wirrer Haufen von Rotweingeschmack” heißt es etwa über den 1994er „Grange von Penfolds”, einen australischen 250-Dollar-Tropfen.
Bum! Eine Aromaexplosion
Was da im Glas schwappt, wird unbarmherzig genau auf einer 100-Punkte-Skala bewertet. In jedem Schluck, den er verkostet, spiegelt sich ein ebenso komplexes wie unergründliches Zusammenspiel von Mensch, Natur und Technik. Auf diese Akteure kommt es ihm an. Der Rest ist Geschmackssache. Einem Robert Parker, dem einflussreichsten Weinpapst der Welt, oder den Kollegen vom Wine Spectator, dem wichtigsten Rezensionsorgan, will Pigott nicht ihren Geschmack verbieten. Also untersucht er ihrer Urteile. Ein Literat mag schmollen, wenn ihn Kritik trifft, die Weinwirtschaft bedankt sich dafür. Sie hat als Antwort auf die Parker-Kritik den Parker-Wein erfunden – Pigott nennt ihn „flauschig weißes Kuschelhäschen”. Das ist keine Halluzination, sondern ein weicher, marmeladig-süßer und sehr alkoholhaltiger Tropfen, der seine Entstehung allerlei technischer Mätzchen verdankt und bei Robert Parker oft verkaufträchtige Punktbewertungen erzielt.
Die niedlichen Tierchen haben die Welt erobert, seit im Jahr 1976 bei einer verdeckten Probe die bislang wenig bekannten kalifornischen Weine hochberühmte Grand Crus französischer Provenienz aus dem Feld schlugen. Die Folgen halten bis heute die Weinwelt in Atem. Wo immer ein Hügel genug Sonne hat, findet sich ein Investor, um dort Rebstöcke zu pflanzen und ein postmodernes Weingutsgebäude hochzuziehen. Für den Rest braucht man nur noch einen prominenten Winemaker und einen gewieften Marketingstrategen.
Inzwischen gibt es so viele Erfolgsgeschichten wie in der High-Tech-Branche. Etwa die von Jean Phillips, die ihren Kult-Cabernet „Screaming Eagle” einst in Plastikmülltonnen erzeugte – jede Flasche wird heute mit einigen tausend Dollar gehandelt. Pigott wettert über die neuen Techniken, die selbst dem dünnsten Tropfen eine Zombie-Existenz einhauchen. Aber zum Glück vertraut auch er seiner Zunge. Und die urteilt präziser als der Verstand, wie Pigott überrascht feststellt. Da steht er in sengender südaustralischer Sonne vor einer heruntergekommenen Riesling-Pflanzung und fragt sich: „Stammen die außergewöhnlichen Rieslinge, die wir vor einer halben Stunde erlebt haben, wirklich von diesen ungepflegten, leidenden Reben?” Widerwillig probiert er die „kümmerlichen Träubchen”. Und: „Bum! Eine Aromaexplosion.” So schön kann die neue Weinwelt sein.
FRANK EBBINGHAUS
STUART PIGOTT: Schöne neue Weinwelt. Von den Auswirkungen der Globalisierung auf die Kultur des Weines. Argon Verlag, Berlin 2003. 348 S., 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Stuart Pigott bereist die globalisierte Welt des Weins
Die Welt steht Kopf. Na und? Das tut sie jeden Tag, schließlich will auch die Kulturkritik leben. Aber was hat es zu bedeuten, wenn der südaustralische Busch in das portugiesische Douro-Tal übergeht und sich die Schätze der Mosel-Hänge in einer kalifornischen Weinflasche wiederfinden? Hier leidet wohl jemand an einem Globalisierungstrauma.
Stuart Pigott hat die „schöne neue Weinwelt” bereist und kartografiert. Pigott ist Weinkritiker und daher schon von Berufs wegen ein Sprachskeptiker. Die Welt der Aromen und Düfte verweigert sich ihrer rationalen Zurüstung. Wie, bitte schön, schmeckt ein Riesling, den der Autor verzückt als „Strauß wächsener tropischer Blüten in einer chinesischen Craquelé-Vase” beschreibt? Aus diesen Momenten tiefster Versenkung formt Pigott sein Weltbild. Es beruht auf der Vorstellung, dass sich die Weinerzeugung der Symbiose schöpferischer Menschen mit der Natur verdankt. Weshalb der Weinkritiker mit jedem Schluck den letzten Dingen näher zu kommen glaubt. Er ist ein moderner Mystiker, entrückt und doch von Sendungsbewusstsein durchdrungen. Sein Wort kennt keine Grenzen. So wird der Weinkritiker zum Propheten der Globalisierung, der, im ungünstigsten Fall, die Welt nach seinem Geschmack formt.
Pigott besichtigt Wein-Fabriken im Barossa-Valley, lässt sich in Los Angeles von einem „Untergrund-Weinhändler” in einen Atombunker führen, der sich als ehrfurchtgebietender Weinkeller erweist, schaut fanatischen Riesling-Erzeugern in Südwest-Australien zu, wie sie nach der Weinprobe ihre Schafe künstlich besamen und lässt sich die künstlichen Wasserfälle auf dem Gelände eines kalifornischen Weingiganten vorführen.
Das beste aber ist: Stuart Pigott kann die Wunder der „schönen neuen Weinwelt” aufrichtig bestaunen. Und der Leser staunt mit (zuweilen auch über die schwache Übersetzung und die schlampige Lektorierung). Nicht, dass es Pigott an klaren Ansichten zum Thema Wein mangele. Er äußert sie ständig, weil er sich dazu genötigt sieht. Hier der Sack mit pulverisierten Gerbstoffen, die in den gärenden Wein gekippt werden, dort das PR-Geplapper geltungssüchtiger Wein-Manager – und dann die Weine selbst. „Ein großer wirrer Haufen von Rotweingeschmack” heißt es etwa über den 1994er „Grange von Penfolds”, einen australischen 250-Dollar-Tropfen.
Bum! Eine Aromaexplosion
Was da im Glas schwappt, wird unbarmherzig genau auf einer 100-Punkte-Skala bewertet. In jedem Schluck, den er verkostet, spiegelt sich ein ebenso komplexes wie unergründliches Zusammenspiel von Mensch, Natur und Technik. Auf diese Akteure kommt es ihm an. Der Rest ist Geschmackssache. Einem Robert Parker, dem einflussreichsten Weinpapst der Welt, oder den Kollegen vom Wine Spectator, dem wichtigsten Rezensionsorgan, will Pigott nicht ihren Geschmack verbieten. Also untersucht er ihrer Urteile. Ein Literat mag schmollen, wenn ihn Kritik trifft, die Weinwirtschaft bedankt sich dafür. Sie hat als Antwort auf die Parker-Kritik den Parker-Wein erfunden – Pigott nennt ihn „flauschig weißes Kuschelhäschen”. Das ist keine Halluzination, sondern ein weicher, marmeladig-süßer und sehr alkoholhaltiger Tropfen, der seine Entstehung allerlei technischer Mätzchen verdankt und bei Robert Parker oft verkaufträchtige Punktbewertungen erzielt.
Die niedlichen Tierchen haben die Welt erobert, seit im Jahr 1976 bei einer verdeckten Probe die bislang wenig bekannten kalifornischen Weine hochberühmte Grand Crus französischer Provenienz aus dem Feld schlugen. Die Folgen halten bis heute die Weinwelt in Atem. Wo immer ein Hügel genug Sonne hat, findet sich ein Investor, um dort Rebstöcke zu pflanzen und ein postmodernes Weingutsgebäude hochzuziehen. Für den Rest braucht man nur noch einen prominenten Winemaker und einen gewieften Marketingstrategen.
Inzwischen gibt es so viele Erfolgsgeschichten wie in der High-Tech-Branche. Etwa die von Jean Phillips, die ihren Kult-Cabernet „Screaming Eagle” einst in Plastikmülltonnen erzeugte – jede Flasche wird heute mit einigen tausend Dollar gehandelt. Pigott wettert über die neuen Techniken, die selbst dem dünnsten Tropfen eine Zombie-Existenz einhauchen. Aber zum Glück vertraut auch er seiner Zunge. Und die urteilt präziser als der Verstand, wie Pigott überrascht feststellt. Da steht er in sengender südaustralischer Sonne vor einer heruntergekommenen Riesling-Pflanzung und fragt sich: „Stammen die außergewöhnlichen Rieslinge, die wir vor einer halben Stunde erlebt haben, wirklich von diesen ungepflegten, leidenden Reben?” Widerwillig probiert er die „kümmerlichen Träubchen”. Und: „Bum! Eine Aromaexplosion.” So schön kann die neue Weinwelt sein.
FRANK EBBINGHAUS
STUART PIGOTT: Schöne neue Weinwelt. Von den Auswirkungen der Globalisierung auf die Kultur des Weines. Argon Verlag, Berlin 2003. 348 S., 24,90 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.11.2003Unterhaltsames und Lehrreiches
Der Rheingau ist klein, aber seinen Winzern eilt ein großer Ruf voraus. Bei Gerhard Eichelmann, einem der führenden deutschen Weinautoren, hat es Joachim Flick aus Flörsheim-Wicker 2003 zum Aufsteiger des Jahres gebracht. "Wein des Jahres" ist Robert Weils 2002 Riesling Erstes Gewächs Kiedrich Gräfenberg geworden. Eichelmann muß es wissen, für sein Standardwerk "Deutschlands Weine" degustiert er jedes Jahr mehr als 7000 Weine von 720 Winzern aus allen deutschen Regionen. Wer sich nicht allein auf dieses Urteil verlassen will - und sein Weinwissen nicht nur auf unsere Breiten konzentrieren möchte -, für den bieten auch viele andere Autoren unterhaltsame und lehrreiche Lektüre. (bad.)
Bordeaux ist Kult.
Der berühmteste Rotwein der Welt ist nach wie vor der Bordeaux, auch wenn ihm im Piemont, in der Toskana und im Rioja veritable Konkurrenz erwachsen ist. Ausgerechnet Engländer waren es, die Bordeaux bereits im Mittelalter zur Weinstadt Nummer eins machten. Anfang des 14. Jahrhunderts war Wein, wie Bruno Boidron in "Kultwein Bordeaux" schreibt, die vom Umsatz her wichtigste Handelsware in Westeuropa. Die informativen Texte des zweibändigen Werkes werden durch 150 farbige Abbildungen wirkungsvoll ergänzt. Im ersten Buch behandelt der Autor die Geschichte des Weinanbaus und des Handels im Bordelais sowie die Bedeutung des "terroir" für die Qualität des Weins. Das zweite Buch befaßt sich mit den Appellationen und der Klassifikation der Bordeauxweine, gibt Tips zum Weineinkauf und zur Degustation. Eine Buchkollektion für Genießer: das richtige Geschenk für jemanden, der nicht nur bereits ein paar Dutzend Flaschen Bordeaux im Keller gelagert, sondern sich auch schon ein Regalbrett mit grundlegender Weinliteratur eingerichtet hat. Am Ende ist das Verständnis dafür gewachsen, warum Bordeaux Kult ist.
ler.
Bruno Boidron (Hg.): "Kultwein Bordeaux", Flammarion-Verlag, Paris 2003, zwei Bände im Schmuckdeckel, zusammen 190 Seiten, ISBN: 2-0802-1004-1. Preis: 35 Euro.
Globale Weinwelt.
Die Globalisierung hat der Welt des Weins nicht sonderlich gutgetan. Zumindest hat sie zur Vereinheitlichung des Geschmacks geführt, mitunter die Beziehung von Preis und Qualität außer Kraft gesetzt und nicht wenige Winzer in der Alten, aber vor allem in der Neuen Welt dazu verleitet, bei der Erzeugung ihrer Tropfen mit äußerst fragwürdigen Methoden nachzuhelfen. Weinautor Stuart Pigott geißelt diese Entwicklung nicht zum ersten Mal, aber in seinem neuen Buch "Schöne neue Weinwelt" tut es der Brite unterhaltsamer denn je. In 13 Kapiteln kritisiert er mit manchmal beißendem Spott, aber vor allem mit großer Sachkenntnis, was im Labyrinth des weltweiten Weinbusiness im argen liegt.
Ganz nebenbei hat Pigott aber auch viele gute und einige nicht so gute Weine probiert - und es verstanden, die Ergebnisse seiner zweifellos ebenso anstrengenden wie unterhaltsamen Recherche in vergnüglichem Plauderton, der aber nie die gebotene Ernsthaftigkeit verbirgt, an den Leser zu bringen. Wer dieses Buch liest, wird nicht nur manchen vermeintlichen Superwein künftig mit anderen Augen sehen, sondern vielleicht auch den eigenen Geschmack einmal einer kritischen Überprüfung unterziehen.
bad.
Stuart Pigott, "Schöne neue Weinwelt", Argon Verlag, Berlin 2003, 348 Seiten, ISBN: 3-87024-614-6. Preis 24,90 Euro.
Weinenzyklopädie.
Jancis Robinson erklärt alles: vom Gray Riesling (aussterbende kalifornische weiße Traubenspezialität) über die Präzipitate (Feststoffe, die sich aus dem Wein am Boden von Fässern oder Tanks absetzen) und die französischen Négociantes (Weinhändler, die Trauben, Most oder Wein kaufen und unter eigenem Namen vermarkten) bis zur Arbeit in der "Forschungs- und Rebzuchtanstalt" Geisenheim im Rheingau. Auf 960 Seiten breitet die Engländerin, die sich in den vergangenen Jahren mit ihren Büchern, Kolumnen und Fernsehsendungen einen Weltruf als "Master of Wine" erworben hat, alles aus, was man über Wein wissen kann, sollte oder möchte. "Das Oxford Weinlexikon" ist ein enzyklopädisches Werk: Alphabetisch geordnet werden in dem mächtigen, zurückhaltend bebilderten Band so gut wie alle Begriffe und Themen rund um den Wein, seinen Anbau und seinen Genuß behandelt. Einige Beiträge stammen von anderen renommierten Weinautoren wie Hugh Johnson und Michael Broadbent.
bad.
Jancis Robinson, "Das Oxford Weinlexikon", Hallwag, München 2003, 960 Seiten, ISBN 3-7742-0914-6. Preis 99 Euro.
Liebe zum Riesling.
Norbert Lewandowski ist seine Leidenschaft anzumerken. Seine Leidenschaft für den Riesling - und für die Menschen, die diesen traditionsreichen Tropfen vom Weinberg in die Flasche bringen. Wenn der Münchner Journalist zum Beispiel von seinem Treffen mit Hans-Josef Becker vom Rheingauer Weingut J. B. Becker berichtet, dann spricht aus jeder Zeile die Begeisterung für den Winzer, für seinen individuellen Stil und natürlich für sein Produkt, den Wein. Wenn Lewandowski in seinem Buch "Die größten Rieslinge der Welt" mehr als hundert Weine samt ihrer Erzeuger porträtiert, dann ist das nicht nur kenntnisreich geschrieben und mit zahllosen bemerkenswerten Details angereichert, es ist auch eine Hommage an den Riesling als eine der traditionsreichsten Trauben überhaupt. Für "Weinanfänger" ist der gebundene Band mit den seitenfüllenden Fotos der besprochenen Weine und den ausführlichen Texten zu den Tropfen aus Deutschland, Österreich, Frankreich und Australien womöglich zu speziell. Kenner und Liebhaber dieser Traubensorte werden jedoch mit Freude Bekanntes finden und viel Neues entdecken.
bad.
Norbert Lewandowski, "Die größten Rieslinge der Welt", Collection Rolf Heyne, München 2003, 240 Seiten, ISBN: 3-89910-196-0. Preis 28 Euro.
Wein-Hitparade.
Italien, das ist für viele Liebhaber vor allem die Toskana, und für italienischen Wein steht bei den meisten Gelegenheitstrinkern immer noch der Chianti. Das Angebot an Spitzenweinen aus dieser Region nimmt seit den achtziger Jahren stetig zu, und inzwischen gilt das Motto Klasse statt Masse: die Erträge wurden begrenzt, Rezepturen verändert. Heute darf ein Chianti Classico 80 Prozent Sangiovese-Trauben und 20 Prozent Cabernet Sauvignon oder Merlot enthalten oder kann, wie der Brunello di Montalcino, zu 100 Prozent aus Sangiovese bestehen. Weil das Angebot kaum noch überschaubar ist, haben die Weinjournalisten Gerhard Eichelmann und Steffen Maus ihre persönliche Hitliste der 100 besten Toskana-Winzer erstellt. Sie werden in fünf nach Regionen aufgeteilten Kapiteln auf je zwei farbig bebilderten Seiten v0rgestellt. Neben einem kurzen Abriß zur Geschichte der einzelnen Weingüter und den Besonderheiten des produzierten Weines finden sich Informationen zu Eigentümern, Betriebsleitern, Önologen, Größe der Rebfläche und der Zahl der jedes Jahr abgefüllten Flaschen. Weingüter, die die Aufnahme in die Top 100 nur knapp verpaßt haben, werden am Ende der Kapitel kurz vorgestellt. ler.
Gerhard Eichelmann / Steffen Maus: "Toskana. Die 100 besten Weingüter", Mondo-Verlag, Heidelberg 2003, 278 Seiten. ISBN: 3-7742-6280-2. Preis: 29,90 Euro.
Giro d'Italia.
1884 Produzenten und 13336 Weine - eine umfassendere Darstellung der italienischen Weinwelt kann man sich kaum wünschen. Der seit 1989 auch auf deutsch erscheinende "Gambero Rosso" ist der wichtigste italienische Einkaufsführer. Das Buch umfaßt die internationalen Spitzengewächse ebenso wie die immer breiter werdende Basis guter Alltagsweine. Das Erntejahr 2002 war in Italien von ungünstiger bis verheerender Witterung und der Konkurrenz guter und preiswerter Tropfen aus Übersee geprägt. Fazit der Herausgeber: Hohe Preise, sprich mehr als 40 Euro für einen Barolo oder einen Supertoskaner, werden sich mit Ausnahme von wenigen Kultweinen nicht mehr halten lassen. Auf jeweils einer halben Seite bietet das Buch kompakte Informationen über Traubensorten, Weinstile, Kellertechniken und die besten Angebote der berücksichtigten Weingüter mit einer Bewertung von "korrekt" bis "Spitze" und einer ungefähren Preisangabe.
ler.
Cernilli/Piumatti (Hrsg.): "Gambero Rosso. Vini d'Italia 2003". Hallwag Verlag, München 2003, 840 Seiten. ISBN: 3-7742-0891-3. Preis 29,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Rheingau ist klein, aber seinen Winzern eilt ein großer Ruf voraus. Bei Gerhard Eichelmann, einem der führenden deutschen Weinautoren, hat es Joachim Flick aus Flörsheim-Wicker 2003 zum Aufsteiger des Jahres gebracht. "Wein des Jahres" ist Robert Weils 2002 Riesling Erstes Gewächs Kiedrich Gräfenberg geworden. Eichelmann muß es wissen, für sein Standardwerk "Deutschlands Weine" degustiert er jedes Jahr mehr als 7000 Weine von 720 Winzern aus allen deutschen Regionen. Wer sich nicht allein auf dieses Urteil verlassen will - und sein Weinwissen nicht nur auf unsere Breiten konzentrieren möchte -, für den bieten auch viele andere Autoren unterhaltsame und lehrreiche Lektüre. (bad.)
Bordeaux ist Kult.
Der berühmteste Rotwein der Welt ist nach wie vor der Bordeaux, auch wenn ihm im Piemont, in der Toskana und im Rioja veritable Konkurrenz erwachsen ist. Ausgerechnet Engländer waren es, die Bordeaux bereits im Mittelalter zur Weinstadt Nummer eins machten. Anfang des 14. Jahrhunderts war Wein, wie Bruno Boidron in "Kultwein Bordeaux" schreibt, die vom Umsatz her wichtigste Handelsware in Westeuropa. Die informativen Texte des zweibändigen Werkes werden durch 150 farbige Abbildungen wirkungsvoll ergänzt. Im ersten Buch behandelt der Autor die Geschichte des Weinanbaus und des Handels im Bordelais sowie die Bedeutung des "terroir" für die Qualität des Weins. Das zweite Buch befaßt sich mit den Appellationen und der Klassifikation der Bordeauxweine, gibt Tips zum Weineinkauf und zur Degustation. Eine Buchkollektion für Genießer: das richtige Geschenk für jemanden, der nicht nur bereits ein paar Dutzend Flaschen Bordeaux im Keller gelagert, sondern sich auch schon ein Regalbrett mit grundlegender Weinliteratur eingerichtet hat. Am Ende ist das Verständnis dafür gewachsen, warum Bordeaux Kult ist.
ler.
Bruno Boidron (Hg.): "Kultwein Bordeaux", Flammarion-Verlag, Paris 2003, zwei Bände im Schmuckdeckel, zusammen 190 Seiten, ISBN: 2-0802-1004-1. Preis: 35 Euro.
Globale Weinwelt.
Die Globalisierung hat der Welt des Weins nicht sonderlich gutgetan. Zumindest hat sie zur Vereinheitlichung des Geschmacks geführt, mitunter die Beziehung von Preis und Qualität außer Kraft gesetzt und nicht wenige Winzer in der Alten, aber vor allem in der Neuen Welt dazu verleitet, bei der Erzeugung ihrer Tropfen mit äußerst fragwürdigen Methoden nachzuhelfen. Weinautor Stuart Pigott geißelt diese Entwicklung nicht zum ersten Mal, aber in seinem neuen Buch "Schöne neue Weinwelt" tut es der Brite unterhaltsamer denn je. In 13 Kapiteln kritisiert er mit manchmal beißendem Spott, aber vor allem mit großer Sachkenntnis, was im Labyrinth des weltweiten Weinbusiness im argen liegt.
Ganz nebenbei hat Pigott aber auch viele gute und einige nicht so gute Weine probiert - und es verstanden, die Ergebnisse seiner zweifellos ebenso anstrengenden wie unterhaltsamen Recherche in vergnüglichem Plauderton, der aber nie die gebotene Ernsthaftigkeit verbirgt, an den Leser zu bringen. Wer dieses Buch liest, wird nicht nur manchen vermeintlichen Superwein künftig mit anderen Augen sehen, sondern vielleicht auch den eigenen Geschmack einmal einer kritischen Überprüfung unterziehen.
bad.
Stuart Pigott, "Schöne neue Weinwelt", Argon Verlag, Berlin 2003, 348 Seiten, ISBN: 3-87024-614-6. Preis 24,90 Euro.
Weinenzyklopädie.
Jancis Robinson erklärt alles: vom Gray Riesling (aussterbende kalifornische weiße Traubenspezialität) über die Präzipitate (Feststoffe, die sich aus dem Wein am Boden von Fässern oder Tanks absetzen) und die französischen Négociantes (Weinhändler, die Trauben, Most oder Wein kaufen und unter eigenem Namen vermarkten) bis zur Arbeit in der "Forschungs- und Rebzuchtanstalt" Geisenheim im Rheingau. Auf 960 Seiten breitet die Engländerin, die sich in den vergangenen Jahren mit ihren Büchern, Kolumnen und Fernsehsendungen einen Weltruf als "Master of Wine" erworben hat, alles aus, was man über Wein wissen kann, sollte oder möchte. "Das Oxford Weinlexikon" ist ein enzyklopädisches Werk: Alphabetisch geordnet werden in dem mächtigen, zurückhaltend bebilderten Band so gut wie alle Begriffe und Themen rund um den Wein, seinen Anbau und seinen Genuß behandelt. Einige Beiträge stammen von anderen renommierten Weinautoren wie Hugh Johnson und Michael Broadbent.
bad.
Jancis Robinson, "Das Oxford Weinlexikon", Hallwag, München 2003, 960 Seiten, ISBN 3-7742-0914-6. Preis 99 Euro.
Liebe zum Riesling.
Norbert Lewandowski ist seine Leidenschaft anzumerken. Seine Leidenschaft für den Riesling - und für die Menschen, die diesen traditionsreichen Tropfen vom Weinberg in die Flasche bringen. Wenn der Münchner Journalist zum Beispiel von seinem Treffen mit Hans-Josef Becker vom Rheingauer Weingut J. B. Becker berichtet, dann spricht aus jeder Zeile die Begeisterung für den Winzer, für seinen individuellen Stil und natürlich für sein Produkt, den Wein. Wenn Lewandowski in seinem Buch "Die größten Rieslinge der Welt" mehr als hundert Weine samt ihrer Erzeuger porträtiert, dann ist das nicht nur kenntnisreich geschrieben und mit zahllosen bemerkenswerten Details angereichert, es ist auch eine Hommage an den Riesling als eine der traditionsreichsten Trauben überhaupt. Für "Weinanfänger" ist der gebundene Band mit den seitenfüllenden Fotos der besprochenen Weine und den ausführlichen Texten zu den Tropfen aus Deutschland, Österreich, Frankreich und Australien womöglich zu speziell. Kenner und Liebhaber dieser Traubensorte werden jedoch mit Freude Bekanntes finden und viel Neues entdecken.
bad.
Norbert Lewandowski, "Die größten Rieslinge der Welt", Collection Rolf Heyne, München 2003, 240 Seiten, ISBN: 3-89910-196-0. Preis 28 Euro.
Wein-Hitparade.
Italien, das ist für viele Liebhaber vor allem die Toskana, und für italienischen Wein steht bei den meisten Gelegenheitstrinkern immer noch der Chianti. Das Angebot an Spitzenweinen aus dieser Region nimmt seit den achtziger Jahren stetig zu, und inzwischen gilt das Motto Klasse statt Masse: die Erträge wurden begrenzt, Rezepturen verändert. Heute darf ein Chianti Classico 80 Prozent Sangiovese-Trauben und 20 Prozent Cabernet Sauvignon oder Merlot enthalten oder kann, wie der Brunello di Montalcino, zu 100 Prozent aus Sangiovese bestehen. Weil das Angebot kaum noch überschaubar ist, haben die Weinjournalisten Gerhard Eichelmann und Steffen Maus ihre persönliche Hitliste der 100 besten Toskana-Winzer erstellt. Sie werden in fünf nach Regionen aufgeteilten Kapiteln auf je zwei farbig bebilderten Seiten v0rgestellt. Neben einem kurzen Abriß zur Geschichte der einzelnen Weingüter und den Besonderheiten des produzierten Weines finden sich Informationen zu Eigentümern, Betriebsleitern, Önologen, Größe der Rebfläche und der Zahl der jedes Jahr abgefüllten Flaschen. Weingüter, die die Aufnahme in die Top 100 nur knapp verpaßt haben, werden am Ende der Kapitel kurz vorgestellt. ler.
Gerhard Eichelmann / Steffen Maus: "Toskana. Die 100 besten Weingüter", Mondo-Verlag, Heidelberg 2003, 278 Seiten. ISBN: 3-7742-6280-2. Preis: 29,90 Euro.
Giro d'Italia.
1884 Produzenten und 13336 Weine - eine umfassendere Darstellung der italienischen Weinwelt kann man sich kaum wünschen. Der seit 1989 auch auf deutsch erscheinende "Gambero Rosso" ist der wichtigste italienische Einkaufsführer. Das Buch umfaßt die internationalen Spitzengewächse ebenso wie die immer breiter werdende Basis guter Alltagsweine. Das Erntejahr 2002 war in Italien von ungünstiger bis verheerender Witterung und der Konkurrenz guter und preiswerter Tropfen aus Übersee geprägt. Fazit der Herausgeber: Hohe Preise, sprich mehr als 40 Euro für einen Barolo oder einen Supertoskaner, werden sich mit Ausnahme von wenigen Kultweinen nicht mehr halten lassen. Auf jeweils einer halben Seite bietet das Buch kompakte Informationen über Traubensorten, Weinstile, Kellertechniken und die besten Angebote der berücksichtigten Weingüter mit einer Bewertung von "korrekt" bis "Spitze" und einer ungefähren Preisangabe.
ler.
Cernilli/Piumatti (Hrsg.): "Gambero Rosso. Vini d'Italia 2003". Hallwag Verlag, München 2003, 840 Seiten. ISBN: 3-7742-0891-3. Preis 29,90 Euro.
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