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Schreibende Paare, von der Romantik bis heute, sind das Thema des Buches. Erzählt wird die Geschichte von Liebespaaren, Eheleuten und Lebensfreunden, deren Beziehung durch den gemeinsamen Beruf des Schreibens entscheidend geprägt wurde. Unterstützung, Bewunderung, Respekt und Stolz, Rivalität, Mißgunst und Konkurrenz, verzweifelte Trennung oder lebenslange Freundschaft, die Gefühle, die sich im gemeinsamen Leben und Arbeiten schreibender Paare herstellen, sind vielfältig. Aus Briefen, Tagebüchern, Memoiren und dem literarischen Werk selbst entwickelt Gerda Marko Psychogramme so…mehr

Produktbeschreibung
Schreibende Paare, von der Romantik bis heute, sind das Thema des Buches. Erzählt wird die Geschichte von Liebespaaren, Eheleuten und Lebensfreunden, deren Beziehung durch den gemeinsamen Beruf des Schreibens entscheidend geprägt wurde. Unterstützung, Bewunderung, Respekt und Stolz, Rivalität, Mißgunst und Konkurrenz, verzweifelte Trennung oder lebenslange Freundschaft, die Gefühle, die sich im gemeinsamen Leben und Arbeiten schreibender Paare herstellen, sind vielfältig. Aus Briefen, Tagebüchern, Memoiren und dem literarischen Werk selbst entwickelt Gerda Marko Psychogramme so unterschiedlicher Paare wie Sophie Mereau und Clemens Brentano, George Sand und Alfred de Musset, Else Lasker-Schüler und Gottfried Benn, Rebecca West und H.G. Wells, Francis Scott und Zelda Fitzgerald, Paul und Jane Bowles, Lillian Hellman und Dashiell Hammett, Elsa Triolet und Louis Aragon und vielen anderen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.1995

Der Skandal im Doppelpack
Pikant aus Prinzip: Gerda Marko plaudert von schreibenden Paaren

Was für ein Thema: "Schreibende Paare". Emanzipation und Aufklärung drängen sich hier in der engen Atmosphäre von Freundschaft, Liebe, Ehe, und dem Betrachter ist die Chance geboten, was mittlerweile längst in sozialgeschichtlichen Theorien auf- und in feministischen Schlagworten untergegangen ist, als eine Serie lebendiger Dramen vor sich ablaufen zu sehen mit all den Schattierungen, die die vereinzelten Akteure dem großen historischen Ganzen hinzugefügt haben.

Gerda Markos Buch schreitet den gesamten Zeitraum ab, in dem paarweise literarisches Arbeiten, vor allem in Deutschland, England und Frankreich, möglich war - vom achtzehnten Jahrhundert und dem Ehepaar Gottsched angefangen bis in die Gegenwart hinein, wo sie die schriftstellerische Wirkung gar noch lebender Paare aufeinander darstellt, etwa bei Christa und Gerhard Wolf, Friederike Mayröcker und Ernst Jandl, Tankred Dorst und Ursula Ehler, Maxie und Fred Wander, ohne sich um eine historische, soziale oder eine psychologische Analyse zu kümmern.

Ein knappes Vorwort umreißt die Bedingungen, unter denen der Eintritt der Frauen in die literarische Öffentlichkeit überhaupt möglich war: die Briefkultur in Deutschland, die Französische Revolution in Frankreich. Dort waren es nicht nur die Menschenrechte, die alle für gleich erklärten und daher auch den Frauen die Feder in die Hand gaben; in einer Fülle von Memoiren bewahrten selbst Aristokratinnen ihr Schicksal "mit ergreifender Dringlichkeit und dem Stolz, handelnde Subjekte der Geschichte gewesen zu sein". Nach diesem Auftakt bleibt sich für Gerda Marko durch alle Jahrhunderte hindurch und über alle Länder hinweg die Situation schreibender Paare gleich. Nicht einmal feministische Parteilichkeit wägt die zahlreichen Lebensgeschichten und Episoden gegeneinander ab, deren Dramatik aus wenig Lust und viel Leid die Phantasie des Lesers hinreichend beschäftigt, auch wenn sie manchmal so kurz ausfallen wie Lexikonartikel.

Erstaunlich in der Tat bei einem Thema, bei dem das feministische Lamento so nahe liegt, ist die Objektivität, um die sich die Autorin bei der Beurteilung der Fälle bemüht. In den ersten Kapiteln über das Verhältnis der Frühromantiker zu ihren Frauen hält sie zwar noch an der gängigen Lesart fest, die die Leidensgeschichte der weiblichen Partner immer aufs neue erzählt. Im neunzehnten Jahrhundert aber geraten dann auch Männer, Flaubert etwa gegenüber Louise Colet, in eine unglückliche Abhängigkeit. Die Autorin verteidigt sogar Brecht gegen die Angriffe, die nicht nur von weiblicher Seite gegen ihn, der eine ganze Schar von Frauen für sich hatte arbeiten lassen, gerichtet werden. In Brechts "verzweigtem Mitarbeiterkollektiv" habe sich die Behandlung von Männern und Frauen nicht unterschieden; eher seien die Frauen von ihm besser behandelt worden als sonst im literarischen Leben.

Gerda Marko folgt der Einsicht, daß die Frage nach dem moralischen Wert das Urteil über eine historische Person nur verfälschen kann. Um so mehr aber hätte sie die Chance nutzen sollen, Brechts Verhalten jenseits von Gut und Böse, wie sie es sieht, durch die Analyse der linken Intelligenz, die es erst möglich und von privater Schuld unabhängig machte, zu legitimieren. Aber nicht nur hier gebietet die Autorin ihrer Plaudersucht zum Nachteil der Reflexion keinen Einhalt. Lieber steuert sie auf Katastrophen und Skandale zu, die allerdings durch viele Brief- und Tagebuchzitate belegt werden. Der Skandal immerhin ist das naheliegende Resultat der Zusammenarbeit schreibender Paare, denn das Verhältnis ist im Kern monströs: Liebe muß sich diesmal mit Freundschaft einen, und während diese auf gegenseitige Förderung zielt, verlangt jene, zumindest in ihrer traditionellen Form, die Unterwerfung entweder der Frau unter den Mann oder die Einschränkung des Mannes zu ihren Gunsten.

Es bedarf einer besonderen Erklärung, wenn eine solch überspannte Beziehung aus Leidenschaft für einen Menschen und Neigung zu einer Sache dennoch gelingt. Unerwartete Erfolge lassen sich immer nur in einer besonderen, historisch markanten Situation bewerkstelligen. Wo immer auf Zeit oder Dauer gemeinsames Schreiben glückt, geht es mit einer Lebensreform einher. Nur wenn eine Idee den Blick aus der intimen Enge der Liebe nach außen und auf ein politisches Programm der Weltverbesserung lenkt, können zwei ineinander verstrickte Eigenwilligkeiten harmonieren. Die Brüder Schlegel haben Weiblichkeit selbst zum poetologischen Prinzip erhoben - Weiblichkeit war für sie kein biologisches Faktum, sondern ein literarischer Stil -, so daß die Frauen sich fühlen konnten wie die Einlösung des männlichen Konzepts, wie stolze Allegorien der Gedanken ihrer Freunde. Brechts Zusammenarbeit leitete, auch wenn schließlich nur er selbst davon profitierte, die Idee, durch die Gemeinsamkeit der Produktion das kommunistische Manifest in Poesie zu verwandeln.

Sartre wiederum hat die Revolution, die für Brecht noch die Aufgabe aller war, auf sich allein genommen. Die Anstrengung, die er sich mit einer lebenslänglichen Libertinage auferlegte, sollte das Bürgertum im Kern, in seiner Leiblichkeit gewissermaßen, treffen. Das überfüllte Liebesnest Sartres war kein Ort krankhafter Genußsucht. Die Libertinage war die Folie der Treue zu Simone de Beauvoir. Nur wer diese unentwegt auf die Probe stellt, kann ihre absolute Freiwilligkeit behaupten. Ohne Untreue wäre Sartres und Simone de Beauvoirs Liebes- und Schreibbündnis nichts gewesen als eine ordinäre bürgerliche Ehe.

Der Autorin ein Hausieren mit Effekten statt mit Einsichten vorzuwerfen wäre ungerecht. Pikanterie vielmehr ist dem Thema immanent. Eher ist der unermüdliche Gleichmut zu monieren, mit dem sie aus biographischen Quellen und, mit geringerem Recht, auch aus poetischen Werken autobiographische Skizzen herstellt. Sowenig, wie sie mit diesen Mitteln darüber hinausgelangt, die Leistung Sartres und der Beauvoir anders denn kurios zu nehmen, so wenig kann sie die Exzentrik von Zelda und Scott Fitzgerald fassen, die das New York der zwanziger Jahre in Atem hielten, oder die Bedeutung der homosexuellen Katastrophe, die Verlaine zum Mordanschlag auf Rimbaud treibt.

Überhaupt könnte die Geschichte des paarweisen Schreibens eine der Exzentrik sein. Privatheit, sonst der Zustand des entspannten Rückzugs, wird hier zum Risiko. Madame de Staël und Ingeborg Bachmann, die herrische Salondame des achtzehnten Jahrhunderts und die trotzige Intellektuelle des zwanzigsten, wären die Ecksteine einer solchen Geschichte des Eigensinns, in der sich vor allem eine neue künstlerische Lebensform entwickelt, der weibliche Dandyismus. Dieser scheint, im Unterschied zu dem der Männer, welcher Stil und Bildung, nicht aber notwendig ein Werk voraussetzt, ausschließlich in literarischen und künstlerischen Milieus möglich zu sein. Mehr oder weniger sind alle Frauen, die sich schreibenden Kollegen assoziiert haben und damit aus dem bürgerlichen Leben herausgetreten sind, zum Dandyismus verurteilt.

Auch dieser mündet leichter in die Neurose als in den Ruhm, denn schreibende Paare sind im wesentlichen Konstellationen des Unglücks: Seit dem achtzehnten Jahrhundert holen Frauen im Verhältnis zu einem Geliebten, Freund oder Ehemann die verweigerte Schulbildung nach. Sie erscheinen in der Öffentlichkeit, aber nur mit Hilfe einer zusätzlichen, geheimen Unterwerfung unter den überlegenen Mann. Der Ursprung der Emanzipation ist die Nicht-Emanzipation. Die Schwierigkeit der Frau, von einer Kopistin zu einer Individualistin zu werden, von einer Schülerin zu einer selbständigen Person, ist der ernsteste Grund für die Tragödie der schreibenden Paare. HANNELORE SCHLAFFER

Gerda Marko: "Schreibende Paare". Liebe, Freundschaft, Konkurrenz. Verlag Artemis und Winkler, Zürich 1995. 480 S., geb., 48,- DM.

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