Einmal wird die Mutter des kleinen Pinguin so schrecklich wütend, dass sie schreien muss. Aber hinterher tut es ihr Leid. Und dann sagt sie "Entschuldigung!" - Schöner als mit diesem Bilderbuch von Jutta Bauer kann man es wirklich nicht sagen.Pinguin-Kindern ergeht es manchmal nicht anders als Menschen-Kindern. Ihre Mutter ist wütend. "Heute Morgen hat meine Mutter so geschrien, dass ich auseinander geflogen bin", erzählt der kleine Pinguin. Der Kopf fliegt ins Weltall, sein Körper ins Meer, die Flügel verschwinden im Dschungel, der Schnabel landet in den Bergen und der Po in der Stadt. Müde vom Suchen kommen die kleinen Füße in der Wüste Sahara an. Da legt sich ein großer Schatten über sie - die Mutter des kleinen Pinguin hat alles wieder eingesammelt und zusammengenäht: "Entschuldigung", sagt sie.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
"Nur `elf Sätze und sechzehn eilig hingeworfene Skizzen` ist dieses Bilderbuch lang, schreibt Gabriele Leja, aber das ganze Drama des überwältigten Kindes wird hier aufgeblättert. Den kleinen Pinguin schreit die Mutter nämlich eines Morgens derartig an, dass er `auseinanderfliegt`, und so klein und `zerbröselt` fühlt man sich ja tatsächlich auch als Opfer elterlicher Wut, meint die Rezensentin. Schön an dem Buch findet die Rezensentin die Hilfe der Mutter, die den kleinen Pinguin nicht nur wieder einsammelt und zusammennäht, sondern mutig auch das `Zauberwort` spricht: Entschuldigung. Die Illustrationen haben ihr nicht so gefallen, aber dennoch: Eine `Ermunterung zum couragierten Handeln`, urteilt Gabrielle Leja.
© Perlentaucher Medien GmbH"
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2000Auseinandergeschimpft
Und wieder eingesammelt: "Schreimutter" von Jutta Bauer
Eines Morgens schreit die Pinguinmutter ihr Kind so heftig an, daß es auseinanderfliegt. Was tun, wenn der Kopf im Weltall ist, der Körper im Meer, die Flügel im Dschungel, der Schnabel in den Bergen und der Po in der Stadt? Laufen, laufen, verwirrt und hilflos, bis, ja, bis die Mutter kommt, die alles eingesammelt und zusammengenäht hat, und "Entschuldigung" sagt.
Jutta Bauers Bilderbuch ist ein Drama in elf Sätzen und sechzehn eilig hingeworfenen Skizzen. In den wenigen Sätzen wird kurz und präzise eine existentielle Erfahrung, die bei weitem nicht nur auf ein Pinguinkind und seine Mutter beschränkt ist, auf den Punkt gebracht. Angeschrien und ein Opfer von Wut zu werden, ohne genau zu wissen warum und weshalb, macht ohnmächtig; klein wird man, und wie zerbröselt fühlt man sich.
Dann braucht es Zeit, die Verunsicherung zu überwinden, sich zu sammeln, um erneut eins zu werden. Manchmal gibt es Hilfe, und dann ist es leichter, sich vom Gefühl der Zerrissenheit zu befreien und sich wieder zu spüren, wenn nämlich das erlösende Zauberwort gesprochen wird. Dieses Erleben treffend zu beschreiben, gelingt Jutta Bauer in einfachen Sätzen. Doch leider bleibt die zeichnerische Umsetzung oft vage. Statt durchkomponierter Aquarelle finden sich eher arg reduzierte Behauptungen von Orten und Landschaften rund um den Erdball, die nur auf den ersten Blick und als Bildidee markant wirken. Das Grundgerüst der Geschichte ist allerdings stark genug, sich daneben zu behaupten.
Das Buch folgt der Verzweiflung des Kindes und seinem Bemühen. Doch auch die Verzweiflung der Mutter und ihr Bemühen werden deutlich, ohne daß Wort und Bild dazu nötig sind. Wie groß muß ihr Schrecken gewesen sein, nachdem das wütende Geschrei heraus war, wie groß die Anstrengung, die Wunden zu heilen, und wie mutig ist sie, ihren Fehler einzugestehen und um Verzeihung zu bitten. "Entschuldigung" ist für Mutter und Kind eine Erlösung.
"Schreimutter" ist ein Bilderbuch, das zum Kind ebenso spricht wie zum erwachsenen Vorleser. Es ist eine Ermunterung zu couragiertem Handeln. Und das ist ja für jede Altersstufe etwas durchaus Wünschenswertes.
GABRIELE LEJA.
Jutta Bauer: "Schreimutter". Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 2000. 36 S., geb., 19,80 DM. Ab 5 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Und wieder eingesammelt: "Schreimutter" von Jutta Bauer
Eines Morgens schreit die Pinguinmutter ihr Kind so heftig an, daß es auseinanderfliegt. Was tun, wenn der Kopf im Weltall ist, der Körper im Meer, die Flügel im Dschungel, der Schnabel in den Bergen und der Po in der Stadt? Laufen, laufen, verwirrt und hilflos, bis, ja, bis die Mutter kommt, die alles eingesammelt und zusammengenäht hat, und "Entschuldigung" sagt.
Jutta Bauers Bilderbuch ist ein Drama in elf Sätzen und sechzehn eilig hingeworfenen Skizzen. In den wenigen Sätzen wird kurz und präzise eine existentielle Erfahrung, die bei weitem nicht nur auf ein Pinguinkind und seine Mutter beschränkt ist, auf den Punkt gebracht. Angeschrien und ein Opfer von Wut zu werden, ohne genau zu wissen warum und weshalb, macht ohnmächtig; klein wird man, und wie zerbröselt fühlt man sich.
Dann braucht es Zeit, die Verunsicherung zu überwinden, sich zu sammeln, um erneut eins zu werden. Manchmal gibt es Hilfe, und dann ist es leichter, sich vom Gefühl der Zerrissenheit zu befreien und sich wieder zu spüren, wenn nämlich das erlösende Zauberwort gesprochen wird. Dieses Erleben treffend zu beschreiben, gelingt Jutta Bauer in einfachen Sätzen. Doch leider bleibt die zeichnerische Umsetzung oft vage. Statt durchkomponierter Aquarelle finden sich eher arg reduzierte Behauptungen von Orten und Landschaften rund um den Erdball, die nur auf den ersten Blick und als Bildidee markant wirken. Das Grundgerüst der Geschichte ist allerdings stark genug, sich daneben zu behaupten.
Das Buch folgt der Verzweiflung des Kindes und seinem Bemühen. Doch auch die Verzweiflung der Mutter und ihr Bemühen werden deutlich, ohne daß Wort und Bild dazu nötig sind. Wie groß muß ihr Schrecken gewesen sein, nachdem das wütende Geschrei heraus war, wie groß die Anstrengung, die Wunden zu heilen, und wie mutig ist sie, ihren Fehler einzugestehen und um Verzeihung zu bitten. "Entschuldigung" ist für Mutter und Kind eine Erlösung.
"Schreimutter" ist ein Bilderbuch, das zum Kind ebenso spricht wie zum erwachsenen Vorleser. Es ist eine Ermunterung zu couragiertem Handeln. Und das ist ja für jede Altersstufe etwas durchaus Wünschenswertes.
GABRIELE LEJA.
Jutta Bauer: "Schreimutter". Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 2000. 36 S., geb., 19,80 DM. Ab 5 J.
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"Wenn Mütter zu sehr schreien... Eine herzergreifende Geschichte für alle Eltern - mehr wird nicht verraten." DAS "Jutta Bauer und eine kluge Verlagsbetreuung zeigen, welche Kraft in der noch lange nicht ausgereizten Kombination Bild-Wort-Buch liegen kann - ein kleines Bilderbuch über die ganze Welt!" DIE ZEIT "Die Königin der Farben und Schreimutter gehören nicht nur zu Bauers besten Werken, sondern auch zu den hervorragendsten der gesamten Bilderbuchproduktion der letzten Jahre." Bulletin Jugend & Literatur "So kräftig, so unsentimental, wie Jutta Bauer es gezeichnet hat, könnte dies auch ein Buch für nervöse Mütter sein." tz München "Ein Buch, das ohne Fingerzeige auskommt und vielmehr fein komponierte Stillleben des kindlichen Alltags zeichnet." Westfälische Nachrichten "Sie zeigt damit unter anderem einen Aspekt partnerschaftlicher Erziehung so gefühlvoll auf, dass Kinder in sofort erfassen können: Fehler passieren." Mobile Zeitschrift f. Junge Eltern