»Der Unterzeichnete hat, obwohl ihm die Gesetzgebung der letzten zwölf Jahre jede publizistische Äußerung wie den Abschluß seines philosophischen Universitätsstudiums unmöglich machte, nicht den Ehrgeiz, um jeden Preis sich gedruckt zu sehen.« Dies schrieb der 25jährige Hans Blumenberg im November 1945 an den Insel Verlag und fügte einen Aufsatz zu Dostojewskis Novelle »Die Sanfte« bei, deren Veröffentlichung er anregte. Zu der Publikation kam es seinerzeit nicht, und auch der Aufsatz blieb ungedruckt. Nun eröffnet er eine Sammlung mit Blumenbergs frühen Texten zur Literatur.
In Rezensionen, Reden und Vorträgen erkundet er die zumeist zeitgenössische deutschsprachige und internationale Literatur, schreibt aber auch über die damals neue Mode der Taschenbücher, Ratgeber und Comics. Seine subtilen Lektüren verfolgen oft Randgänge zwischen Literatur und Philosophie und thematisieren existenzielle Fragen. Es sind Texte von zeitloser Brillanz, die zugleich die Nachkriegszeitwie in einem Vergrößerungsglas sichtbar werden lassen.
In Rezensionen, Reden und Vorträgen erkundet er die zumeist zeitgenössische deutschsprachige und internationale Literatur, schreibt aber auch über die damals neue Mode der Taschenbücher, Ratgeber und Comics. Seine subtilen Lektüren verfolgen oft Randgänge zwischen Literatur und Philosophie und thematisieren existenzielle Fragen. Es sind Texte von zeitloser Brillanz, die zugleich die Nachkriegszeitwie in einem Vergrößerungsglas sichtbar werden lassen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.05.2017Auf den Klippen der Romane
Nur nicht mit Magie kommen: Der Philosoph Hans Blumenberg hat in jungen Jahren oft über zeitgenössische Literatur geschrieben. Es sind Texte, die auch heute noch zu Lektüren der behandelten Schriftsteller und Dichter einladen.
Im Sommer 1954 erscheint in den "Bremer Nachrichten" eine Besprechung von Samuel Becketts "Molloy". Der Rezensent lässt angesichts dieses ersten Bands von Becketts Romantrilogie keinen Zweifel: Ein "starkes" Buch in jedem Sinn sei es, ein elementares Werk. Doch gleichzeitig klingt ein Vorbehalt an. Ein meisterlich geschriebenes Werk sei Becketts Roman zwar, doch dass er ein "gutes" Buch sei, das glaubt der Rezensent deswegen nicht. Bloß, sich schützend und mahnend zwischen Buch und Leser zu stellen, das sei nun einmal für einen Kritiker sinnlos.
Da lobt ein Rezensent ein Buch in entschiedenem Ton und gibt gleichzeitig zu bedenken, es müsse zutiefst beunruhigen, von ebendiesem Buch so fasziniert zu sein, wie es der Kritiker ist, nämlich ohne sich diese Faszination erklären zu können. Es zeigt: "Magie von unserem Pfad zu entfernen - das ist doch eine immer neu, immer anders sich stellende Aufgabe." Wo heute die Rede von der Magie eines meisterlich geschriebenen Texts zweifellos auf dessen ästhetischer Habenseite verbucht würde, wird sie dem Kritiker hier zum Vorbehalt. Denn eine Wirkung, die man sich nicht erklären könne, sei "verwirrend, gefährlich und peinlich".
Es war nicht irgendein Kritiker, der das schrieb, auch kein Literaturkritiker im strikten Sinn. Verfasst hat diesen Artikel der neunundzwanzigjährige Hans Blumenberg, damals bereits habilitiert und vier Jahre später in Hamburg auf seine erste Professur berufen. Und der junge Blumenberg, das zeigt die jetzt aus dem Nachlass des 1996 verstorbenen Philosophen edierte Sammlung seiner frühen Texte zur Literatur aus den Jahren 1945 bis 1958, war schon damals ein Leser, der ausgezeichnet Rechenschaft davon geben konnte, wie Texte ihre Wirkung entfalten. Bei Beckett aber war für ihn eine Grenze erreicht, kein Sinn zu fassen, nur ein einsames "Lachen hinter dem Ganzen", das sich offenbar noch darüber lustig macht, überhaupt auf Sinn auszugehen, und zuletzt dann noch eine Volte, die alle Ansprüche auf Deutung lächerlich macht: "Seht her, es war nichts dahinter."
Dass aber immer etwas dahinter ist, das ist der Einsatz von Blumenbergs Lektüren: von Kafka und Valéry, Ernst Jünger und Evelyn Waugh, Dostojewski und Claudel, Graham Greene und Chesterton, Faulkner und Proust, Hemingway und Eliot und noch einigen anderen. Der vorliegende Band umfasst Zeitungsartikel, die meist unter dem Kürzel "Bb" und manchmal auch unter einem Pseudonym erschienen, in der Zeitschrift "Hochland" veröffentlichte Essays, Vortragstexte, auch einige ungedruckt gebliebene Nachlassstücke. Es ist keine bloß beiläufige Textproduktion, die er präsentiert: Nach der von Blumenberg penibel geführten Publikationsliste entfällt auf sie fast die Hälfte aller für diese Jahre angeführten Texte.
Mit den literarischen Miszellen des späten Blumenberg, dem hermeneutischen Hochleistungssport, aus einer Passage den prägnanten Kommentar hervorgehen zu lassen, haben sie wenig gemein. Sie gehen ihren Gegenstand direkter an, handeln dabei von durchaus großen Fragen, hüten sich aber wohl, die ins Auge gefassten Texte unter ihnen zu begraben. Es schreibt ein Philosoph, der kundig auch in der Theologie ist: Um Nihilismus geht es, um Transzendenz und Wirklichkeitsbegriff, um Gnade und aufgeschobene Eschatologie, Mythos und Freiheit. Natürlich erkennt man darin Motive für Blumenbergs Bücher, und der Verdacht mag sich einstellen, hier würde die Literatur zur Illustration bereits eingeschlagener Wege verwendet.
Aber der Verdacht trügt: Bereits der junge Blumenberg ist ein hingebungsvoller Leser mit ästhetischem Gespür, der nie in die Versuchung kommt, Literatur ins zweite Glied zu rücken. Im Gegenteil bemüht er sich in einem fast programmatischen Text von 1950 darum, literarischen Werken eine Vorreiterrolle zukommen zu lassen für das, was er als die Verarbeitung nihilistischer Zeittendenz ansieht: die Behandlung von nicht objektivierbaren Erfahrungen, die in einem eingespielten Wirklichkeitsbewusstsein nicht mehr unterzubringen sind.
Die deutsche Gegenwartsliteratur, die er in diesem Text unmittelbar im Blick hat, stehe dabei zwar im "Brennpunkt nihilistischer Ereignisse" - solche Winke genügen Blumenberg, der sein Studium in den Jahren des Nationalsozialismus hatte abbrechen müssen -, bringe es aber künstlerisch meist nicht in die erste Reihe. Ihr Kennzeichen, liest man, sei eher ratlose Bestürzung und raffinierte Flucht - doch gerade deshalb komme das Problem des Nihilismus in ihr zur "unübersehbaren Aufdringlichkeit".
Die raffinierte Flucht, mit der wohl auf Ernst Jünger gezielt ist, interessiert Blumenberg dann doch mehr als die bei Autoren wie Hermann Kasack oder Elisabeth Langgässer konstatierte Bestürzung. Jünger hat ohnehin großen Kredit beim jungen Blumenberg, für den die "Marmorklippen" zu den "wichtigsten Ereignissen der deutschen Geistesgeschichte" zählen und eine "fast vollendete Dichtung" sind. Immer wieder kommt er, spürbar fasziniert, auf Jüngers Wink mit einer "neuen Theologie" zu sprechen, um dann wenige Jahre später zu Jüngers sechzigstem Geburtstag 1955 doch eine nüchterne, fast schroffe Bilanz zu ziehen: Nicht einmal die äußeren Grenzen der Theologie habe Jünger erreicht, und die "Andeutung arkaner Quellen, höherer Intuition und singulärer Einweihungen - dem Dichter noch nicht ohne weiteres illegitim -, hat sich im Fazit nicht zu echter Legitimation der Aussage verdichtet".
Solches Fazit war ein Stück weit wohl auch Distanznahme von eigenen Erwartungen. Weshalb man die programmatische Einlassung von 1950 auch nicht zu hoch bewerten darf: So klar dann seine Lektüren der englischen, französischen und amerikanischen Autoren auch auf große, aber auch kaum umgehbare Leitfragen bezogen blieben, so aufmerksam ist Blumenberg doch für die Texte selbst; und ein weit ausgreifender Leser ist er zudem, der sich durch fast den ganzen Faulkner liest, Valéry früh für sich entdeckt, vom Ideendramatiker Sartre fast ebenso früh Abschied nimmt, Aldous Huxleys Lobpreisung der Droge in den "Doors of Perception" kritisch kommentiert oder sich in Evelyn Waugh und T. S. Eliot vertieft.
Kafka ist für Blumenberg der Autor, der das Zerbrechen einer stimmigen, aus objektiv fassbaren Sachverhalten hergestellten Wirklichkeit in Reinform demonstriert. Das mag wenig überraschend sein, aber bestechend ist, wie geschickt Blumenberg dann in so vollkommen unterschiedlichen Romanwelten, wie es jene von Waugh und Faulkner sind, seine Interpretationen setzt; oder in der Auseinandersetzung mit Valérys "Mon Faust" schon die spätere intensive Beschäftigung mit diesem Autor einleitet.
Man kann die Texte mit Blick auf den späteren Blumenberg lesen, muss es wohl sogar, wenn man seine Bücher kennt. Sie zeigen ihn noch - Stichwort Nihilismus - ziemlich geradlinig auf Sinnfragen zugehend, wo der spätere Blumenberg mit Bedacht seine Umwege über weites Terrain gehen wird, aber auch das oft verknüpft mit Interpretationen literarischer Werke. Doch zum höheren Lob dieser frühen Texte ist zu sagen, dass sie auch abseits vom Interesse an Blumenbergs Denkwegen für sich einnehmen. Ein Leser wie Blumenberg geht nicht im Zeitgeist unter, an den er anknüpfte, er verführt sechzig Jahre später dazu, Romanciers und Dichter noch einmal oder auch zum ersten Mal aufzuschlagen. Und wenn er 1954 über die florierende Ratgeberliteratur - "Die Literatur des großen ,Wie'" - schreibt, war ohnehin das Unvergängliche des Buchmarkts berührt.
HELMUT MAYER
Hans Blumenberg:
"Schriften zur Literatur". 1945 bis 1958.
Hrsg. von Alexander Schmitz und Bernd Stiegler. Suhrkamp Verlag, Berlin 2017. 372 S., geb., 32.- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nur nicht mit Magie kommen: Der Philosoph Hans Blumenberg hat in jungen Jahren oft über zeitgenössische Literatur geschrieben. Es sind Texte, die auch heute noch zu Lektüren der behandelten Schriftsteller und Dichter einladen.
Im Sommer 1954 erscheint in den "Bremer Nachrichten" eine Besprechung von Samuel Becketts "Molloy". Der Rezensent lässt angesichts dieses ersten Bands von Becketts Romantrilogie keinen Zweifel: Ein "starkes" Buch in jedem Sinn sei es, ein elementares Werk. Doch gleichzeitig klingt ein Vorbehalt an. Ein meisterlich geschriebenes Werk sei Becketts Roman zwar, doch dass er ein "gutes" Buch sei, das glaubt der Rezensent deswegen nicht. Bloß, sich schützend und mahnend zwischen Buch und Leser zu stellen, das sei nun einmal für einen Kritiker sinnlos.
Da lobt ein Rezensent ein Buch in entschiedenem Ton und gibt gleichzeitig zu bedenken, es müsse zutiefst beunruhigen, von ebendiesem Buch so fasziniert zu sein, wie es der Kritiker ist, nämlich ohne sich diese Faszination erklären zu können. Es zeigt: "Magie von unserem Pfad zu entfernen - das ist doch eine immer neu, immer anders sich stellende Aufgabe." Wo heute die Rede von der Magie eines meisterlich geschriebenen Texts zweifellos auf dessen ästhetischer Habenseite verbucht würde, wird sie dem Kritiker hier zum Vorbehalt. Denn eine Wirkung, die man sich nicht erklären könne, sei "verwirrend, gefährlich und peinlich".
Es war nicht irgendein Kritiker, der das schrieb, auch kein Literaturkritiker im strikten Sinn. Verfasst hat diesen Artikel der neunundzwanzigjährige Hans Blumenberg, damals bereits habilitiert und vier Jahre später in Hamburg auf seine erste Professur berufen. Und der junge Blumenberg, das zeigt die jetzt aus dem Nachlass des 1996 verstorbenen Philosophen edierte Sammlung seiner frühen Texte zur Literatur aus den Jahren 1945 bis 1958, war schon damals ein Leser, der ausgezeichnet Rechenschaft davon geben konnte, wie Texte ihre Wirkung entfalten. Bei Beckett aber war für ihn eine Grenze erreicht, kein Sinn zu fassen, nur ein einsames "Lachen hinter dem Ganzen", das sich offenbar noch darüber lustig macht, überhaupt auf Sinn auszugehen, und zuletzt dann noch eine Volte, die alle Ansprüche auf Deutung lächerlich macht: "Seht her, es war nichts dahinter."
Dass aber immer etwas dahinter ist, das ist der Einsatz von Blumenbergs Lektüren: von Kafka und Valéry, Ernst Jünger und Evelyn Waugh, Dostojewski und Claudel, Graham Greene und Chesterton, Faulkner und Proust, Hemingway und Eliot und noch einigen anderen. Der vorliegende Band umfasst Zeitungsartikel, die meist unter dem Kürzel "Bb" und manchmal auch unter einem Pseudonym erschienen, in der Zeitschrift "Hochland" veröffentlichte Essays, Vortragstexte, auch einige ungedruckt gebliebene Nachlassstücke. Es ist keine bloß beiläufige Textproduktion, die er präsentiert: Nach der von Blumenberg penibel geführten Publikationsliste entfällt auf sie fast die Hälfte aller für diese Jahre angeführten Texte.
Mit den literarischen Miszellen des späten Blumenberg, dem hermeneutischen Hochleistungssport, aus einer Passage den prägnanten Kommentar hervorgehen zu lassen, haben sie wenig gemein. Sie gehen ihren Gegenstand direkter an, handeln dabei von durchaus großen Fragen, hüten sich aber wohl, die ins Auge gefassten Texte unter ihnen zu begraben. Es schreibt ein Philosoph, der kundig auch in der Theologie ist: Um Nihilismus geht es, um Transzendenz und Wirklichkeitsbegriff, um Gnade und aufgeschobene Eschatologie, Mythos und Freiheit. Natürlich erkennt man darin Motive für Blumenbergs Bücher, und der Verdacht mag sich einstellen, hier würde die Literatur zur Illustration bereits eingeschlagener Wege verwendet.
Aber der Verdacht trügt: Bereits der junge Blumenberg ist ein hingebungsvoller Leser mit ästhetischem Gespür, der nie in die Versuchung kommt, Literatur ins zweite Glied zu rücken. Im Gegenteil bemüht er sich in einem fast programmatischen Text von 1950 darum, literarischen Werken eine Vorreiterrolle zukommen zu lassen für das, was er als die Verarbeitung nihilistischer Zeittendenz ansieht: die Behandlung von nicht objektivierbaren Erfahrungen, die in einem eingespielten Wirklichkeitsbewusstsein nicht mehr unterzubringen sind.
Die deutsche Gegenwartsliteratur, die er in diesem Text unmittelbar im Blick hat, stehe dabei zwar im "Brennpunkt nihilistischer Ereignisse" - solche Winke genügen Blumenberg, der sein Studium in den Jahren des Nationalsozialismus hatte abbrechen müssen -, bringe es aber künstlerisch meist nicht in die erste Reihe. Ihr Kennzeichen, liest man, sei eher ratlose Bestürzung und raffinierte Flucht - doch gerade deshalb komme das Problem des Nihilismus in ihr zur "unübersehbaren Aufdringlichkeit".
Die raffinierte Flucht, mit der wohl auf Ernst Jünger gezielt ist, interessiert Blumenberg dann doch mehr als die bei Autoren wie Hermann Kasack oder Elisabeth Langgässer konstatierte Bestürzung. Jünger hat ohnehin großen Kredit beim jungen Blumenberg, für den die "Marmorklippen" zu den "wichtigsten Ereignissen der deutschen Geistesgeschichte" zählen und eine "fast vollendete Dichtung" sind. Immer wieder kommt er, spürbar fasziniert, auf Jüngers Wink mit einer "neuen Theologie" zu sprechen, um dann wenige Jahre später zu Jüngers sechzigstem Geburtstag 1955 doch eine nüchterne, fast schroffe Bilanz zu ziehen: Nicht einmal die äußeren Grenzen der Theologie habe Jünger erreicht, und die "Andeutung arkaner Quellen, höherer Intuition und singulärer Einweihungen - dem Dichter noch nicht ohne weiteres illegitim -, hat sich im Fazit nicht zu echter Legitimation der Aussage verdichtet".
Solches Fazit war ein Stück weit wohl auch Distanznahme von eigenen Erwartungen. Weshalb man die programmatische Einlassung von 1950 auch nicht zu hoch bewerten darf: So klar dann seine Lektüren der englischen, französischen und amerikanischen Autoren auch auf große, aber auch kaum umgehbare Leitfragen bezogen blieben, so aufmerksam ist Blumenberg doch für die Texte selbst; und ein weit ausgreifender Leser ist er zudem, der sich durch fast den ganzen Faulkner liest, Valéry früh für sich entdeckt, vom Ideendramatiker Sartre fast ebenso früh Abschied nimmt, Aldous Huxleys Lobpreisung der Droge in den "Doors of Perception" kritisch kommentiert oder sich in Evelyn Waugh und T. S. Eliot vertieft.
Kafka ist für Blumenberg der Autor, der das Zerbrechen einer stimmigen, aus objektiv fassbaren Sachverhalten hergestellten Wirklichkeit in Reinform demonstriert. Das mag wenig überraschend sein, aber bestechend ist, wie geschickt Blumenberg dann in so vollkommen unterschiedlichen Romanwelten, wie es jene von Waugh und Faulkner sind, seine Interpretationen setzt; oder in der Auseinandersetzung mit Valérys "Mon Faust" schon die spätere intensive Beschäftigung mit diesem Autor einleitet.
Man kann die Texte mit Blick auf den späteren Blumenberg lesen, muss es wohl sogar, wenn man seine Bücher kennt. Sie zeigen ihn noch - Stichwort Nihilismus - ziemlich geradlinig auf Sinnfragen zugehend, wo der spätere Blumenberg mit Bedacht seine Umwege über weites Terrain gehen wird, aber auch das oft verknüpft mit Interpretationen literarischer Werke. Doch zum höheren Lob dieser frühen Texte ist zu sagen, dass sie auch abseits vom Interesse an Blumenbergs Denkwegen für sich einnehmen. Ein Leser wie Blumenberg geht nicht im Zeitgeist unter, an den er anknüpfte, er verführt sechzig Jahre später dazu, Romanciers und Dichter noch einmal oder auch zum ersten Mal aufzuschlagen. Und wenn er 1954 über die florierende Ratgeberliteratur - "Die Literatur des großen ,Wie'" - schreibt, war ohnehin das Unvergängliche des Buchmarkts berührt.
HELMUT MAYER
Hans Blumenberg:
"Schriften zur Literatur". 1945 bis 1958.
Hrsg. von Alexander Schmitz und Bernd Stiegler. Suhrkamp Verlag, Berlin 2017. 372 S., geb., 32.- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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