Eine unterhaltsame, zugleich historisch interessante Lektüre ist der in Augsburg und Umgebung angesiedelte Kriminalroman „Schüssler und die verschwundenen Mädchen“ von Viktor Glass (68), im April beim Pendragon-Verlag erschienen. Doch liefert der seit 15 Jahren in Augsburg lebende Autor, Verfasser
mehrerer historisch-biografischer Romane, mit diesem Krimi ein auch über die regionalen Grenzen…mehrEine unterhaltsame, zugleich historisch interessante Lektüre ist der in Augsburg und Umgebung angesiedelte Kriminalroman „Schüssler und die verschwundenen Mädchen“ von Viktor Glass (68), im April beim Pendragon-Verlag erschienen. Doch liefert der seit 15 Jahren in Augsburg lebende Autor, Verfasser mehrerer historisch-biografischer Romane, mit diesem Krimi ein auch über die regionalen Grenzen hinaus gültiges Bild des gesellschaftlichen Umbruchs am Ende des 19. Jahrhunderts. Zwanzig Jahre nach Gründung des Deutschen Reichs und der Eingliederung des bayerischen Königreiches müssen sich die Einwohner der alten Fuggerstadt auf eine neue Gesetzgebung, eine neue Währung und manche andere unliebsame Veränderung einstellen. Die Stadt wird gerade zum Zentrum der Textilindustrie und des Maschinenbaus. Der technische Fortschritt wirkt sich nachteilig auf die Arbeiterschaft aus. Wo früher Handarbeit verlangt war, ersetzen jetzt Maschinen den Menschen. Viele verlieren ihren Arbeitsplatz, allen voran weibliches Hauspersonal und Arbeiterinnen. Nicht wenige wählen in dieser aussichtslosen Situation den Freitod oder verschwinden spurlos. Auch der Soldat Augustin Hipp vermisst seine junge Verlobte Luise Habenicht und sucht Hilfe bei Privatermittler Ludwig Schüssler. Dieser macht sich, unterstützt von der resoluten Haushälterin Caroline Geiger, auf die Suche nach der Vermissten. Da auch andere Mädchen unauffindbar sind, kommt bald der Verdacht des organisierten Mädchenhandels auf. Auch die Tat eines Serienmörders ist nicht auszuschließen, als Schüssler in einer alten Keltenschanze auf menschliche Knochen stößt. Zum Glück gelingt es Schüssler aber, nach spannender Ermittlungsarbeit auch diesen Fall erfolgreich abzuschließen und nicht nur Hipp und seine Verlobten glücklich zu machen. Das Buch ist wahrlich kein reißerischer Thriller, sondern eher eine zeitgetreue Millieu-Studie. Eingebettet in die Krimi-Handlung erfährt man vieles über die Zeit der Jahrhundertwende, über den gesellschaftlichen Umbruch. Doch obwohl Fachwissen bei historischen Romanen notwendig ist, kann sich zu viel davon als Mangel erweisen, wenn Autor Viktor Glass meint, alles in nur einem kurzen Roman unterbringen zu müssen. Sogar nach Aufklärung des Falles füllt der Autor noch zwei weitere Kapitel mit historischen Fakten. „Schüssler und die verschwundenen Mädchen“ ist ein locker, stellenweise auch seicht geschriebener Krimi, allerdings mit sorgsam aufbereitetem geschichtlichen Hintergrund. Das Buch ist eine unterhaltsame, entspannende, aber auch informative Lektüre zum Feierabend - nicht nur, aber vor allem für Kenner Augsburgs und seines regionalen Umfeldes.