Für gläubige Christen steht außer Frage, daß es sich bei der Leidensgeschichte Jesu um ein einmaliges und einzigartiges Geschehen handelte. De facto jedoch knüpft sie, dem Verlauf wie dem Sinngehalt nach, unmittelbar an Mythos und Kult der altorientalischen Korngottheiten vom Typus des Tammuz, Osiris und anderer an: Söhne des Himmelgottes und der Erdgöttin, die zur Erntezeit getötet wurden, um die Menschen am Leben zu erhalten, und doch alljährlich wiederauferstanden. Damit schien die Schuld der Menschen gesühnt. Um sich des Heilsgeschehens vollends zu versichern, vollzog man den Opfergang des Gottes, den meist ein Jungstier (teils auch ein Mensch) verkörperte, rituell nach - in Fortsetzung eines in den Grundzügen gleichförmigen Brauchtums praktisch aller Agrarkulturen seit Entstehung des Bodenbaus, das seinerseits auf ein analoges Ritual in den vorgängigen Jägerkulturen zurückging, in dem einem Bären die Erlöserrolle zukam.