Karl-Markus Gauß verfasst Texte wider den Zeitgeist, die überzeugend darzulegen vermögen, dass der Antisemitismus von jeher eines anstrebt: eine Welt ohne Juden. Sein neuer Essayband vereint nuancenreiche Porträts wenig bekannter Gestalten der jüdischen Geistesgeschichte in Österreich, Polen, Litauen, Triest mit "ungeordneten Aufzeichnungen", in deren Zentrum der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und sein Fortdauern stehen. Eine Attacke auf intellektuelle Selbstzufriedenheit und schuldhafte Unwissenheit, eine umfassende und fundierte Kritik an der Geschichtsverleugnung vermeintlich kritischer Geister. Und nicht zuletzt ein leidenschaftliches Plädoyer, die Traditionen der Aufklärung nicht leichtfertig als Erbe der weißen Vorherrschaft über die Welt abzutun, sondern ihren universalen Wert zu erkennen.
"Der trittsichere Wanderer bewegt sich auf dem Boden eines aufgeklärten Humanismus [...] er scheut weder das Minenfeld des Meinungskriegs, noch ist er sich zu gut, den einen oder anderen Tritt auszuteilen." Daniela Strigl, Laudatio zum Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung "Erzählung, Reflexion, Erinnerung, Polemik, Würdigung, Analyse, Notat, Attacke, Trost - eine eigene Form: das Gaußische, der facettenreiche Idealessay." Robert Menasse
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensent Ralph Gerstenberg lobt die stilistische und argumentative Klarheit der Essays von Karl-Markus Gauß, besonders abwägend kann er die Texte aber nicht finden, wenn Gauß "meinungsstark" gegen Antisemitismus gestern und heute anschreibt. Für den Publizisten überschritten die nach dem 7. Oktober gegen Israel und den "Völkermord" in Gaza agitierenden Studenten der Berliner UdK eindeutig eine Grenze, so Gerstenberg. Gauß' Eintreten gegen Geschichtsvergessenheit, sein Erinnern an Jedwabne, an Boris Pahor und Theodor Herzl sind für Gerstenberg auch darum so lesenswert, weil der Autor die Schrecken des Krieges dabei nicht ausblendet.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH