Ich wäre gerne schon damals in München gewesen
In Schwabing, dem damaligen Künstler- und Szeneviertel von München, wird die 36-jährige Berenike von Rahnstedt von ihrem 7-jährigen Sohn Wolfgang tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Schnell stellt sich heraus, dass die lebenslustige Nike, die in den
Schwabinger Künstlerkreisen ein ausschweifendes und sehr lockeres Leben geführt hat, erschlagen wurde.…mehrIch wäre gerne schon damals in München gewesen
In Schwabing, dem damaligen Künstler- und Szeneviertel von München, wird die 36-jährige Berenike von Rahnstedt von ihrem 7-jährigen Sohn Wolfgang tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Schnell stellt sich heraus, dass die lebenslustige Nike, die in den Schwabinger Künstlerkreisen ein ausschweifendes und sehr lockeres Leben geführt hat, erschlagen wurde. Ist die Gräfin, die in einer sexuellen Dreierbeziehung mit ihrer Freundin Lieselotte „Lou“ Berghammer und dem jungen Peter Konzelmann lebte, einem Eifersuchtsdrama zum Opfer gefallen?
KHK Korbinian Hilpert und sein Kollege KHK Ludwig Waldleitner der Abteilung Mord I beim Polizeipräsidium München in der Ettstraße müssen bei einigen Verdächtigen tief in die Schwabinger Szene und auch in die Tiefen der Politik eindringen.
Gräfin Berenike „Nike“ von Rahnstedt ist schon eine auffällige Person. Gesegnet mit einer außergewöhnlichen Schönheit, einem wachen Geist, nahm sie aber wohl zu viele Pillen, bewusstseinserweiternde Substanzen und Alkohol um ihrem Alltag als alleinerziehende Mutter, die dauernde Geldsorgen quälten, mit ihrem kleinen Sohn Wolferl oder Bubi, wie sie ihn liebevoll nannte, meistern zu können. Durch das Manuskript zu dem autobiographischen Buch „Die Geflügelte“, das sie schreiben wollte und das die Ermittler in ihrer Wohnung finden, lerne ich die Frau auch mit einem düsteren Geheimnis aus ihrer Vergangenheit immer besser kennen. Auch hierin könnte für Jemanden ein mögliches Motiv sie beseitigen zu wollen, liegen.
Den jungen Kommissar Hilpert habe ich bereits 1952 bei seinen ersten Ermittlungen begleitet und mich gefreut, ihn hier zusammen mit seiner Frau Evi und Tochter Elsie wieder zu treffen. Ich fand es toll, dass mich die Ermittler bei der Suche nach dem Mörder an ihren Gedanken und Gesprächen haben teilhaben lassen. Als dann kurz vor Ende der Geschichte die Auflösung in Form eines Geständnisses ans Licht kommt, war ich doch baff. Damit hatte ich nicht gerechnet; konnte aber die Wut und die Enttäuschung, die zu der Tat geführt haben, sehr gut nachvollziehen.
Obwohl es gar nicht so viele Tatverdächtige sind, die hier in Frage kommen, steht der Spannungsbogen von Anfang an recht hoch und bleibt dort oben bis zum Schluss.
Neben dem Mordfall spielen die Schwabinger Krawalle im Juli 1962, in die junge Studenten und Künstler immer wieder verwickelt waren und bei denen die jungen Polizisten nicht immer zimperlich mit ihnen umgingen, eine Rolle. Bei dem Straßenfeger im TV „Das Halstuch“ von Frances Durbridge werden Kindheitserinnerungen wach. Auch Franz-Josef Strauß begegne ich hier in einer kurzen Szene. Was heute für uns Frauen unvorstellbar ist: damals brauchte die Ehefrau von ihrem Mann die ausdrückliche Erlaubnis, wenn sie arbeiten gehen wollte.
In „Schwabing 62“ gibt mir Autorin Gretel Mayer Einblicke in die gesellschaftliche Lage von damals in München. Auf der einen Seite stehen die veralteten Moralvorstellungen der älteren Erwachsenen; auf der anderen Seite die Vorstellung von der freien Liebe, der freien Sexualität und der Selbstverwirklichung der Frau, die gerade Nike absolut anstrebt. Das Wohl ihres kleinen Sohnes hat sie dabei aber immer im Blick.
Ich fand es auch schön, dass es hier einige Menschen gibt, die bayerisch sprechen, was den Lokalkolorit hervorhebt. Sogar a bissel schwäbisch wird gschwetzt.
Ich liebe Geschichten aus der Stadt in der ich nun seit vielen Jahren lebe. Einiges habe ich wiedererkannt, anderes ist leider schon lange Vergangenheit. Gelesen habe ich das Buch sehr gerne.