Eine Ameise ist dumm, tausend Ameisen sind genial Was hat das Schwarmverhalten von Tieren mit unserem Postboten oder sozialen Netzwerken wie Twitter zu tun' Len Fisher erklärt anschaulich wie kein anderer, wo wir die Intelligenz der Vielen im Alltag finden und wie sie funktioniert. Fisch- oder Vogelschwärme bewegen sich in verblüffenden Formationen. Jedes Tier hat seinen Platz, gelenkt durch unsichtbare Gesetzmäßigkeiten. Bienenschwärme peilen scheinbar wie von selbst die pollenreichste Blumenwiese an. Ameisen arbeiten nach so außerordentlich differenzierten Strukturen, dass Forscher die Ameisenkolonie mit einem Superhirn vergleichen. Unsere Begeisterung für die Schönheit komplexer Systeme in der Natur kommt nicht von ungefähr, sagt Len Fisher: Wir bewundern sie, weil wir uns selbst nach den gleichen Prinzipien organisieren. Fisher durchleuchtet den menschlichen Alltag und findet Schwarmintelligenz überall: bei unserer Suche nach dem besten Restaurant, dem Reißverschlussprinzip beim Einfädeln in den Verkehr und bei strategischen Entscheidungen von Kurierfahrern, die erkannt haben, dass dauerndes Linksabbiegen Zeit und Geld kostet. Wie kein anderer versteht er es, naturwissenschaftliche Gesetze lebensnah zu vermitteln und zu zeigen, wie wir sie im Alltag nutzen können.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.10.2010Wenn die Wellen durch die Gruppe gehen
Niemand ist so klug wie wir alle zusammen, aber auch keiner so dumm: Len Fisher und Peter Miller erklären die Schwarmintelligenz und was sich aus ihr für das tägliche Leben lernen lässt.
Informatiker lieben Ameisen. Es ist zwar recht lästig, wenn eine krabbelnde Armee den Zugang zur Speisekammer gefunden hat und auf einer breiten Straße durch die Küche zieht. Doch mit etwas Abstand betrachtet, sind Ameisenstraßen geniale Problemlösungen. Informatiker nennen es das Problem des Handlungsreisenden: Ein Vertreter soll Kunden in verschiedenen Städten besuchen und sucht die kürzeste Route. Bei drei Städten gibt es nur sechs Alternativen, das ist übersichtlich, aber bei fünf Städten sind es schon 120 mögliche Routen, bei zehn Städten 3,6 Millionen und bei dreißig würden wir schon länger brauchen, um die Alternativen aufzuzählen, als das Universum noch existieren wird.
Ameisen hingegen haben auch mit der kürzesten Route zu hundert Futterplätzen kein Problem: Sie schwärmen massenhaft in alle Richtungen aus und hinterlassen dabei Pheromonspuren. Diejenigen, die den kürzesten Weg gehen, sind als erste zurück, auf ihrem Weg sind bald die meisten unterwegs. Das verstärkt die Duftspur, wogegen sich die Pheromone auf den weniger begangenen Strecken verflüchtigen. So sind alle Ameisen schnell über den kürzesten Weg informiert, die Ameisenstraße steht. Informatiker nehmen sich ein Beispiel an den Krabbeltieren und schicken, statt langwierig zu rechnen, simulierte Ameisen los, die die benützten Wege mit Punkten bewerten. Eine Menge nicht besonders kluger Individuen löst ohne zentrale Steuerung eine Aufgabe, die für den Einzelnen unlösbar wäre: das ist das Prinzip der Schwarmintelligenz.
Gleich zwei Bücher präsentieren diesen Herbst dieses Forschungsfeld, das nicht nur neue Algorithmen für die Informatik verspricht, sondern eine neue Strategie für den Umgang mit Komplexität überhaupt, in Unternehmen, in der Politik, in der Verkehrsplanung, im Alltag.
Der Physiker, Kolumnist und Ig-Nobel-Preisträger Len Fisher stellt für seine Leser einen Werkzeugkasten zusammen, der ihnen helfen soll, die Komplexität des Alltags zu meistern. Die Werkzeuge stammen nicht nur aus der Schwarmintelligenz, sie umfassen auch einfache Heuristiken und Erkenntnisse der Statistik: Wenn Ihnen von zwei Alternativen eine bekannt vorkommt und sonst keine Informationen zur Verfügung stehen, wählen Sie die bekannte. Sind Sie Steuerfahnder vergessen Sie das Benford'sche Gesetz nicht. Es zeigt, in welcher Häufigkeit die verschiedenen Ziffern gewöhnlich an welchen Positionen in großen Zahlen vorkommen. Wer seine Steuererklärung oder die Messergebnisse für das nächste Forschungsprojekt fälscht, kennt es in der Regel nicht und verteilt die Ziffern gleichmäßig.
Für National-Geographic-Redakteur Peter Miller kann die Schwarmintelligenz helfen, überholte Vorstellungen von hierarchischer Planung und Kommandostrukturen abzulösen. Würden sich die Ameisen wie im Trickfilm "Antz" jeden Morgen bei einer Ober-Ameise mit Klemmbrett anstellen, die ihnen ihre Aufgaben zuteilt, wäre es um die Zukunft des Ameisenstaats schlecht bestellt. Doch das ist unsere Art, Arbeit zu organisieren, die schnell aus dem Ruder laufen kann. Miller zeigt, wie Ameisenvon der Evolution darauf getrimmt wurden, ihren Staat ohne Kommandeure und Computer zu organisieren.
Beide Autoren zitieren zum Teil dieselben Studien und benutzen dieselben Beispiele. Miller stellt die wissenschaftlichen Hintergründe ausführlicher dar. Fisher liefert mehr praktische Tipps, seine Erklärungen bleiben aber trotz seiner fast achtzig Seiten Anmerkungen oft eher abstrakt. Einig sind sich beide Autoren in ihrer Begeisterung für Fisch- und Vogelschwärme, Bienen-, Termiten- und Ameisenstaaten. Sie alle zeigen, wie hochkomplexe Organisation ganz ohne zentrale Planung und Steuerung gelingt. Es sind einfache Regeln, die das komplexe Verhalten eines Schwarms ermöglichen: "Folge dem Fisch vor dir", "Halte die Geschwindigkeit des Fisches neben dir", "Lege dein Sandkorn dort ab, wo die anderen Termiten ihres ablegen", "Fliege so schnell, dass die Heuschrecke hinter dir dich nicht ins Bein beißen kann". Vögel behalten, wenn sie im Schwarm fliegen, sechs bis sieben Nachbarn im Blick und halten "topologische Distanz" zu ihnen: ihre Interaktion mit ihnen ist gleich stark, egal, wie weit die anderen weg sind. Das macht den Schwarm elastisch und schützt die einzelnen Tiere vor Angriffen.
Auf Störungen scheinen Schwärme wie ein einziger Organismus zu reagieren, was selbst seriöse Forscher dazu gebracht hat, an eine Art Telepathie zu glauben, wie Miller berichtet. Heute sprechen Forscher lieber von "koordiniertem dezentralem Verhalten", geprägt von Kommunikation und Nachahmung, das dazu führt, dass Informationen und Energie eine ganze Gruppe wie in Wellen durchströmen.
Bienenschwärme zeigen, so Fisher, dass einige wenige informierte Individuen den ganzen Schwarm lenken können, einfach, indem sie schneller fliegen als der Rest und eine andere Richtung einschlagen. Damit lösen sie eine Kettenreaktion aus, denn die anderen folgen ihren Nachbarn. Das funktioniert, wie Fisher belegt, auch in Menschengruppen. Ein Anführer braucht weder sichtbar zu sein noch über besondere Eigenschaften zu verfügen, schließt der Autor und empfiehlt: Führen Sie von innen heraus und sehen Sie zu, dass die anderen es nicht bemerken.
Beide Autoren erläutern, wie Fußgänger sich ab einer bestimmten Dichte auf dem Gehsteig zu Strömen organisieren und dass es wenig Zweck hat, gegen diese anschwimmen zu wollen. Für noch nicht allzu schlimmes Gedrängel halten Computersimulationen eine Empfehlung bereit: zu 60 Prozent solle man sich mit der Gruppe treiben lassen, zu 40 Prozent nach eigenen Auswegen suchen. Für die echte Massenpanik hat allerdings auch der Computer keine gute Empfehlung.
Oft ist die Menge eine gute Informationsquelle: Der Durchschnitt vieler uninformierter Schätzungen ist besser als das Urteil von Experten, egal ob es darum geht, das Gewicht eines Ochsen, die Himmelsrichtung oder den Ausgang der nächsten Wahl zu bestimmen. Selbst Wettervorhersagen sind am besten, wenn sie auf dem Durchschnitt verschiedener Modellrechnungen beruhen. Die Fehler der vielen heben sich gegenseitig auf, die richtige Antwort schwimmt wie die Sahne auf der Milch, erläutert Miller. Wo der Durchschnitt nicht weiterhilft, sind Mehrheitsentscheidungen oft die besten. Selbst wenn nur ein Teil der Gruppe gut informiert ist, liegt die Mehrheit sehr wahrscheinlich richtig. Das funktioniert allerdings nur, wenn sich alle Individuen unabhängig voneinander entscheiden. Sobald Gruppenzwang im Spiel ist, kann die Entscheidung groteske Formen annehmen.
Bienen treffen immer ihre eigenen Entscheidungen und die Entscheidung des gesamten Schwarms fällt nicht durch Konsens, sondern durch Wettbewerb: Welcher Alternative schließen sich die meisten Individuen an? Doch auch das kann schiefgehen: Forscher mussten nur eine ausreichende Anzahl künstlicher Stichlinge in das Maul eines Raubfisches schwimmen lassen, schon folgte ihnen der ganze Schwarm ins Verderben. So gilt beides: Niemand ist so klug wie wir alle zusammen, aber es ist auch niemand so dumm.
Eine Mischung aus Orientierung an der Gruppe und kritischer Eigeninitiative ist gefragt, so Fisher. Er erläutert, wie Unternehmen und Einzelpersonen sich die Prinzipien der Schwarmintelligenz zunutze machen können: "Bieten Sie Anreize, eine Information weiter zu geben oder eine Verbindung zu stärken", und er warnt vor Scharlatanerie, die sich in der Komplexität der Alltagsphänomene gut verstecken kann: Ist eine Masse groß genug, gibt es immer irgendwelche Muster. Nur sind, wie die Astrologie zeigt, nicht alle hilfreich.
Miller zeigt detailliert die faszinierende Entscheidungsfindung in Bienenvölkern, die unglaubliche Komplexität eines Termitenhügels und die Versuche, solche Beispiele für die Praxis zu nutzen, sei es für die dezentrale Steuerung von Unternehmen oder Robotern oder die Informationsbeschaffung der Geheimdienste.
Am Ende stellt Fisher sechs Seiten Empfehlungen für den Umgang mit der komplexen Welt zusammen, nicht ohne davor zu warnen, dass, wo Komplexität vorhanden ist, das Chaos nicht weit sei und am Ende alles anders kommen könnte. Miller begnügt sich mit zwei Hinweisen: Kooperation in intelligent zusammengesetzten Gruppen und kreativer Ideenwettbewerb sind bei komplexen Problemen die Mittel der Wahl. Ganz wie bei den Bienen, den Termiten und den Ameisen.
MANUELA LENZEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Niemand ist so klug wie wir alle zusammen, aber auch keiner so dumm: Len Fisher und Peter Miller erklären die Schwarmintelligenz und was sich aus ihr für das tägliche Leben lernen lässt.
Informatiker lieben Ameisen. Es ist zwar recht lästig, wenn eine krabbelnde Armee den Zugang zur Speisekammer gefunden hat und auf einer breiten Straße durch die Küche zieht. Doch mit etwas Abstand betrachtet, sind Ameisenstraßen geniale Problemlösungen. Informatiker nennen es das Problem des Handlungsreisenden: Ein Vertreter soll Kunden in verschiedenen Städten besuchen und sucht die kürzeste Route. Bei drei Städten gibt es nur sechs Alternativen, das ist übersichtlich, aber bei fünf Städten sind es schon 120 mögliche Routen, bei zehn Städten 3,6 Millionen und bei dreißig würden wir schon länger brauchen, um die Alternativen aufzuzählen, als das Universum noch existieren wird.
Ameisen hingegen haben auch mit der kürzesten Route zu hundert Futterplätzen kein Problem: Sie schwärmen massenhaft in alle Richtungen aus und hinterlassen dabei Pheromonspuren. Diejenigen, die den kürzesten Weg gehen, sind als erste zurück, auf ihrem Weg sind bald die meisten unterwegs. Das verstärkt die Duftspur, wogegen sich die Pheromone auf den weniger begangenen Strecken verflüchtigen. So sind alle Ameisen schnell über den kürzesten Weg informiert, die Ameisenstraße steht. Informatiker nehmen sich ein Beispiel an den Krabbeltieren und schicken, statt langwierig zu rechnen, simulierte Ameisen los, die die benützten Wege mit Punkten bewerten. Eine Menge nicht besonders kluger Individuen löst ohne zentrale Steuerung eine Aufgabe, die für den Einzelnen unlösbar wäre: das ist das Prinzip der Schwarmintelligenz.
Gleich zwei Bücher präsentieren diesen Herbst dieses Forschungsfeld, das nicht nur neue Algorithmen für die Informatik verspricht, sondern eine neue Strategie für den Umgang mit Komplexität überhaupt, in Unternehmen, in der Politik, in der Verkehrsplanung, im Alltag.
Der Physiker, Kolumnist und Ig-Nobel-Preisträger Len Fisher stellt für seine Leser einen Werkzeugkasten zusammen, der ihnen helfen soll, die Komplexität des Alltags zu meistern. Die Werkzeuge stammen nicht nur aus der Schwarmintelligenz, sie umfassen auch einfache Heuristiken und Erkenntnisse der Statistik: Wenn Ihnen von zwei Alternativen eine bekannt vorkommt und sonst keine Informationen zur Verfügung stehen, wählen Sie die bekannte. Sind Sie Steuerfahnder vergessen Sie das Benford'sche Gesetz nicht. Es zeigt, in welcher Häufigkeit die verschiedenen Ziffern gewöhnlich an welchen Positionen in großen Zahlen vorkommen. Wer seine Steuererklärung oder die Messergebnisse für das nächste Forschungsprojekt fälscht, kennt es in der Regel nicht und verteilt die Ziffern gleichmäßig.
Für National-Geographic-Redakteur Peter Miller kann die Schwarmintelligenz helfen, überholte Vorstellungen von hierarchischer Planung und Kommandostrukturen abzulösen. Würden sich die Ameisen wie im Trickfilm "Antz" jeden Morgen bei einer Ober-Ameise mit Klemmbrett anstellen, die ihnen ihre Aufgaben zuteilt, wäre es um die Zukunft des Ameisenstaats schlecht bestellt. Doch das ist unsere Art, Arbeit zu organisieren, die schnell aus dem Ruder laufen kann. Miller zeigt, wie Ameisenvon der Evolution darauf getrimmt wurden, ihren Staat ohne Kommandeure und Computer zu organisieren.
Beide Autoren zitieren zum Teil dieselben Studien und benutzen dieselben Beispiele. Miller stellt die wissenschaftlichen Hintergründe ausführlicher dar. Fisher liefert mehr praktische Tipps, seine Erklärungen bleiben aber trotz seiner fast achtzig Seiten Anmerkungen oft eher abstrakt. Einig sind sich beide Autoren in ihrer Begeisterung für Fisch- und Vogelschwärme, Bienen-, Termiten- und Ameisenstaaten. Sie alle zeigen, wie hochkomplexe Organisation ganz ohne zentrale Planung und Steuerung gelingt. Es sind einfache Regeln, die das komplexe Verhalten eines Schwarms ermöglichen: "Folge dem Fisch vor dir", "Halte die Geschwindigkeit des Fisches neben dir", "Lege dein Sandkorn dort ab, wo die anderen Termiten ihres ablegen", "Fliege so schnell, dass die Heuschrecke hinter dir dich nicht ins Bein beißen kann". Vögel behalten, wenn sie im Schwarm fliegen, sechs bis sieben Nachbarn im Blick und halten "topologische Distanz" zu ihnen: ihre Interaktion mit ihnen ist gleich stark, egal, wie weit die anderen weg sind. Das macht den Schwarm elastisch und schützt die einzelnen Tiere vor Angriffen.
Auf Störungen scheinen Schwärme wie ein einziger Organismus zu reagieren, was selbst seriöse Forscher dazu gebracht hat, an eine Art Telepathie zu glauben, wie Miller berichtet. Heute sprechen Forscher lieber von "koordiniertem dezentralem Verhalten", geprägt von Kommunikation und Nachahmung, das dazu führt, dass Informationen und Energie eine ganze Gruppe wie in Wellen durchströmen.
Bienenschwärme zeigen, so Fisher, dass einige wenige informierte Individuen den ganzen Schwarm lenken können, einfach, indem sie schneller fliegen als der Rest und eine andere Richtung einschlagen. Damit lösen sie eine Kettenreaktion aus, denn die anderen folgen ihren Nachbarn. Das funktioniert, wie Fisher belegt, auch in Menschengruppen. Ein Anführer braucht weder sichtbar zu sein noch über besondere Eigenschaften zu verfügen, schließt der Autor und empfiehlt: Führen Sie von innen heraus und sehen Sie zu, dass die anderen es nicht bemerken.
Beide Autoren erläutern, wie Fußgänger sich ab einer bestimmten Dichte auf dem Gehsteig zu Strömen organisieren und dass es wenig Zweck hat, gegen diese anschwimmen zu wollen. Für noch nicht allzu schlimmes Gedrängel halten Computersimulationen eine Empfehlung bereit: zu 60 Prozent solle man sich mit der Gruppe treiben lassen, zu 40 Prozent nach eigenen Auswegen suchen. Für die echte Massenpanik hat allerdings auch der Computer keine gute Empfehlung.
Oft ist die Menge eine gute Informationsquelle: Der Durchschnitt vieler uninformierter Schätzungen ist besser als das Urteil von Experten, egal ob es darum geht, das Gewicht eines Ochsen, die Himmelsrichtung oder den Ausgang der nächsten Wahl zu bestimmen. Selbst Wettervorhersagen sind am besten, wenn sie auf dem Durchschnitt verschiedener Modellrechnungen beruhen. Die Fehler der vielen heben sich gegenseitig auf, die richtige Antwort schwimmt wie die Sahne auf der Milch, erläutert Miller. Wo der Durchschnitt nicht weiterhilft, sind Mehrheitsentscheidungen oft die besten. Selbst wenn nur ein Teil der Gruppe gut informiert ist, liegt die Mehrheit sehr wahrscheinlich richtig. Das funktioniert allerdings nur, wenn sich alle Individuen unabhängig voneinander entscheiden. Sobald Gruppenzwang im Spiel ist, kann die Entscheidung groteske Formen annehmen.
Bienen treffen immer ihre eigenen Entscheidungen und die Entscheidung des gesamten Schwarms fällt nicht durch Konsens, sondern durch Wettbewerb: Welcher Alternative schließen sich die meisten Individuen an? Doch auch das kann schiefgehen: Forscher mussten nur eine ausreichende Anzahl künstlicher Stichlinge in das Maul eines Raubfisches schwimmen lassen, schon folgte ihnen der ganze Schwarm ins Verderben. So gilt beides: Niemand ist so klug wie wir alle zusammen, aber es ist auch niemand so dumm.
Eine Mischung aus Orientierung an der Gruppe und kritischer Eigeninitiative ist gefragt, so Fisher. Er erläutert, wie Unternehmen und Einzelpersonen sich die Prinzipien der Schwarmintelligenz zunutze machen können: "Bieten Sie Anreize, eine Information weiter zu geben oder eine Verbindung zu stärken", und er warnt vor Scharlatanerie, die sich in der Komplexität der Alltagsphänomene gut verstecken kann: Ist eine Masse groß genug, gibt es immer irgendwelche Muster. Nur sind, wie die Astrologie zeigt, nicht alle hilfreich.
Miller zeigt detailliert die faszinierende Entscheidungsfindung in Bienenvölkern, die unglaubliche Komplexität eines Termitenhügels und die Versuche, solche Beispiele für die Praxis zu nutzen, sei es für die dezentrale Steuerung von Unternehmen oder Robotern oder die Informationsbeschaffung der Geheimdienste.
Am Ende stellt Fisher sechs Seiten Empfehlungen für den Umgang mit der komplexen Welt zusammen, nicht ohne davor zu warnen, dass, wo Komplexität vorhanden ist, das Chaos nicht weit sei und am Ende alles anders kommen könnte. Miller begnügt sich mit zwei Hinweisen: Kooperation in intelligent zusammengesetzten Gruppen und kreativer Ideenwettbewerb sind bei komplexen Problemen die Mittel der Wahl. Ganz wie bei den Bienen, den Termiten und den Ameisen.
MANUELA LENZEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"eine unterhaltsame Lektüre, in der sich bestens schmökern lässt und die mit vielen kuriosen Geschichten zu überraschen weiß - und der Erkenntnis, dass auch wir Menschen echte Schwarmtiere sind." (Dirk Lorenzen, Deutschlandradio, 5. September 2010)
"Len Fisher bringt das Thema Schwarmintelligenz auf einen so verführerisch alltagstauglichen Level, dass man die neu erlernten Prinzipien am liebsten gleich im Büro ausprobieren möchte." (Nadine Eckert, Bild der Wissenschaft, 2/2011)
"[Len Fishers] Buch atmet die Lust an absurden Fakten, belegt diese mit Berechungen - und gibt Tipps, wie Einzelne Gruppendynamik nutzen können." (Britta Heidemann, Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 20. November 2010)
"Die Lektüre verschafft Aha-Erlebnisse in Serie [...] Das Buch gibt Anlass nachzudenken und zwar auf höchst angenehme und unterhaltsame Weise." (Business Bestseller, September 2010)
"Fisher [...] gelingt der Spagat zwischen seriöser Information und Unterhaltung" (Psychologie heute, 11/2010)
"Len Fisher erklärt anschaulich wie kein anderer, wo wir die Intelligenz der Vielen im Alltag finden, und wie wir sie für den Alltag nutzen können."(Augsburger Allgemeine, 4. November 2010)
"Fisher versteht es, das Ganze so zu verpacken, dass selbst komplizierteste Phänomene greifbarer werden. Allein die Anekdoten und verblüffenden Beispiele sowie die persönliche Herangehensweise an das Thema sind der Lektüre wert." (Annette Spiller, Gießener Allgemeine Zeitung, 17. September 2010)
"Fisher versteht es, auch bei dieser hochkomplexen Thematik verständlich und unterhaltsam zu bleiben und dazu liefert er noch für jedes Leserindividuum ganz konkrete wissenschaftliche Regeln für das (Über)leben im Schwarm." (3sat bookmark, 21. August 2010)
"Der amerikanische Physiker Len Fisher fasst die Erkenntnisse von Verhaltensforschern und anderen Naturwissenschaftlern sehr seriös und amüsant zusammen. Daraus ist ein Buch geworden, das eindrucksvoll zeigt, wie das simple Regelwerk der Schwärme auch das Verhalten von Menschenmassen bestimmt und unseren Wohlstand, das Entstehen unserer Netzwerke sowie unsere Entscheidungsfähigkeit beeinflusst." (Michael Leitl, Harvard Business Manager, 8/2010)
"Dass der Spagat zwischen Wissenschaft und Unterhaltung gelingt, könnte daran liegen, dass der britische Physiker und Kolumnist ein Grenzgänger ist, der schon für seine Experimente zur idealen Eintunkzeit von Keksen ausgezeichnet wurde." (Hannoversche Allgemeine, 6. Oktober 2010)
"Ein Buch für alle Führungskräfte, Meinungsmacher und alle, die sich mit Strategiefragen beschäftigen." (Schweizer Fernsehen - ECO, 25. September 2010)
"Len Fisher bringt das Thema Schwarmintelligenz auf einen so verführerisch alltagstauglichen Level, dass man die neu erlernten Prinzipien am liebsten gleich im Büro ausprobieren möchte." (Nadine Eckert, Bild der Wissenschaft, 2/2011)
"[Len Fishers] Buch atmet die Lust an absurden Fakten, belegt diese mit Berechungen - und gibt Tipps, wie Einzelne Gruppendynamik nutzen können." (Britta Heidemann, Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 20. November 2010)
"Die Lektüre verschafft Aha-Erlebnisse in Serie [...] Das Buch gibt Anlass nachzudenken und zwar auf höchst angenehme und unterhaltsame Weise." (Business Bestseller, September 2010)
"Fisher [...] gelingt der Spagat zwischen seriöser Information und Unterhaltung" (Psychologie heute, 11/2010)
"Len Fisher erklärt anschaulich wie kein anderer, wo wir die Intelligenz der Vielen im Alltag finden, und wie wir sie für den Alltag nutzen können."(Augsburger Allgemeine, 4. November 2010)
"Fisher versteht es, das Ganze so zu verpacken, dass selbst komplizierteste Phänomene greifbarer werden. Allein die Anekdoten und verblüffenden Beispiele sowie die persönliche Herangehensweise an das Thema sind der Lektüre wert." (Annette Spiller, Gießener Allgemeine Zeitung, 17. September 2010)
"Fisher versteht es, auch bei dieser hochkomplexen Thematik verständlich und unterhaltsam zu bleiben und dazu liefert er noch für jedes Leserindividuum ganz konkrete wissenschaftliche Regeln für das (Über)leben im Schwarm." (3sat bookmark, 21. August 2010)
"Der amerikanische Physiker Len Fisher fasst die Erkenntnisse von Verhaltensforschern und anderen Naturwissenschaftlern sehr seriös und amüsant zusammen. Daraus ist ein Buch geworden, das eindrucksvoll zeigt, wie das simple Regelwerk der Schwärme auch das Verhalten von Menschenmassen bestimmt und unseren Wohlstand, das Entstehen unserer Netzwerke sowie unsere Entscheidungsfähigkeit beeinflusst." (Michael Leitl, Harvard Business Manager, 8/2010)
"Dass der Spagat zwischen Wissenschaft und Unterhaltung gelingt, könnte daran liegen, dass der britische Physiker und Kolumnist ein Grenzgänger ist, der schon für seine Experimente zur idealen Eintunkzeit von Keksen ausgezeichnet wurde." (Hannoversche Allgemeine, 6. Oktober 2010)
"Ein Buch für alle Führungskräfte, Meinungsmacher und alle, die sich mit Strategiefragen beschäftigen." (Schweizer Fernsehen - ECO, 25. September 2010)
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Instruktiv findet Manuela Lenzen dieses Buch über Schwarmintelligenz, das der Physiker, Kolumnist und Ig-Nobel-Preisträger Len Fisher vorgelegt hat. Sie charakterisiert es als eine Art "Werkzeugkasten", der bei der Bewältigung der Komplexität des Alltags helfen soll. Dabei kommen neben Erkenntnissen aus Schwarmintelligenz auch einfache Heuristiken und Erkenntnisse der Statistik zum Einsatz. Interessant findet sie Fishers Erläuterung, wie Unternehmen und Einzelpersonen die Prinzipien der Schwarmintelligenz nützen können. Das Buch bietet ihres Erachtens dafür eine Fülle von interessanten praktischen Hinweisen. Die Erklärung der wissenschaftlichen Hintergründe scheint ihr allerdings oft "eher abstrakt". Sie hebt die Begeisterung des Autors für Fisch- und Vogelschwärme, Bienen-, Termiten- und Ameisenstaaten hervor, die allesamt zeigten, wie "hochkomplexe Organisation ganz ohne zentrale Planung und Steuerung gelingt".
© Perlentaucher Medien GmbH
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