Produktdetails
- Verlag: Berlin Verlag
- Originaltitel: Zwart van het volk
- Seitenzahl: 133
- Deutsch
- Abmessung: 210mm
- Gewicht: 244g
- ISBN-13: 9783827003065
- ISBN-10: 3827003067
- Artikelnr.: 24082977
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Leo Pleysiers "Schwarz vor Volk"
Das Duden-Wörterbuch lehrt uns, dass es von dem Begriff Roman auch ein Diminutiv gibt: Romänchen. Ein ungebräuchliches Wort, aber sehr passend für das Büchlein, das der Berliner Verlag aus Belgien eingekauft hat: Es heißt "Schwarz vor Volk", ist 134 Seiten stark und stammt von dem Schriftsteller Leo Pleysier. Der belgische Flame, 1945 geboren, ist in seiner Heimat wohlgelitten, jedenfalls schmücken ihn eine respektable Anzahl Literaturpreise. Von seinen Arbeiten ist "Schwarz vor Volk" die zweite, die in deutscher Übersetzung erscheint.
Wim, ein Belgier flämischen Ursprungs, als Agrarwissenschaftler in Nigeria lebend, war in die Heimat gereist, um das Grab seiner Mutter zu besuchen. Nun fliegt er nach Hause zum schwarzen Erdteil. Während des Fluges gedenkt er seiner jungen Tage in Belgien und seiner erwachsenen Jahre in Nigeria, bunt gemischt, um nicht zu sagen: ziemlich durcheinander gemengt, wie das bei absichtslosen Gedankenspielen zu sein pflegt. Wir lernen die Menschen kennen, die ihm begegneten, die Weißen im Geburtsland, die Schwarzen in der Wahlheimat. Eine Weile lang lässt der Autor uns glauben, Wim könne in der geschwätzigen Spießbürgerlichkeit des engen Flamenlands nicht glücklich sein, er brauche die großzügige Weite Afrikas. Aber bald lernen wir, dass es auch afrikanische Spießbürgerlichkeiten gibt, dass in Nigeria nur anders, aber nicht weiser dahergeschwatzt wird als in Belgien, dass schwarze Menschen keine prinzipiell edleren Beziehungen miteinander pflegen als weiße. Wims Speck in der nigerianischen Falle ist ganz einfach Linda, seine dunkelhäutige Ehefrau mit den 109 Zöpfchen und den beiden süßen Söhnchen.
Noch bevor wir mit Wim in Lagos landen, haben wir ein ganzes Menschendasein mit zahllosen Verästelungen kennen gelernt, in feinen Farben dahingestrichelt von einem, der seinen Pinsel zu führen weiß. Aber eigentlich wird uns nur ein Strauß von Alltäglichkeiten dargereicht, hübsch in seinen Einzelheiten, doch ohne erkennbaren Nutzen zusammengestellt. Zu welchem Zweck wurde er eigentlich gebunden? Mit dieser Frage lässt der Autor uns allein. Weder misst er seinem Wim irgendeine exemplarische Bedeutung zu, noch lässt er irgendwo afrikanisches oder europäisches Fatum dräuen oder eine Auseinandersetzung zwischen beiden sich ankündigen. Im deutschen Verlag muss das jemand gespürt haben, jedenfalls hielt man es für angebracht, im Klappentext zu verheißen: "Je näher er Nigeria kommt, umso bedrohlicher zeichnen sich die Umrisse einer Katastrophe ab . . ." Aber wo bloß?
Wim landet heil und sicher mit seinem Flieger, und wenn er am Ende wabernde Gedanken entwickelt über die Abenteuer eines Erdölbohrers auf dem Weg durch afrikanische Erdschichten, so ist das eben seine Art zu denken. Das haben wir einen interkontinentalen Flug lang mitgemacht, und während der ganzen Reisezeit hat uns das ohne Spannung gelassen.
SABINE BRANDT
Leo Pleysier: "Schwarz vor Volk". Roman. Aus dem Niederländischen übersetzt von Christiane Kuby. Berlin Verlag, Berlin 1999. 134 S., geb., 29,80 DM.
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