Die »schwarzen« deutschen Kolonialsoldaten sind seit der Niederlage im Ersten Weltkrieg als »treue Askari« bekannt. Sie waren in den deutschen Kolonialgebieten die Träger kolonialer Gewalt und damit die Basis deutsch-kolonialer Machtausübung. Ihre zentrale Funktion in der Repräsentation kolonialer Ordnung und deren ständige Bedrohung wird in diesem Buch an Text- und Bilddokumenten gezeigt. In globalgeschichtlicher Perspektive werden sowohl die kosmopolitischen Vorgeschichten der Kolonialsoldaten sowie Aneignungs- und Umdeutungsprozesse in Afrika bis ins 21. Jahrhundert verfolgt und so etablierte Wahrnehmungsregime dezentriert.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.10.2009Heia Safari?
In kaiserlichen Kolonien
In dem von Männerchören gern gesungenen Lied und in zahlreichen Veröffentlichungen, vor allem aber in populären Filmen fand der Mythos vom "treuen Askari" in Deutschland eine nachhaltige Verbreitung. So überdeckte die scheinbare Romantik des abendlichen Lagerfeuers nach erfolgreicher Großwildjagd den Tod, den etwa eine halbe Million Menschen während des Ersten Weltkriegs in Deutsch-Ostafrika erlitten. In jüngster Zeit erfreuen sich die ehemaligen deutschen Kolonien in der Forschung großer Aufmerksamkeit. Die Autorin verschwendet keinen Raum mit einer Stellungnahme zu Positionen, die im Vorgehen der deutschen Kolonialmacht in ihren afrikanischen Kolonien einen den Deutschen angeblich latent innewohnenden brutalen Rassismus herauszuarbeiten suchen. Vielmehr verortet sie die Figur des schwarzen deutschen Kolonialsoldaten in der komplexen Repräsentations- und Erinnerungstopographie.
Dabei geht Stefanie Michels nicht vom Zentrum Europa (Deutschland) aus, sondern richtet ihren Blick aus den lokalen, regionalen afrikanischen Räumen auf das Geschehen. Dies ermöglicht ein überzeugenderes Erfassen des Weges der schwarzen Akteure vom Kontraktarbeiter über den Kolonialsoldaten bis hin zur anerkannten lokalen Autorität. Geschickt nutzte die deutsche Kolonialverwaltung einerseits die multifokale Vernetzung sowie andererseits die Heterogenität der Einwohner zur Etablierung ihrer Herrschaft. So halfen die schwarzen Kolonialsoldaten als Träger kolonialer Gewalt der deutschen Kolonialmacht mit den Mitteln "kolonialer Gewaltausübung" zumindest temporär, eine "koloniale Ordnung" zu errichten und die dem Imperialismus eigene nationale Schließung ursprünglich kosmopolitischer Räume auch in Afrika weiter voranzutreiben. Zahlreiche Fotos und geschickt in den Text eingepasste Dokumente vermitteln dem Leser einen plastischen Eindruck von der Inszenierung der Bedeutung des anscheinend überlegenen Militärs in der kolonial(staatlichen) Ordnung. Das auf Rasse, Geschlecht und Nation basierende Mit- und Gegeneinander innerhalb der kolonialen Hierarchie erfährt Entflechtung, und postkoloniale asymmetrische Machtverhältnisse erhalten so eine überzeugende Erklärung.
REINER POMMERIN.
Stefanie Michels: Schwarze deutsche Kolonialsoldaten. Mehrdeutige Repräsentationsräume und früher Kosmopolitismus in Afrika. Transcript Verlag, Bielefeld 2009. 262 S., 28,80 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In kaiserlichen Kolonien
In dem von Männerchören gern gesungenen Lied und in zahlreichen Veröffentlichungen, vor allem aber in populären Filmen fand der Mythos vom "treuen Askari" in Deutschland eine nachhaltige Verbreitung. So überdeckte die scheinbare Romantik des abendlichen Lagerfeuers nach erfolgreicher Großwildjagd den Tod, den etwa eine halbe Million Menschen während des Ersten Weltkriegs in Deutsch-Ostafrika erlitten. In jüngster Zeit erfreuen sich die ehemaligen deutschen Kolonien in der Forschung großer Aufmerksamkeit. Die Autorin verschwendet keinen Raum mit einer Stellungnahme zu Positionen, die im Vorgehen der deutschen Kolonialmacht in ihren afrikanischen Kolonien einen den Deutschen angeblich latent innewohnenden brutalen Rassismus herauszuarbeiten suchen. Vielmehr verortet sie die Figur des schwarzen deutschen Kolonialsoldaten in der komplexen Repräsentations- und Erinnerungstopographie.
Dabei geht Stefanie Michels nicht vom Zentrum Europa (Deutschland) aus, sondern richtet ihren Blick aus den lokalen, regionalen afrikanischen Räumen auf das Geschehen. Dies ermöglicht ein überzeugenderes Erfassen des Weges der schwarzen Akteure vom Kontraktarbeiter über den Kolonialsoldaten bis hin zur anerkannten lokalen Autorität. Geschickt nutzte die deutsche Kolonialverwaltung einerseits die multifokale Vernetzung sowie andererseits die Heterogenität der Einwohner zur Etablierung ihrer Herrschaft. So halfen die schwarzen Kolonialsoldaten als Träger kolonialer Gewalt der deutschen Kolonialmacht mit den Mitteln "kolonialer Gewaltausübung" zumindest temporär, eine "koloniale Ordnung" zu errichten und die dem Imperialismus eigene nationale Schließung ursprünglich kosmopolitischer Räume auch in Afrika weiter voranzutreiben. Zahlreiche Fotos und geschickt in den Text eingepasste Dokumente vermitteln dem Leser einen plastischen Eindruck von der Inszenierung der Bedeutung des anscheinend überlegenen Militärs in der kolonial(staatlichen) Ordnung. Das auf Rasse, Geschlecht und Nation basierende Mit- und Gegeneinander innerhalb der kolonialen Hierarchie erfährt Entflechtung, und postkoloniale asymmetrische Machtverhältnisse erhalten so eine überzeugende Erklärung.
REINER POMMERIN.
Stefanie Michels: Schwarze deutsche Kolonialsoldaten. Mehrdeutige Repräsentationsräume und früher Kosmopolitismus in Afrika. Transcript Verlag, Bielefeld 2009. 262 S., 28,80 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Besprochen in:
www.freiburg-postkolonial.de, 4 (2010), Joachim Zeller
literaturkritik.de, 5 (2010), Klaus-Jürgen Klemm
Ariadne, 5 (2010), Elke Kleinau Historische Zeitschrift, 292/1 (2011), Winfried Speitkamp
http://schwarzweiss-hd.de, 11.04.2012
www.freiburg-postkolonial.de, 4 (2010), Joachim Zeller
literaturkritik.de, 5 (2010), Klaus-Jürgen Klemm
Ariadne, 5 (2010), Elke Kleinau Historische Zeitschrift, 292/1 (2011), Winfried Speitkamp
http://schwarzweiss-hd.de, 11.04.2012