Im Herbst 1928 erhielt der Journalist, Romancier, Filmemacher und Photograph Heinrich Hauser (1901 1955) vom S.Fischer Verlag den Auftrag, "ein Bildmaterial des Ruhrgebiets mit eigenen Aufnahmen zu beschaffen", wie er im Vorwort zu seinem 1930 erschienenen Buch Schwarzes Revier berichtet. Neben einer Fülle von faszinierenden Aufnahmen einer untergegangenen Epoche der Industrie-Region Ruhrgebiet im Stil des Neuen Sehens der 20er Jahre entstanden eindrucksvolle, präzise Beschreibungen der Landschaft, der Industrie und der Lebensbedingungen der Bergleute und Hochofenarbeiter, die in ihrer Dichte und Sprachgewalt heute noch fesseln. Das Buch erscheint anläßlich der Ausstellung von über hundert Schwarz-Weiß-Photographien Heinrich Hausers im Ruhrmuseum Essen, die ab September 2010 im Rahmen von Ruhr2010 zu sehen ist. --- "Die Fotos, mit denen Hauser seine Reportage bebilderte, gleichen in Aufbau und Perspektive der gleichzeitigen professionellen Fotografie der Neuen Sachlichkeit. Auf ihnen dominieren Vertikale und Diagonale, Pathosformeln des Dynamischen, Aufstrebenden und Zukunftsweisenden der neuen industriellen Verfahren." Herbert Molderings: "Die Moderne der Fotografie" (2008) --- Ein Projekt im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.12.2010Literatur Mit einem Sportcabrio ist dieser Mann im Herbst 1928 durchs Ruhrgebiet gerast. Mit weit aufgerissenen Augen und offenem Verdeck. "Sechstausend Kilometer" sei er gefahren, schreibt er gleich im ersten Satz, was bei der Größe des Reviers bedeutet, dass er es an die hundertmal von Ost nach West durchquert haben kann. Heinrich Hauser ist ein Genie des Beobachtens. In dem fulminanten Reportagebuch ("Schwarzes Revier", Weidle, 19,90 Euro) sind auch seine Fotos zu sehen. Hauser war ein großer Dichter der neuen Sachlichkeit, ein Dichter einer Welt in allen Farben Grau. Jetzt hat sogar Manufactum das Buch in seinen Katalog aufgenommen.
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Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Man glaubt es Lothar Müller sofort, wenn er den Pathosanteil an der scheinbar so nüchternen Neuen Sachlichkeit, in deren Zeichen die Ruhrgebiet-Fotos von Heinrich Hauser stehen, recht hoch veranschlagt. Auch braucht man dem Autor, Journalisten und Fotografen Hauser sein kokett herausgestelltes Nicht-Wissen bezüglich seiner Arbeit und seiner Motive nicht unbedingt abzunehmen, wie Müller vorschlägt. Der jetzt zu einer Ausstellung in der Zeche Zollverein erscheinende Begleitband mit Teilen der 1930 erstmals veröffentlichten Fotoreportage lässt sich ganz gut auch so genießen. Als Beleg für die abenteuerliche Entdeckung exotischer Welten vor der eigenen Haustür im frühen 20. Jahrhundert mit Hauser als Forschungsreisenden. Im offenem Coupe versteht sich.
© Perlentaucher Medien GmbH
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